Deutscher Bundestag, Plenarsaal
Deutscher Bundestag, Plenarsaal  
Photo:  Henning Schacht  /  Deutscher Bundestag

Die Musiklandschaft in Deutschland ist eine der vielseitigsten weltweit. Flächendeckend sorgen Musik­theater, Orchester, Festivals und Clubs, Musikvereine, Musikschulen und Hochschulen, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen für ein reiches Angebot, das von verschiedenen Trägern – Kirchen, öffentliche Hand, private Initiativen – bereitgestellt wird. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den verschiedenen Finan­zierungsinstrumenten.

Für die Untersuchung der Musikfinanzierung empfiehlt sich eine Betrachtung der Musiklandschaft anhand des Drei-Sektoren-Modells [1]: Dieses unterscheidet den öffentlichen Sektor (Staat), den privaten Sektor (Wirtschaft) und den gemeinnützigen Sektor (Zivilgesellschaft). Zum öffentlichen Sektor zählen öffentlich-finanzierte Musikbetriebe wie Musiktheater, Orchester, Konzerthäuser oder Musikschulen. Er zeichnet sich dadurch aus, dass die Einrichtungen nicht profitorientiert sind und durch Steuergelder anteilig oder voll finanziert werden. Die staatliche Finanzierung führt aber nicht automatisch zu einer langfristigen Absiche­rung der hier verorteten Institutionen, da die öffentliche Musikförderung in aller Regel keine Pflichtauf­gabe ist: Wie die gesamte Kulturförderung zählt sie zu den freiwilligen Leistungen der öffentlichen Hand; somit ist die finanzielle Ausstattung der Musikbetriebe stark von den öffentlichen Haushalten abhängig, die Corona-bedingt durch fehlende Steuereinnahmen und erhöhte Ausgaben der Wirtschaftsförderung in den nächsten Jahren massiv belastet werden. Vor diesem Hintergrund wird die Notwendigkeit eines Kon­zepts zu einer nachhaltigen öffentlichen Musikfinanzierung, die auch strategische Entscheidungen über mehrere Jahre bzw. Spielzeiten ermöglicht, deutlich. Musikbetriebe im privatwirtschaftlichen Sektor sind grundsätzlich profitorientiert und müssen sich durch eigene Einnahmen finanzieren. Die Profitorientierung darf jedoch nicht mit dem Ziel der Gewinnmaximierung verwechselt werden: Auch im privatwirtschaftli­chen Sektor finden sich viele Musikschaffende, deren Motive eher in der kostendeckenden Aufführung von Musik als im Ausreizen möglicher Einnahmequellen liegen. Zum privaten Musiksektor zählen u. a. Musik­verlage, private Konzertveranstalter, Clubs, Musiklabels, Tonstudios, Musikhandel oder der Tonträgermarkt. Der dritte Sektor ist wiederum nicht-profitorientiert und umfasst gemeinnützige Organisationen wie Mu­sikvereine, Stiftungen und auch die kirchlich getragenen Musikstrukturen. Sie finanzieren sich überwie­gend aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und öffentlichen Zuwendungen, aber auch durch Ticketerlöse von Veranstaltungen. Unter diesem Sektor können zudem Initiativen subsumiert werden, die nicht öffentlich in Erscheinung treten und keine Einnahmen haben, etwa private Proberäume von Bands, wobei die Kosten für Miete und Ausstattung i. d. R. durch private Eigenmittel gedeckt werden. Zwischen diesen Sektoren gibt es gelegentlich Mischformen, beispielsweise bei Projekt-Kooperationen zwischen öffentlich finanzierten Institutionen und privatwirtschaftlichen Unternehmen.

Musikalische Aktivitäten werden demnach auf unterschiedlichste Weise finanziert: durch Steuergelder, Ticketeinnahmen, Mitgliedsbeiträge, Spenden, Tantiemen, Sponsorengelder, Eigenmittel und mehr. Diese verschiedenen Finanzierungsquellen lassen sich in vier Säulen der Musikförderung untergliedern [2]:

Tabelle 1

 
Öffentliche MusikförderungPrivate MusikförderungEigeneinnahmenWeitere Finanzierungsquellen
Zuschüsse und Zuwendungen
von Kommunen, Ländern, Bund und  Europäischer
Union
Spenden,
Fördergelder privater Stiftungen,
Sponsoring
Primäre Betriebseinnahmen
(z. B. aus Ticketverkäufen);
sekundäre Betriebseinnahmen
(z. B. aus Verkauf von
Merchandising-Artikeln)
Eigenkapital von
Gründer*innen und
Künstler*innen, Fremdkapital
von Investoren und
Kreditgebern

Quelle: Zusammengestellt für das Deutsche Musikinformationszentrum von Lorenz Pöllmann. 

Öffentliche Musikförderung

Während öffentlich geförderte Einrichtungen marktunabhängig sind, muss sich das privatwirtschaftliche Musikangebot durch Eigeneinnahmen tragen. Das bedeutet, dass auf dem Markt nur angeboten wird, was sich auch ökonomisch selbst trägt. Die öffentliche Musikfinanzierung ist somit die Voraussetzung für die Vielfalt und insbesondere auch die Versorgung mit Kultur und musikalischen Bildungsangeboten. Denn viele Musikangebote zählen zu den meritorischen Gütern, die schwächer nachgefragt werden als politisch gewünscht. Daher werden durch staatliche Förderung die Preise für diese Güter gesenkt. Aus finanzwissen­schaftlicher Perspektive ist hier der Begriff der Subvention angebracht. Es finden sich aber auch Argumente, die öffentlichen Musikausgaben als Investition zu interpretieren: einerseits durch den Fokus auf die schwer messbaren Effekte der identitätsstiftendenden, charakterbildenden kulturellen Bildung der Bevölkerung, andererseits durch die Definition einer musikalischen Infrastruktur als Standortfaktor und die Berechnun­gen einer möglichen Umwegrentabilität, welche direkte und indirekte ökonomische und fiskalische Effekte von Musikveranstaltungen aufzeigt.

