Das Bachfest Leipzig erreicht mit dem Livestream einer innovativen kammermusikalischen Fassung von J. S. Bachs »Johannes-Passion« aus der Thomaskirche an Bachs Grab mindestens 76 Länder auf allen Kontinenten und schreibt Mediengeschichte. Die Aufführung am vergangenen Karfreitag wurde auf den Streaming-Portalen des Bach-Archivs, des Mitteldeutschen Rundfunks und von ARTE weltweit bislang über 500.000-mal angesehen und war auf ARTE Concert über das Osterwochenende das am meisten abgerufene Konzert. Von Alaska bis Venezuela und von Island über Palästina bis Neuseeland rührte die wahrscheinlich einzige Darbietung einer Bach-Passion während der Karwoche tausende Zuhörer und Mitsänger zu Tränen. Menschen aus der ganzen Welt spendeten 20.000 Euro für freischaffende Musiker.

Die kammermusikalisch besetzte Aufführung am Grab des Komponisten ermöglichte Musikliebhabern, trotz weltweit geschlossener Kirchen, eine Bach-Passion in Zeiten der COVID-19-Pandemie live zu erleben und selbst mitzusingen. Das Konzert war nach der Absage des Bachfestes 2020 vom 13. Juni auf den Karfreitag vorgezogen worden.

Die Passions-Geschichte wurde von nur drei Musikern vorgetragen: Der isländische Tenor Benedikt Kristjánsson erzählte als Evangelist die Leidensgeschichte Jesu und sang mit seiner extrem wandlungsfähigen Stimme zugleich die Partien aller handelnden Personen und die Arien. Cembalistin Elina Albach und Perkussionist Philipp Lamprecht übernahmen den Part des Orchesters. Für die Choräle wurden – neben den fünf Sängern in der Thomaskirche um Thomaskantor Gotthold Schwarz – Bach-Chöre aus St. Gallen (Schweiz), Ottawa (Kanada), Malaysia und Mitglieder des Leipziger Thomanerchors sowie bekannte Künstler, die im (abgesagten) Bachfest Leipzig 2020 eingeladen waren, zugeschaltet. Auf allen Erdteilen verfolgten Menschen die Aufführung vor ihren Bildschirmen und sangen auf der Basis eines digitalen Programmbuchs die Choräle mit.

Zuschauer aus der gesamten Welt

Bach-Liebhaber aus mindestens 76 Ländern verfolgten die Aufführung und hinterließen fast 10.000 begeisterte und rührende Kommentare, darunter Zuschauer aus 46 der insgesamt 50 amerikanischen Bundesstaaten. Fast 30 Prozent des Publikums stammten aus den USA, ein Viertel aus Deutschland. Zahlreiche weitere Musikfreunde schalteten ein aus Kanada, Brasilien, England, Japan, den Niederlanden, Australien, Italien, Frankreich und Island. Selbst aus Ländern wie Barbados, Bangladesch, Palästina, Ghana, Guatemala, Uruguay und den Philippinen kommentierten Zuhörer enthusiastisch und gerührt.

Zweite und interaktive Fassung in Vorbereitung

Das Bachfest Leipzig hatte im Vorfeld dazu aufgerufen, sich beim Mitsingen der Choräle zu filmen und die Videos einzusenden. Inzwischen sind bereits Dutzende Mitsing-Videos eingegangen. Unter Hinzunahme dieses Materials soll demnächst in Zusammenarbeit mit MDR/ARTE eine zweite Fassung der Aufführung erstellt werden, die im Juni ausgestrahlt wird. Bis zum 30. April können weitere Mitsänger dafür ihre Videos an die E-Mail-Adresse wearefamily@bach-leipzig.de übermitteln.

Stimmen der Veranstalter

Prof. Karola Wille, Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks: »Diese besondere Form der Johannes-Passion am Karfreitag aus der Leipziger Thomaskirche war ein kultureller Höhepunkt. Er hat Menschen in der ganzen Welt in dieser schwierigen Zeit miteinander verbunden und zusammengeführt. Der MDR hat dieses einmalige Kulturangebot im Video- Livestream online gesendet, zeitversetzt in Hörfunk und Fernsehen ausgestrahlt, und es zusätzlich auch auf Facebook und in der ARD-Mediathek platziert. Wir freuen uns sehr über den Erfolg, den wir damit gemeinsam mit dem Bachfest, ARTE und ARTE Concert bei einem internationalen Publikum erreicht haben.«

