Das Humperdinck-Gedenkjahr erreicht mit dem heutigen 100. Todestag seinen Höhepunkt. Lange im Voraus planten die Kulturschaffenden die Veranstaltungen. Womit sie anfangs nicht rechnen konnten, war die unverhoffte Unterstützung von prominenter Seite.

Kai Diekmann, einst am Steuer der "Bild"-Zeitung und auch nach seinem Rückzug von der Chefredaktion einer der einflussreichsten Medienmacher der Republik, ist Humperdinckfreund, seit er das Strandhaus auf Usedom erwarb, in welches sich der Künstler zum Komponieren zurückzog. Der Wagner- und Bayreuthfan Diekmann las und hörte sich ein in das Oeuvre des Siegburgers, zeigte schnell Begeisterung für die Musik und begab sich auf die Pirsch nach Archivalien und Antiquitäten, die mit dem Tondichter und dessen Familie in Verbindung stehen. 

Im März überbrachte er dem Siegburger Stadtmuseum ein Poesiealbum von Humperdincks früh verstorbener Schwester Ernestine. Darin befinden sich die Noten des Stücks "Erinnerung", das der Meister im zarten Alter von 17 Jahren zu Papier brachte. Als Exponat bereicherte Diekmanns Fund die Ausstellung "Hokuspokus Hexenschuss - Engelbert Humperdinck nach 100 Jahren". Es unterstreicht die frühe Schaffenskraft eindrucksvoll. 

Nun bereichert Diekmann die Forschung um einen weiteren Quellenbestand, den er am Samstag dem Siegburger Stadtarchiv als Dauerleihgabe übergab. Aus privater Hand, vom Nachfahren Dr. Lothar Witte, hat er das Konvolut von 48 Tagebuchjahrgängen aufgekauft. Humperdincks Sohn Wolfram hat sie geschrieben. Sie decken die Zeit 1933 bis 1983 ab. 

Wolfram Humperdinck war Opernregisseur und in leitender Funktion an den Theatern in Leipzig und Kiel tätig. Nach dem Krieg, während seiner Entnazifizierung, wohnte er in Siegburg, arbeitete hier den Nachlass seines Vaters auf und begann an der Biografie zu schreiben. Bis heute ist sie ein Standardwerk der Humperdinck-Forschung. Er war Oberspielleiter des Westdeutschen Landestheaters und Dozent für Opernregie an der Nordwestdeutschen Musikakademie, beides in Detmold, sowie gefragter Regisseur mit Gastspielen im In- und Ausland.

Seine Tagebücher sind, so hat ein erster kursorischer Blick gezeigt, eine wichtige Fundgrube - nicht nur für die Humperdinck-Rezeption während des Dritten Reiches und der Nachkriegsjahre, sondern ganz allgemein für das Musikleben dieser langen Epoche. Darüber hinaus geben die Bücher - und das ist von enormer lokalhistorischer Bedeutung - Einblick in die Bemühungen zum Aufbau einer Humperdinck-Sammlung und eines Museums in der Kreisstadt. 

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