Direkte und indirekte Musikförderung
Grundsätzlich sind zwei Arten der öffentlichen Musikförderung zu unterscheiden: Während die direk­te Förderung Zuschüsse und Zuwendungen bezeichnet, stellt die indirekte Förderung einen Verzicht an Steuereinnahmen zugunsten der Musikbranche dar. Die wichtigste indirekte Förderung ist der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent (statt 19 Prozent) auf Eintrittsgelder für Veranstaltungen. Von dieser indirekten Förderung profitieren Konzertveranstalter aller Sektoren. Somit sind auch beispielsweise die Tickets von großen Festivals wie Fusion (70.000 Besucher*innen), dem Wacken Open Air (75.000) oder Rock am Ring (85.000) indirekt öffentlich gefördert. Jedoch konnten nicht immer alle Musikgenres diesen Vorteil nutzen: Lange Zeit hatte das Finanzamt die künstlerische Leistung von Techno-DJs als zu gering angesehen, um Club-Events als Kulturveranstaltung anzuerkennen. Dies konnte der Berliner Techno-Club Berghain jedoch 2016 mit einer Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg durchsetzen. Im Mai 2021 votierte der Bundestag schließlich dafür, ein Gesetz zu entwickeln, dass Clubs, die kulturelle und künstleri­sche Zwecke verfolgen, als Kulturbetriebe einzustufen sind. Darüber hinaus wurde beschlossen, „Clubs und Musikspielstätten vor Verdrängung insbesondere aus den Innenstädten zu schützen.“ [3] Diese Initiative verdeutlicht eine weitere Art der indirekten Förderung, denn der Schutz der Musikspielstätten soll durch eine Neuregelung der Baunutzungsverordnung erfolgen, die bislang Clubs mit Spielhallen und Bordellen gleichsetzte und damit deren Betrieb in bestimmten urbanen Gebieten erschwerte bzw. nicht ausreichend vor Verdrängung schützte.

In diesem Abschnitt ist von Förderung die Rede und es könnte der Eindruck entstehen, dass die Nicht- Förderung von Musik ein „neutrales“ Verhalten sei, indem sie weder Maßnahmen für noch Maßnahmen gegen Musik aktiv umsetzt. Wie das Beispiel der Baunutzungsverordnung offenlegt, können ausbleiben­de fördernde Regularien aber auch zu einer ernstzunehmenden Einschränkung musikalischer Aktivitäten führen. Ebenso können beispielsweise auch Gesetze zum Lärmschutz, die Debatte um mögliche Quoten­regelungen im Hörfunk, die Gestaltung der Lehrpläne des Schulfachs Musik und viele weitere Handlungs­spielräume der gesetzgebenden Institutionen vor dem Hintergrund der indirekten Förderung bzw. indi­rekten Einschränkung diskutiert werden. Eine zusätzliche Form der indirekten Musikförderung ergibt sich aus der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Spenden. Spenden und Mitgliedsbeiträge, die an gemeinnützig anerkannte Institutionen gezahlt werden, können als Sonderausgaben von dem zu versteuernden Jahres­einkommen der Spender*innen abgezogen werden. Dies ist bis zu einer Höhe von 20 Prozent des Jahres­einkommens möglich. Mit dieser Regelung erleichtert das Steuerrecht das Fundraising. Allerdings zeigen Befragungen, dass die steuerlichen Vorteile kein ausschlaggebender Grund für eine Spende sind. [4]

Institutionelle Förderung und Projektförderung
Die direkte Musikförderung kann in zwei wesentliche Förderformen unterschieden werden, wie die folgen­de Abbildung zeigt: direkte Trägerschaft und direkte finanzielle Zuwendungen. Die Zuwendungen wieder­um lassen sich in institutionelle sowie projektbezogene Förderung unterteilen. [5]

Abbildung 1
Systematik öffentlicher Musikförderung
Abbildung: Systematik öffentlicher Musikförderung

Kultur- und Musikförderstatistik

Die Ausgaben der Musikförderung werden statistisch erfasst. Die Zahlen müssen aber unter Berücksichti­gung der Grenzen ihrer Aussagekraft interpretiert werden. Laut dem jüngsten vorliegenden Kulturfinanz­bericht [9] betrugen die öffentlichen Ausgaben für Kultur im Jahr 2017 11,4 Mrd. Euro, was 138,21 Euro pro Kopf entspricht. Vergleicht man die Kulturausgaben der Jahre 2010 und 2017, lässt sich sogar eine Steige­rung von 23,3 Prozent feststellen. Da sich inflationsbedingt oder durch steigende Löhne auch die Kosten erhöhen, bedeutet eine Steigerung der öffentlichen Ausgaben jedoch nicht, dass ein Kulturbetrieb bei hö­heren Zuwendungen auch zwangsläufig in gleichem Maße über mehr Geld für die operative Arbeit verfügt.

Aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik und der Kulturhoheit der Länder sowie des Subsidi­aritätsprinzips entfallen die größten Ausgaben auf die Bundesländer (38,7 Prozent) und Gemeinden (44,4 Prozent). Der Bund trägt an den Kulturausgaben 17 Prozent. Der größte Anteil der öffentlichen Kulturaus­gaben kommt dem Bereich Theater und Musik zugute (34,5 Prozent). Von den insgesamt rund 3,9 Mrd. Euro Ausgaben für Theater und Musik entfallen auf den Bund nur 1,7 Prozent (vgl. Abbildungen 2a und 2b). Dies ist u. a. damit zu begründen, dass der Bund selbst kein eigenes Theater oder Ensemble trägt und sich nur bei Institutionen von nationaler Bedeutung engagiert.