Bachfest-Intendant Prof. Dr. Michael Maul ist überwältigt von der unglaublichen Resonanz und sagt: »Sicherlich hat es noch nie eine derart weltumspannende Aufführung einer Bach-Passion gegeben. Die ursprünglich geplante Darbietung der ›Johannes-Passion à trois‹ auf dem Leipziger Marktplatz vor 5000 Zuschauern und mit fast 50 Bach-Chören aus aller Welt hätte wunderbar für das Motto unseres diesjährigen Bachfests gestanden: ›BACH – We are FAMILY!‹. Der Enthusiasmus und die Leidenschaft, mit der sich nun tausende Bach-Freunde überall auf der Welt in dieser Aufführung virtuell vereint haben, zeigt mir, dass ›BACH – We are FAMILY‹ weit mehr ist als nur das Motto eines Festival-Jahrganges. Es steht inzwischen für eine Bewegung. Umso schöner wird es, wenn wir dann im Juni 2022 die angedachte größte Zusammenkunft der globalen Bach-Community aller Zeiten hier in Leipzig ganz real nachholen werden. Denn die Musik J. S. Bachs überwindet alle geografischen, kulturellen und konfessionellen Grenzen! Ich danke allen Beteiligten – den fantastischen Musikern, der Stiftung Chorherren zu St. Thomae, der Thomaskirche und der Neuen Bachgesellschaft sowie dem ganzen MDR-Team für den Stream und dem Carus Verlag für das digitale Programmbuch – aus tiefstem Herzen für diese wunderbare Kooperation in schwierigen Zeiten.«

Pressestimmen

Zahlreiche Medien berichteten im Umfeld der Aufführung, darunter die ARD Tagesthemen, die einen Mitsänger live in Paraguay zeigten, die Deutsche Welle und The Times. Jörn Florian Fuchs resümierte in »Fazit« auf Deutschlandfunk Kultur: »Ich war von der Sache ziemlich berührt«. Jan Brachmann sah in seiner Besprechung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die »weltweite Bach-Familie in ihrer Passion vereint« und erblickte in dem Protagonisten Benedikt Kristjánsson einen neuen Peter Schreier. Roland H. Dippel bescheinigte dem Projekt in der Neuen Musikzeitung (NMZ): »Das wird Medien- und Kulturgeschichte schreiben, weil es verschiedene Sendeformate und Genres zur düstermonumentalen Hybridform vereinen konnte: Interaktion, musikalische Videokonferenz, neuartiges Format.«

Kommentare von Zuhörern auf Social Media

Kommentare von Zuhörern wie »Dies war die ergreifendste Johannes-Passion, die ich je gehört habe« oder »das hat uns diesen Karfreitag gerettet«, waren nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Ein Zuhörer aus Nigeria kommentierte »I sang along and I'm glad I didn't miss one bit!«; ein Holländer schrieb »'Singing is like a celebration of oxygen' ... this is literally what happened last Friday with this breathtaking event«; ein Bach-Enthusiast aus Schweden: »It was really what we sublime. An amazing production, inspirational, creative, alive, beautiful. You guys made a lot of Bach lovers extremly happy today und that is what we most need in these hard times.«

In Chicago kommentierte eine Mitsängerin begeistert: »This was an extraordinary way to observe Good Friday in 'community' during a pandemic. What an amazing program – a brilliant dramatic arrangement and performance by all three collaborators and the many other musicians and organizers who made it possible. Thank you all for this incredible gift! A true revelation!«; eine Deutsche: »Vielen, vielen Dank, das war sehr ergreifend und von unglaublicher Schönheit. Ihr habt Ostern zu dem gemacht, was es für mich ist!«; eine Neuseeländerin: »I am watching this as the sun rises on Easter Sunday (wrong day I know) in New Zealand. What a performance, I'm crying tears of joy!«; eine Zuhörerin in New York: »Bach never even heard of some of the places we are all texting from... he would not be able to fathom how beloved his music is so many decades and centuries later.«

Spenden für freischaffende Musikerinnen und Musiker

Im Rahmen des Streams wurden Spenden in Höhe von 20.000 Euro gesammelt. Diese werden in den kommenden Wochen und Monaten freischaffenden Musikerinnen und Musikern im Zusammenhang mit weiteren Streaming-Projekten an Bachs Leipziger Wirkungsstätten zugutekommen.

Konzert weiterhin online abrufbar

Das Konzert »Johannes-Passion« aus der Leipziger Thomaskirche ist weiterhin auf der Facebook-Seite von Bach-Archiv/Bachfest Leipzig und in folgenden Mediatheken abrufbar:
www.ardmediathek.de/mdr
www.arte.tv/de/arte-concert
www.arte.tv/de
www.youtube.com (Bach-Archiv-Channel)

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