Wenige Tage vor dem möglicherweise letzten Trilog-Treffen veranlasst der neueste rumänische Textentwurf zu Art. 13 der Urheberrichtlinie dazu Alarm zu schlagen. Der rumänische Vorschlag entspricht nicht den ursprünglichen Zielen von Artikel 13 und auch der deutsche Vorschlag einer UGC-Schranke ist untauglich. Die Kernthemen werden verfehlt, der Verband unabhängiger Musikunternehmen e.V. (VUT) lehnt diese Vorschläge vehement ab.

"Wir fordern alle Entscheidungsträger_innen auf, sich wieder auf das zu besinnen, worum es bei Art. 13 ursprünglich ging: Den Value Gap zu schließen, Rechtssicherheit zu schaffen und faire Verhandlungen zwischen Rechteinhaber_innen und Providern zu ermöglichen. Es müssen Änderungen vorgenommen werden, bevor es zu spät ist, sonst wird dieser wichtige Teil der EU-Strategie für den digitalen Binnenmarkt ein völliger Misserfolg sein“, so VUT-Geschäftsführer Jörg Heidemann. Schon jetzt fordern viele Akteur_innen des audiovisuellen Sektors die Regelung in Art. 13 vollkommen aufzugeben, weil sie fürchten, das Ergebnis wird hinter die bestehende Rechtslage zurückfallen.

Heidemann: "Diese Richtlinie ist die einmalige Gelegenheit, ein bestehendes Marktversagen zu beheben und die Online-Welt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Nutzen wir diese Chance."

Die folgenden Punkte müssen dringend angegangen werden:

1. Haftung:

In der aktuellen Form ist Artikel 13 Abs. 4 RL-E weit vom ursprünglichen Ziel entfernt. Sein Inhalt fand sich weder im Vorschlag des Rats, des Parlaments oder der Kommission, bevor YouTube die letzte Runde seiner beispiellosen Lobbyarbeit begann. Sinn und Zweck des Trilogs ist es, einen Kompromiss aus den vorhandenen Vorschlägen zu schmieden. Stattdessen macht der rumänische Vorschlag des Artikel 13 Abs. 4 RL-E neu die Haftung der Plattformen grundsätzlich von der Voraussetzung abhängig, dass die Rechteinhaber_innen ihrer Obliegenheit nachgekommen sind, "relevante und notwendige Informationen oder eine Mitteilung darüber“ zur Verfügung gestellt zu haben.

Diese Beweislastumkehr stellt die Haftungsdogmatik auf den Kopf und öffnet Tür und Tor für über Jahre in jedem Einzelfall gerichtlich zu erstreitenden Vorfragen (was sind "notwendige“ Informationen?), was im Ergebnis dazu führen wird, dass sich die betroffenen Provider weiter jeglicher ernsthaften Haftung entziehen können und alles bleibt wie es ist. 

Die Verpflichtung zur Datenübermittlung sollte sich auf die Entfernung und Verhinderung der Verfügbarkeit von Werken beschränken, jedoch nicht mit der Haftung eines Dienstes verknüpft sein. 

Wir fordern die Verhandlungsführer_innen auf, folgenden, in eckige Klammern gesetzten Teil des bezeichneten Artikels herauszunehmen: 

"If no authorisation is granted, online content sharing service providers shall be liable for unauthorised acts of communication to the public of specific works and other subject matter [for which the rightholders have provided the service providers with the relevant and necessary information or submitted a notice[, unless the service providers demonstrate that they have (...)"

2. UGC-Bestimmung:

Auch die Einführung einer UGC-Schranke in Artikel 13 Abs. 5 Satz 2 RL-E ist neu und wurde weder vom Rat, der Kommission oder dem Parlament vorgeschlagen. Mit gutem Grund. Eine solche Schranke ist praxisfremd, denn eine Abgrenzung ist in praktischer Hinsicht undurchführbar. Der gut gemeinte Vorschlag von Leistner/Metzger (FAZ, 4.1.2017) hat weder einen Praxistest bestanden noch wurde er modellweise einem Belastungstest unterzogen, den er freilich für keine Branche bestanden hätte. Ihre Unkenntnis der Praxis der Musik-, Werbe- oder Filmwirtschaft haben die Initiatoren des Vorschlags offen gelegt, indem sie als ein Abgrenzungskriterium vorschlugen, z.B. "ganze Spielfilme, Serienfolgen oder komplette Musikwerke“ von der UGC-Schranke auszunehmen. Ein völlig untaugliches Kriterium, denn Ausschnitte von Werken wie z.B. Filmtrailer, Melodien oder Musiktracks werden sehr erfolgreich standardmäßig lizenziert und geschäftlich verwertet. Das ganze Lizenzsystem würde bei gleichzeitiger Geltung einer UGC-Schranke für die Praxis unbeherrschbar kompliziert, einzig wiederum zum Vorteil der Plattformen, die sich hinter der pauschalen Behauptung der Schrankenwirksamkeit im Einzelfall verstecken könnten. Das von den Rechteinhaber_innen schon jetzt erfolgreich lizenzierte UGC-Geschäftsmodell, das auf monetarisierenden Plattformen wie YouTube in der Regel die Hälfte ihrer Einnahmen ausmacht, würde ersatzlos wegfallen mit schweren und an keiner anderen Stelle adressierten Folgen. Allein die Substituierungsgefahr von bestehenden Geschäftsmodellen, die von den Urheber des Vorschlags nicht erkannt wurde, nimmt der Regelung unter Berücksichtigung internationalen Rechts (three-step-bern test) die Privilegierungsfähigkeit.

Artikel 13 Abs. 5 muss gestrichen werden, zumindest aber Satz 2 sowie folgende zwingende Änderungen enthalten:

“The cooperation between online content service providers and rightholders shall not result in the prevention of the availability of works or other subject matter uploaded by users which do not infringe copyright and related rights, including where such works or subject matter are covered by an exception or limitation [such as] for [illustration,] criticism, review, caricature, parody or pastiche.”

3. Kleinst- und Kleinunternehmen:

Uns ist bekannt, dass noch keine endgültige Entscheidung über den Ausschluss von KMUs von der Definition der Online-Content-Sharing-Dienste in Artikel 2 Abs. 5 getroffen wurde. Eine derartige Sonderregelung darf keinesfalls Grundprinzipien des Urheberrechts erschüttern, eine entsprechende Regelung müsste daher zumindest in Art. 13 Abs. 4 getroffen werden und nicht in den allgemeinen Definitionen. Jeder Sachverhalt muss grundsätzlich einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall unterzogen werden können.

Weiterführende Informationen: 

  • Die Urheberrechtsrichtlinie aus Sicht der kleinen und mittleren Musikunternehmen Deutschlands unter diesem Link
  • Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Artikel 13 sind unter diesem Link zusammengefasst.
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