Abbildung 2a
Öffentliche Ausgaben für Kultur nach Kulturbereichen und Körperschaftsgruppen
Abbildung: Kulturausgaben insgesamt nach Körperschaftsgruppen und Kulturbereichen 2017
Zur vollständigen Statistik

Abbildung 2b
Öffentliche Ausgaben für Theater und Musik nach Körperschaftsgruppen
Abbildung: Öffentliche Ausgaben für Theater und Musik
Zur vollständigen Statistik

Die institutionelle Förderung stellt eine langfristige Grundversorgung für eine Institution aus Haushaltsmitteln dar. Diese Förderform ist jedoch selten und kann neuen Musikinstitutionen nur gewährt werden, wenn bereits aufgenommene Empfänger*innen ausscheiden (sogenanntes Omnibusprinzip). [6] Mit der Projektförderung werden hingegen einzelne zeitlich und sachlich begrenzte Vorhaben unterstützt. [7] Ganz klar lässt sich diese Abgrenzung jedoch nicht immer treffen, denn es werden mit der institutionellen Förderung auch Einrichtungen finanziert, deren Aufgabe wiederum die Förderung von Projekten ist. Beispielsweise erhält die Kulturstiftung des Bundes jährlich 35 Mio. Euro aus Bundesmitteln, mit denen sie Kulturprojekte verschiedener Sparten fördert. Zwischen 2002 und 2020 wurden bei der Stiftung 431 Anträge im Bereich Musik mit einem Fördervolumen von knapp 70 Mio. Euro bewilligt. [8] Weitere direkte Zuwendungen ergeben sich aus Musikpreisen und Stipendien. Diese können über öffentlich geförderte Institutionen vergeben werden (z. B. Deutscher Musikwettbewerb) oder von der öffentlichen Hand selbst wie beispielsweise der Kompositionspreis der Landeshauptstadt Stuttgart.

Auch öffentlich geförderte Sozialeinrichtungen können der direkten Musikförderung zugerechnet werden, wenn diese öffentliche Gelder erhalten. Beispielsweise bietet die Künstlersozialkasse (KSK) Musiker*innen und Künstler*innen einen ähnlichen Schutz wie die gesetzliche Sozialversicherung. Besonders ist die Finanzierung des Versicherungsschutzes: Die Künstler*innen müssen nur die Hälfte der Beiträge selbst zahlen. Die andere Hälfte wird aus Sozialabgaben der Unternehmen finanziert, die die künstlerischen Leistungen verwerten (30 Prozent), sowie durch einen Zuschuss vom Bund (20 Prozent). Die KSK basiert auf dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) das als regulatorische Maßnahme wiederum der indirekten Förderung zugerechnet werden kann. Die KSK zählt zu den bedeutendsten Sozialeinrichtungen für Kulturschaffende in Deutschland; sie ist aber nicht die einzige, wie anhand der Leistungen der Versorgungsanstalt deutscher Kulturorchester oder der Deutschen Künstlerhilfe des Bundespräsidenten gezeigt werden kann.

Abbildung 2c
Öffentliche Ausgaben für Kultur nach Kulturbereichen und Körperschaftsgruppen
Tabelle: Öffentliche Ausgaben für Kultur nach Kulturbereichen und Körperschaftsgruppen
Zur vollständigen Statistik

Die Zusammenfassung der Bereiche Theater und Musik ist aufgrund der zahlreichen Überschneidungen nachvollziehbar, bleibt für ein besseres Verständnis der öffentlichen Musikfinanzierung jedoch zu allge­mein. Die Theater- und Musikfinanzierung lässt sich weiter unterteilen in die Bereiche Theater, Musikpflege und Musikschulen. Für die Theater wurden 2017 knapp über 2,9 Mrd. Euro öffentliche Mittel eingesetzt, von denen auch die 79 Theaterorchester finanziert wurden. [10] Für die Musikpflege wurden 2017 insgesamt 508,3 Mio. Euro investiert. Hierzu zählen beispielsweise die Förderung der Initiative Musik und des Musik­fonds, der Bayreuther Festspiele, des Beethovenhaus Bonn, des Deutschen Musikrats oder verschiedene Musikpreise. Mit 511,6 Mio. Euro wurden zudem die Musikschulen unterstützt.

Tabelle 3 schlüsselt die Ausgaben für Musikschulen und Musikpflege nach Bundesländern auf. [11]

Abbildung 3
Öffentliche Ausgaben für Musikschulen und Musikpflege 2017
Abbildung: Öffentliche Ausgaben für Musikschulen und Musikpflege 2017

Die Musikförderung wird auf Bundesebene über das Ressort der Staatsministerin für Kultur und Medien vergeben, die formal dem Bundeskanzleramt zugeordnet ist. Dies ist jedoch nicht der einzige Bereich, durch den Musik gefördert wird. Auch das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fördert im Kinder- und Jugendplan (KJP) den musikalischen Bereich – im Haushaltsjahr 2021 mit einer Sum­me von 4,7 Mio. Euro. [12] Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beteiligt sich eben­falls an der Musikförderung mit einer Reihe von Initiativen. Das größte Förderprojekt des BMBF ist „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ (gestartet 2013), in der aktuellen zweiten Projektphase seit 2018 mit einem Volumen von über 32,6 Mio. Euro für die vierjährige Projektlaufzeit. [13]

Die Systematik, in welcher der Kulturfinanzbericht aufgestellt ist, lässt nicht erkennen, dass die Musikför­derung der öffentlichen Hand insgesamt umfangreicher ist, als aus den oben genannten Zahlen hervor­geht. Ausgaben für die Musik sind im Kulturfinanzbericht neben dem Bereich „Theater und Musik“ auch anteilig in den Bereichen Bibliotheken, Museen, kulturelle Angelegenheiten im Ausland, Kunsthochschulen und sonstige Kulturpflege sowie Denkmalschutz und Verwaltung enthalten. Die Ausgaben für die oben genannte Kulturstiftung des Bundes etwa sind dem Bereich „Sonstige Kulturpflege“ zugeordnet, ohne die Gelder, die für Musikprojekte investiert werden, anteilig zu verrechnen. Somit wird das Engagement der Kulturstiftung des Bundes nicht in der Statistik zu Ausgaben der Musikpflege berücksichtigt. Zudem finden sich auch in anderen Ausgabegruppen des Bundeshaushaltplans Musikanteile. Beispielsweise finanziert die öffentliche Hand die Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen und die Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW e. V. in Remscheid. Beide Ausgaben werden im Haushaltsplan aber der Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit zugeordnet und sind daher nicht in den Kulturausgaben enthalten. Durch die Arbeit beider Akademien wird jedoch ebenfalls Musikpflege aktiv gefördert. Die offiziellen Zahlen zur Musikförderung sind somit als gute und hilfreiche Orientierung, jedoch nicht als verbindlich-absoluter Wert zu sehen.

