Drei Tage voller generationenübergreifendem Austausch und jeder Menge spannender Musik: Die Deutsche Jazzunion feierte in der vergangenen Woche ihr 50-jähriges Bestehen in der hessischen Universitätsstadt Marburg. Dort war der Berufs- und Fachinteressenverband im Jahr 1973 als „Union Deutscher Jazzmusiker“ gegründet worden.
An drei Tagen nahmen Akteur*innen der Jazzszene aus Hessen und ganz Deutschland die Geschichte und Gegenwart der Deutschen Jazzunion unter die Lupe. Außerdem wurden Bestandsaufnahmen zur aktuellen Situation sowie Perspektiven und notwendige Weichenstellungen für eine zukunftsfähige Jazzinfrastruktur in Deutschland erörtert.
Zum Auftakt am Donnerstagnachmittag betonte Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies in einem Grußwort, dass es auch Aufgabe der Kommunen sei, sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Künstler*innen einzusetzen. Marburg habe sich mit einem eigenen Altersvorsorgemodell bereits vor Corona auf den Weg gemacht und werde dieses zu einer differenzierten Förderlandschaft ausbauen.
Weitere Grußworte sprachen der Ehrenvorsitzende der Deutschen Jazzunion Prof. Manfred Schoof und die amtierende Vorsitzende Prof. Anette von Eichel.
„Jazz wirkt auf vielfältige Weise in die Gesellschaft hinein – als Kunst und beste Unterhaltung zugleich.“
Prof. Manfred Schoof, Ehrenvorsitzender der Deutschen Jazzunion würdigte die Arbeit der Deutschen Jazzunion in den letzten fünf Jahrzehnten und sagte:
„Die Sichtbarkeit des Jazz in Politik und Gesellschaft ist wichtig, denn Jazz wirkt auf vielfältige Weise in die Gesellschaft hinein – als Kunst und beste Unterhaltung zugleich.“
Prof. Anette von Eichel, Vorsitzende der Deutschen Jazzunion unterstrich dies in ihrem Grußwort und sagte:
„Der Jazz hat der Gesellschaft viel zu geben, etwa mit Blick auf gesellschaftliche Interaktion, gemeinschaftliche Improvisation und interkulturelles Verständnis. Damit der Jazz in die Gesellschaft hineinwirken kann, brauchen seine Akteur*innen Wertschätzung und wirtschaftlich realistische Existenzen.“
Auf dem anschließenden Eröffnungspanel trafen Protagonist*innen der Gründungszeit vor 50 Jahren mit aktuellen Akteur*innen aus Vorstand und Geschäftsführung der Deutschen Jazzunion zusammen. Am Freitag fanden Roundtables zur Situation von Jazzmusiker*innen und Perspektiven für die Jazzszene in Deutschland statt. Eröffnet wurden die Diskussionsrunden von Fachleuten aus Kultur und Politik. Die Ergebnisse wurden von einer Illustratorin per Graphic Recording in einem sukzessive wachsenden Kunstwerk festgehalten.
Im Fokus des ersten Roundtables stand die sozioökonomische Situation von Jazzmusiker*innen, die anhand aktueller Studien der Deutschen Jazzunion, des Musikinformationszentrums (MIZ) des Deutschen Musikrats sowie des Bundesverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler diskutiert wurde. Am zweiten Runden Tisch wurde über gesellschaftliche Transformationsprozesse und deren Bedeutung für die Jazzszene gesprochen. Hier wurden u.a. aktuelle Arbeitsansätze der Deutschen Jazzunion wie Maßnahmenkataloge gegen Diskriminierung und für mehr ökologische Nachhaltigkeit vorgestellt.
In der abschließenden Diskussionsrunde ging es um die Frage, wie die Jazzszene in Deutschland fit für die Zukunft gemacht werden kann. Neben verschiedenen Ansätzen wie einer strukturellen Finanzierung von Jazzspielstätten standen hier u.a. Ausbildung und Lehre sowie der aktuell drohende Kahlschlag im öffentlich-rechtlichen Rundfunk etwa durch Zusammenlegung von Jazzredaktionen und -sendestrecken im Mittelpunkt. Am Samstag fanden Mitgliederversammlungen der Deutschen Jazzunion und des Jazzverbands Hessen statt.
Das Jubiläums-Jazzforum fand in Kooperation mit der Universitätsstadt Marburg, dem Jazzverband Hessen und der Jazzinitiative Marburg im Technologie- und Tagungszentrum, im Kultur- und Freizeitzentrum sowie im Kulturzentrum Waggonhalle statt. Die Konferenz wurde umrahmt von der ersten Ausgabe des Marburger Jazzsommers, der von Akteur*innen der lokalen Jazzszene in verschiedenen Spielstätten organisiert wurde. Das vielfältige Konzertprogramm an fünf Tagen sorgte für Begeisterung und überregionale Aufmerksamkeit.
Denkwürdiger Höhepunkt des Marburger Jazzsommers war das Konzert der „Helden von 73“, einer eigens für diesen Anlass zusammengestellten Band um die Gründungsmitglieder der Deutschen Jazzunion Manfred Schoof und Ed Kröger. Sie konzertierten gemeinsam mit dem ehemaligen Vorstandsmitglied Wolfgang Lackerschmid sowie den Gästen Gina Schwarz, Thomas Cremer und Alexander von Schlippenbach.
Finanziell wurden das Jubiläums-Jazzforum und der Marburger Jazzsommer von der Universitätsstadt Marburg sowie dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert. Beide setzen damit ein wichtiges Signal für die kulturelle Strahlkraft und das gesellschaftliche Potenzial des Jazz.
Für ihre außerordentlichen Verdienste wurden die Stadt Marburg sowie Claus Schreiner, Gründungsinitiator der Deutschen Jazzunion, im Rahmen des Jubiläums-Jazzforums mit der Ehrennadel der Deutschen Jazzunion ausgezeichnet.
Weitere Informationen: https://www.deutsche-jazzunion.de/jubilaeum-2023/