Private Musikförderung

Die öffentliche Musikförderung wird durch ein vielseitiges privates Engagement ergänzt. Unterscheiden lassen sich Spenden von Unternehmen und Privatpersonen, Förderungen privater Stiftungen sowie Spon­soring-Kooperationen.

Fundraising
Die Akquisition von Spenden wird auch als Spendenmarketing oder Fundraising bezeichnet. [14] Eine Spen­de kann als „freiwillige monetäre oder nichtmonetäre Leistung an Dritte, der keine direkte Gegenleistung gegenübersteht“, [15] verstanden werden. Für den Musikbetrieb sind neben finanziellen Zuwendungen auch Sach- und Zeitspenden von Bedeutung, was eine Quantifizierung der Spendenvolumina erschwert.

Zwischen Januar und Dezember 2020 haben 19 Millionen Menschen für unterschiedliche Zwecke gespen­det, wie das Charity Panel der Gesellschaft für Konsumforschung ermittelte. Im Durchschnitt gab jede Person rund siebenmal den Betrag von 40,00 Euro. Das Spendenvolumen beläuft sich für 2020 somit auf über 5,4 Mrd. Euro. Der mit Abstand größte Anteil der Gelder kommt allerdings nicht der Musik zugute, sondern zu über 76 Prozent humanitären Hilfsprojekten. Die Kultur- und Denkmalpflege erhält hingegen nur 2,8 Prozent der Spenden. [16] Das Panel berücksichtigt jedoch keine Testament- und Großspenden ab 2.500,00 Euro; auch Mitgliedsbeiträge für (Musik-)Vereine werden nicht zu den Spenden gezählt.

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Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters vergibt den APPLAUS-Award 2021
Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters vergibt den APPLAUS-Award 2021  
Photo:  Stefan Wieland  /  Initiative Musik

Förder- und Freundeskreise
Eine institutionalisierte Form der Spendenakquisition ermöglichen Fördervereine und Freundeskreise, die Musikbetriebe durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Know-how und ehrenamtliches Engagement unterstützen. Die Mitglieder erhalten Gegenleistungen – etwa die Teilnahmemöglichkeit an Exklusivver­anstaltungen beispielsweise mit Solistinnen und Musikern des Abends – oder auch besondere Serviceleis­tungen wie einen eigenen Vorverkauf. Bei Rabatten auf Tickets ist aufgrund des geldwerten Vorteils der Gegenleistung nicht mehr von einer klassischen Spende die Rede. Über die finanziellen Leistungen hinaus sind die Mitglieder der Förderorganisationen aber auch aufgrund ihrer Lobbyarbeit (z. B. gegenüber der Politik) und wegen ihres Netzwerks (z. B. Kontakte zu Sponsoren) von Bedeutung.

Private Förderstiftungen
Private Förderstiftungen, die von Mäzenen oder Unternehmen gegründet wurden, sind ebenfalls Adressaten der Fundraising-Arbeit von Musikorga­nisationen. Zu unterscheiden sind fördernde Stif­tungen, bei denen Anträge auf Fördergelder gestellt werden können, und operative Stiftungen die (nur) eigene Projekte realisieren. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen verzeichnet 1.154 Stiftungen, die sich in verschiedener Form der Förderung von Musik widmen. [17] Darunter sind Stiftungen mit einem speziellen Musikprofil wie die Haspa Musik Stiftung in Hamburg oder die Deutsche Stiftung Musikleben. Darüber hinaus sind aus bestehenden Orchester-Freundeskreisen Stiftungen entstanden, die sich vor allem auf eine Institution fokussieren. [18] Es finden sich zudem Stiftungen wie die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die neben der Musik auch zahlreiche weitere Förderschwerpunkte verfolgen.

Sponsoring
Musiksponsoring bezeichnet die Bereitstellung von Geld, Sachmitteln, Dienstleistungen oder Know-how durch Unternehmen zur Förderung von Institutionen, Personen oder Musikprojekten, um damit Ziele der Unternehmenskommunikation zu erreichen. Anders als bei einer Spende wird beim Sponsoring eine fest­gelegte Gegenleistung erwartet. Aus Perspektive der Kulturinstitution ist Sponsoring ein Finanzierungsin­strument, während es aus Sicht des Sponsors ein Kommunikationsinstrument ist. [19] Wesentliche Motive eines Sponsoring-Engagements sind für Unternehmen ein positiver Imagetransfer von der Musikmarke auf den Sponsor sowie eine Partizipation an der Mediareichweite der unterstützten Institution. Neben diesen ökonomischen Zielen darf den Sponsoren auch ein Förderinteresse unterstellt werden. Die zunehmende Professionalisierung des Sponsorings führt allerdings auch zu einem steigenden Rechtfertigungsdruck ge­genüber Aufsichtsgremien in den Unternehmen. Zudem wird es für Kulturbetriebe durch strengere Com­pliance-Richtlinien auf Seiten der Sponsoren schwierig, attraktive Gegenleistungen zu bieten: Die Weitergabe exklusiver Sponsoren-Konzertkarten war lange ein beliebtes Mittel, um Kontakte zu Kunden und politischen Entscheidungsträger*innen zu pflegen. Inzwischen achten Unternehmen zunehmend darauf, nicht in den Verdacht zu geraten, Entscheidungen ihrer Partner durch eine unangemessene Vorteilsnahme beeinflussen zu wollen.

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Eine Trompete und Moderationskarten für den Deutschen Jazzpreis 2021.
Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters lobte 2021 den Deutschen Jazzpreis aus.  
Photo:  Thomas Krebs  /  Deutscher Jazzpreis

Vom Musiksponsoring profitieren vor allem Veranstaltungen wie Konzerte und Festivals. Der popkulturelle Bereich verzeichnet hier im Gegensatz zu klassischen Konzerten deutlich größere Sponsoring-Einnahmen, da einerseits die Reichweiten und Kontaktzahlen größer sind (vgl. die o. g. Besuchszahlen) und es zudem i. d. R. mehr Akzeptanz und damit mehr Möglichkeiten für die Integration von Sponsorenbotschaften gibt. Beispielsweise kooperiert das Musikfestival Rock am Ring mit dem Discounter Lidl, der auf dem Festivalge­lände einen Pop-Up-Store betreibt und damit neben einem Imagetransfer auch einen monopolähnlichen Zugang zum Festivalpublikum erhält. Aber auch bei Veranstaltern von Events klassischer Musik finden sich erfolgreiche Sponsoring-Partnerschaften wie beispielsweise beim Rheingau Musik Festival: Mit jährlich über 100.000 Gästen finanziert das Festival seinen Etat (rund 8 Mio. Euro) mit einem Sponsorenanteil von 45 Prozent. [20]

Das Sponsoring-Volumen wird in Deutschland insgesamt auf rund 5,5 Mrd. Euro (Studie Repucom für 2015) bzw. 6,14 Mrd. Euro (Studie Schickler Media Index für 2019) geschätzt, wobei der größte Teil in den Sport investiert wird. [21] Auf den Kulturbereich entfallen geschätzt deutlich unter zehn Prozent, wobei Konzert­veranstaltungen neben Kunstausstellungen besonders profitieren. [22] Da diese Zahlen auf Schätzungen und keiner repräsentativen Stichprobe basieren, ist die Bewertung ihrer Aussagekraft schwierig. Eine ak­tuelle systematische Erhebung eines genreübergreifenden Musiksponsorings existiert leider nicht. Auch ist zu berücksichtigen, dass Sponsoring-Kooperationen häufig in Form von Tauschgeschäften (sog. Barter- Geschäfte) realisiert werden, indem beispielsweise Sachleistungen gegen Logo-Nennung und Freikarten getauscht werden. Für diese Transaktionen gelten die gleichen rechtlichen Bedingungen wie für einen nor­malen Kauf, und die monetären Gegenwerte müssen für deren Versteuerung genau berechnet werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass dies nicht immer erfolgt, sodass eine präzise Erfassung des Volumens von Musiksponsoring keine leichte Aufgabe ist.

Sponsoring bietet Musikbetrieben die Möglichkeit, zusätzliche Leistungen wie ihr (attraktives) Image oder ihre (relevante) Mediareichweite zu verkaufen und damit eine weitere Finanzierungsquelle zu erschließen. Dies setzt allerdings eine strategische Positionierung der eigenen Kulturmarke und eine professionelle Kommunikationspolitik voraus. [23] Da sich vor allem im Rahmen von Konzertveranstaltungen die notwen­digen Gegenleistungen gestalten lassen, eignet sich Musiksponsoring auch bevorzugt für diesen Bereich. Für Musikschulen, Tonstudios oder Musikverlage hat Sponsoring als Finanzierungsinstrument hingegen keine nennenswerte Relevanz.

Eigeneinnahmen
Eine weitere wesentliche Säule der Musikfinanzierung stellen Eigeneinnahmen bzw. Betriebseinnahmen dar. Primäre Einnahmen ergeben sich aus der eigentlichen künstlerisch-musikalischen Kerntätigkeit wie beispielsweise dem Verkauf von Konzertkarten oder Einnahmen aus Tantiemen. Sekundäreinahmen hinge­gen ergeben sich aus zusätzlichen Aktivitäten wie Merchandising, Gastronomieeinnahmen oder der Ver­mietung von Räumlichkeiten.

Die Produktionsprozesse auf dem Musikmarkt werden von einer Vielzahl Beteiligter gestaltet. Neben den Musiker*innen sind dies beispielsweise Musikverlage, Verwertungsgesellschaften, die Tonträgerindustrie und die Veranstaltungswirtschaft. Sie alle interagieren miteinander und tragen durch Lizenzen, Tantiemen, Aufführungsrechte, Ticketgebühren oder Werbeeinnahmen zur Wertschöpfung bei. Durch die Digitalisie­rung haben die Produktions- und Austauschmöglichkeiten zusätzlich an Komplexität gewonnen. Daher ist auch der Wertschöpfungsprozess weniger als lineare Kette, sondern als komplexes Netzwerk zu verstehen. Eine detaillierte Betrachtung aller Einnahmemöglichkeiten ist im Rahmen dieses Beitrags nicht möglich. Zumindest Konzertkarten sollen jedoch als eine der wichtigsten primären Einnahmen auf dem Musikmarkt kurz hervorgehoben werden.

Konzertkarten
Die Bedeutung von Einnahmen aus Live-Events hat sich durch die digitale Transformation des Tonträger­markts stark verändert. Bei einer Gesamtbetrachtung der Umsätze aus Veranstaltungen und Tonträgern zeigt sich, dass 1995 der Anteil des Tonträgermarkts mit 52 Prozent noch mehr als die Hälfte ausmachte. Im Jahr 2017 war sein Anteil auf 28 Prozent geschrumpft, während Musikveranstaltungen für 72 Prozent der Umsätze sorgten. Die Summe der Umsätze beider Bereiche wird auf rund fünf Mrd. Euro beziffert. [26]

Abbildung 4
Umsatzentwicklung auf dem Musikmarkt
Abbildung: Umsatzentwicklung auf dem Musikmarkt

Wie anhand der vielen ausverkauften Festivals und hohen Preise auf dem sekundären Ticketmarkt zu se­hen ist, könnten Konzertkarten oftmals noch teurer verkauft werden. Dies würde jedoch das Image der Musiker*innen aufgrund einer unfairen Preispolitik negativ beeinflussen. Zudem würde dies dem Ziel zu­widerlaufen, dass sich diejenigen Tickets kaufen, die ein Konzert am meisten schätzen und nicht jene, die am meisten bezahlen. [27]

Der durchschnittliche Ticketpreis für Konzerte belief sich in der Saison 2016/2017 auf 51,14 Euro, wobei Mu­sikfestivals mit durchschnittlich 77,28 Euro pro Ticket höhere Preise verlangten als Konzerte der Genres Liedermacher, Chanson, Jazz, Blues, Folk, Weltmusik, Gospel und Soul. [28] Relativierend muss allerdings be­rücksichtigt werden, dass Festivals in der Regel über mehrere Tage stattfinden und durch Preisbündelung mehrere Konzerte zu einem Preis anbieten. Ein Festivalticket kostet somit zwar durchschnittlich mehr als eine einfache Konzertkarte, ist aber nicht zwingend teurer.

  • Vorverkaufsgebühr
  • Mehrwertsteuer
  • Beitrag zur Künstlersozialkasse
  • GEMA- Gebühr
  • Produktionskosten (Miete, Technik, Werbung, Künstler*innengage etc.).

Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive verdienen freischaffende Musiker*innen deutlich unter dem allgemei­nen Einkommensdurchschnitt. Zwar weist die Umsatzsteuerstatistik [29] bei den 12.792 erfassten Personen in der Gruppe der Selbstständigen im Bereich darstellende Kunst, zu denen Musiker*innen gezählt werden, ein er­staunlich überdurchschnittliches Einkommen von rund 99.000 Euro auf. Interessanter als das Einkommen ist je­doch, dass hier nur 12.792 Personen erfasst werden. Daraus folgt, dass die meisten freischaffenden Musiker*innen unter einem umsatzsteuerpflichtigen Jahreseinkommen von 17.500,00 Euro (seit 2020 sind es 22.000,00 Euro) liegen. Ein Blick in die Statistik der Künstlersozialkasse [30] belegt diese Schlussfolgerung: Das durchschnittliche Jahreseinkommen der Versicherten wurde für 2020 im Bereich Musik auf 15.151 Euro prognostiziert. Auch hier wird ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle (sog. Gender-Pay-Gap) deutlich: Musikerinnen lagen in der Prognose mit durchschnittlich 12.486,00 Euro 17,6 Prozent unter und Musiker mit 16.943,00 Euro zwölf Prozent über dem Durch­schnitt aller Musizierenden. Für 2021 werden Einkommensrückgänge von -14,3 Prozent im Vergleich zu 2020 pro­gnostiziert. Den größten Umsatzeinbruch verzeichnen dabei die ausübenden Künstler*innen mit -24,8 Prozent.

Crowdfunding
Mit einer Betrachtung des Crowdfundings soll ein vergleichsweiser neuer Ansatz der alternativen Musikfinanzie­rung erwähnt werden. Crowdfunding bezeichnet die onlinebasierte Akquisition von Geld zur Realisierung eines vorab definierten Projektes. Die Strategie hinter einer Crowdfunding-Kampagne ist, dass möglichst viele Perso­nen sich mit einem i. d. R. kleineren Betrag beteiligen, wodurch letztlich eine ausreichende Summe für ein größe­res Vorhaben zusammenkommt. Unterstützende erhalten für ihre Beteiligung eine Gegenleistung. Hierzu zählen beispielsweise die namentliche Erwähnung in einem Musikvideo, das Zusenden signierter CDs oder Einladungen zu einem Konzert. So unterschiedlich die Gegenleistungen sind, so schwierig ist auch die Klassifikation des Crowd­fundings als Finanzierungsinstrument. Je nach Gegenleistung kann es dem Sponsoring (z. B. bei Logo-Nennung im CD-Booklet) oder den primären Betriebseinnahmen (Verkauf von Konzerttickets) zugeordnet werden. Da die Finanzierungszusagen beim Crowdfunding vor der Produktion des Vorhabens erfolgen, hat dieses Instrument zudem eine Kreditfunktion.

Aus dem Crowdfunding haben sich in den letzten Jahren weitere Distributionsformen entwickelt, die es Kreativschaffenden erlauben, ihre Leistungen zu verkaufen. Beispielsweise werden über Plattformen wie patreon.com Musikvideos, Podcasts oder Tutorials kostenpflichtig angeboten. Dies ermöglicht Musiker*innen, auch von öko­nomischen Vorteilen der Massenproduktion wie der Fixkostendegression und Skaleneffekten zu profitieren, die mit Live-Auftritten schwieriger zu erzielen sind. Insbesondere die Corona-Krise hat dazu geführt, dass viele Mu­sikschaffenden digitale Möglichkeiten ihrer künstlerischen Erträge erkundet haben, um ergänzende/alternative Einnahmequellen zu entwickeln.

Corona-Pandemie

Die COVID-19-Krise zeigte besonders drastisch die Relevanz öffentlicher Musikförderung. In den USA ver­loren bedingt durch die Konzertausfälle innerhalb weniger Wochen zahlreiche Musiker*innen ihre Anstel­lung. Angestellte der öffentlich finanzierten Musikinstitutionen in Deutschland verloren durch die Pande­mie nicht ihre Arbeit. Aber die Krise betrifft nicht nur den öffentlichen Kulturbetrieb; und sie hat massive und in vielen Fällen existenzgefährdende Auswirkungen auf Freischaffende.

Die öffentliche Hand hatte zu Beginn der Pandemie verschiedene (Sofort-)Hilfsprogramme aufgesetzt, die grundsätzlich auch Musikschaffende unterstützen sollten. Diese waren allerdings nicht immer auf die be­sonderen wirtschaftlichen Strukturen der Selbständigen in Kreativberufen ausgelegt. Beispielsweise zeigte eine Studie des DTKV Baden-Württemberg, dass 64,6 Prozent der befragten Musiker*innen keine Hilfen ab­gerufen haben, da sie als Zweit- und Geringverdiener in einem Haushalt nicht antragsberechtigt waren. [31]

Mit dem Fonds „Neustart Kultur“ hat die Bundesregierung im Juli 2020 ein weiteres Rettungs- und Zu­kunftspaket für Kultur und Medien in seinem Nachtragshaushalt mit einem Volumen von einer Milliarde Euro verabschiedet, das im Frühjahr 2021 mit demselben Betrag aufgestockt wurde. Auf den Weg gebracht wurde auch ein Sonderfonds für Kulturveranstaltungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, der ab dem 1. Juli 2021 eine Wirtschaftlichkeitshilfe für Veranstaltungen bietet, die Corona-bedingt vor kleinerem Publikum stattfinden; zusätzlich sichert der Fonds Einnahmeausfälle für größere Veranstaltungen ab, die ab dem 1. September 2021 geplant werden. [32] Darüber hinaus wurden Liquiditätshilfen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Sonderregelungen für Miet- und Pachtverhältnisse [33] und mehr Flexibilität bei Steuerzahlungen ermöglicht. Die staatlichen Unterstützungsangebote wurden durch private Initiativen er­gänzt, z. B. durch den Nothilfefonds der Deutschen Orchesterstiftung oder den Fonds „Sängerhilfe“. Auch der Verkauf von Soli-Tickets und virtuellen Getränken entsprach im Wesentlichen einem Spendenaufruf, ähnlich wie die Bitte einiger Veranstalter, Tickets nicht zurückzugeben. In Leipzig wurden über die Crowd­funding-Kampagne „Kulturfallschirm“ Spendengelder für Kulturbetriebe gesammelt und Kulturgüter wie CDs verkauft.

Initiativen zur Kulturförderung gab es, von lokaler Ebene bis zur globalen UNESCO-Kampagne „ResiliArt“ [34], viele. Ihre langfristigen Effekte können heute jedoch noch nicht abgesehen werden. Auch die Ticket- Umbuchungspraxis vieler Musikveranstalter hat zwar kurzfristig Probleme entschärft, führt aber zu erheb­lichen noch ausstehenden Verpflichtungen. Es ist davon auszugehen, dass auch nach der Wiedereröffnung der Kulturbetriebe Spender*innen-Solidarität und die Unterstützung der öffentlichen Hand notwendig bleiben werden.

Fazit

Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass Musikfinanzierung über eine Vielzahl verschiede­ner Instrumente gestaltet werden kann. Eine nachhaltige Strategie nutzt im Sinne einer mehrdimensionalenFinanzierung [35] die Kombination mehrerer dieser Instrumente. Zu berücksichtigen ist, dass die hier vorge­stellten Daten überwiegend aus Erhebungen vor der Corona-Pandemie stammen. Während dieser Beitrag im Februar 2021 verfasst wird, ist noch nicht abzusehen, welche konkreten langfristigen Folgen die Pande­mie für die Musikfinanzierung haben wird. Offensichtlich ist allerdings, dass die Krise zu einer starken Re­duktion von Steuereinnahmen und Belastung der öffentlichen Haushalte führen wird. Dies wird öffentliche Kulturausgaben, die überwiegend zu den freiwilligen Ausgaben zählen, erschweren. Da auch zahlreiche Unternehmen Umsatzeinbußen durch die Pandemie erlitten haben, ist temporär auch mit einer zusätzli­chen Herausforderung bei der Gewinnung von Sponsoren zu rechnen, wobei es hier deutliche Unterschie­de zwischen den unterschiedlichen Branchen gibt. Andererseits konnte auch beobachtet werden, dass die Spenden für Kultur 2020 während der Pandemie um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen sind.

Die Betrachtung der Musikfinanzierung aus monetären Gesichtspunkten ist eine von mehreren Perspekti­ven. Eine besondere intrinsische Motivation und großes ehrenamtliches Engagement – sei es bei den vielen Musikvereinen oder den unbezahlten Überstunden zur Vorbereitung von Schüler*innen auf die Teilnahme bei „Jugend musiziert“ – sind existenziell für die musikalische Infrastruktur in Deutschland. Die Vergütung der Musikschaffenden bleibt, wie die Zahlen der KSK zeigen, entwicklungsfähig, und die digitale Transfor­mation der Musikbetriebe wird in den kommenden Jahren zu zusätzlichen Investitionsbedarfe führen. Es geht bei der Musikförderung aber nicht nur um Geld. Die Musiklandschaft wird auch und besonders durch das eigene Musizieren gefördert und natürlich durch den Besuch von Musikveranstaltungen. Somit kann sich jede und jeder Einzelne ganz konkret für die Musik engagieren.

Über den Autor

Lorenz Pöllmann ist Professor für Medien- und Eventmanagement an der HMKW – Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft. Er berät Kulturinstitutionen und publiziert zu Kulturmarketing, Kulturfinanzierung und digitaler Transformation im Kulturmanagement.

Footnotes

  1. Christoph Weckerle, Michael Söndermann: Erster Kulturwirtschaftsbericht Schweiz. Das Umsatz-und Beschäftigungspotenzial des kulturellen Sektors, Zürich 2004.

  2. Vgl. Rita Gerlach-March, Lorenz Pöllmann: Kulturfinanzierung, 2. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 5.

  3. Deutscher Bundestag (2021): Entschließungsantrag, Entwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland Drucksache 19/29411. Online unter: https://dserver.bundestag.de/btd/19/294/1929411.pdf, S. 3 (Zugriff 21. Mai 2021).

  4. GfK Charity Panel (2020): Bilanz des Helfens, Berlin 2020. Online unter: https://www.spendenrat.de/ wp-content/uploads/2020/03/Bilanz_des_Helfens_2020.pdf, S. 23 (Zugriff: 12. Dezember 2020).

  5. Gerlach-March, Pöllmann, Kulturfinanzierung, S. 13.

  6. Vgl. Der Präsident des Bundesrechnungshofes (2016): Prüfung der Vergabe und Bewirtschaftung von Zuwendungen – Typische Mängel und Fehler im Zuwendungsbereich, 2. Aufl., Bonn 2016, S. 24. Online unter: https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/gut achten-berichte-bwv/gutachten-bwv-schriftenreihe/langfassungen/2004-bwv-band-10-pru efung-der-vergabe-und-bewirtschaftung-von-zuwendungen (Zugriff: 08. Juni 2021). Vgl. auch Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage des Abgeordne ten Siegmund Ehrmann, Martin Dörmann, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Frakti on der SPD – Drucksache 17/4901, Berlin 2011, S. 12.

  7. Gerlach-March, Pöllmann, Kulturfinanzierung, S. 15.

  8. Auskunft der Bundeskulturstiftung auf Anfrage für diesen Beitrag.

  9. Statistisches Bundesamt: Kulturfinanzbericht, Wiesbaden 2020. Online unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Kultur/Publikationen/Downloads-Kultur/kulturfinanzbericht-1023002209004.pdf (Zugriff: 13. August 2021).

  10. Auskunft des Bundesamts für Statistik für diesen Beitrag; Deutscher Bühnenverband: Theaterstatistik 2016/2017, Bd. 52, Köln 2020, S. 260.

  11. Auskunft des Bundesamts für Statistik für diesen Beitrag.

  12. Auskunft des BMFSFJ auf Anfrage für diesen Beitrag.

  13. Auskunft des BMBF auf Anfrage für diesen Beitrag.

  14. Vgl. Gerlach-March, Pöllmann, Kulturfinanzierung, S. 34 f.; Michael Urselmann: Fundraising, 6. Aufl., 2018 Wiesbaden, S. 1.

  15. Gerlach-March, Pöllmann, Kulturfinanzierung, S. 62.

  16. GfK Charity Panel: Bilanz des Helfens, Berlin 2021. Online unter: https://www.spendenrat.de/wp-content/uploads/Downloads/Bilanz-des-Helfens/bilanz-des-helfens-2021-deutscher-spendenrat.pdf (Zugriff 13. August 2021), S. 6 ff.

  17. Vgl. https://stiftungssuche.de/, Stichwort Musik (Zugriff: 22. Mai 2021).

  18. S. dazu Gerald Mertens: Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester, in: Andrea Hausmann und Antonia Liegel (Hrsg.): Handbuch Förder- und Freundeskreise in der Kultur, Bielefeld 2018, 161–179; S. 165 ff.

  19. Vgl. Gerlach-March, Pöllmann, Kulturfinanzierung, S. 48 f.; Julia Frohne, Brigitte Norwidat-Altmann und Oliver Scheytt: Kultursponsoring, Leitfaden für kreative Allianzen, Wiesbaden 2015.

  20. Vgl. Rheingau Musikfestival: Pressemappe, Oestrich-Winkel 2019. Online unter: https://www.rheingau-musik-festival.de/fileadmin/Presse/Pressemappen/Pressemappe_Rheingau_Musik_Festival_2019.pdf (Zugriff: 21. Februar 2021).

  21. Repucom: Sportsponsoren in Deutschland 2014/2015, Köln 2015. Online unter: https://issuu.com/repucom.net/docs/sportsponsoren_in_deutschland_2014-/3 (Zugriff: 20. Januar 2021); Juliane Paperlein: Schickler Media Index, in: Horizont Nr. 09, 27. Februar 2020, S. 3.

  22. Nielsen: Sponsor-Trend 2018, Köln 2018. Online unter: https://www.nielsen.com/wp-content/uploads/sites/3/2019/04/Nielsen20Sports_Sponsor-Trend202018_web.pdf (Zugriff: 10. Dezember 2020).

  23. Lorenz Pöllmann: Kulturmarketing, 2. Aufl., Wiesbaden 2021.

  24. Gerlach-March, Pöllmann, Kulturfinanzierung, S. 97.

  25. Hans-Joachim Bürkner, Bastian Lange und Elke Schüßler: Akustisches Kapital. Perspektiven auf verän derte Wertschöpfungskonfigurationen in der Musikwirtschaft, in: Lange, B, Bürkner, H.J. und Schüß ler, E. Akustisches Kapital, Bielefeld 2013, S. 9–45.

  26. Vgl. Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (bdv): Live Entertainment in Deutschland, Ham burg 2017. Online unter: https://bdkv.de/wp-content/uploads/2018/02/bdv-Studie-2017.pdf (Zugriff: 01. Dezember 2020), S. 11.

  27. Marie Connolly, Alan B. Krueger: The secondary market for concert tickets: theory and evidence, in: International Journal of Music Business Research, October 2018, vol. 7 no. 2, S. 6–51

  28. Vgl. Live Entertainment in Deutschland, S. 12.

  29. Statistisches Bundesamt: Finanzen und Steuern: Umsatzsteuerstatistik, Wiesbaden 2020. Online unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Umsatzsteuer/Publikationen/Downloads-Umsatzsteuern/umsatzsteuer-2140810187004.pdf?__blob=publicationFile (Zugriff: 19. Februar 2021)

  30. Deutsches Musikinformationszentrum (2021): Freiberuflich Tätige in der Sparte Musik nach Durchschnittseinkommen und Tätigkeitsbereich (Zugriff 23. Mai 2021).

  31. Vgl. Anja Schlenker-Rapke: Überleben oder nicht – eine Frage der Qualität?, in Neue Musik Zeitung, 9/20, S. 44.

  32. Zu den Programmen vgl. https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/staatsministerin-fuer-kultur-und-medien/corona-hilfen. (Zugriff: 12. Juli 2021).

  33. Gereon Röckrath: Mietzahlungen während des Lockdowns, in: Lorenz Pöllmann [u. a.] (Hrsg.): Handbuch Kulturmanagement, Bd. 74, Berlin 2021, S. 91.

  34. UNESCO: ResiliArt, Paris 2020. Online unter: https://en.unesco.org/news/resiliart-artists-and-creativity-beyond-crisis (Zugriff: 20. Februar 2021).

  35. Armin Klein: Der exzellente Kulturbetrieb, 3. Aufl., Wiesbaden 2011, S. 207.