In der größten Ausstellung zum Thema Musiktheater und Nationalsozialismus seit 1988 trifft historische Dokumentation auf theatrale Inszenierung. Die Geschichte des Nürnberger Opernhauses im Nationalsozialismus wird mit einer Bühnenkonstruktion erzählt, so dass die Instrumentalisierung der Kunst für Propaganda erlebbar ist. Zu sehen ist die in Kooperation mit dem Staatstheater Nürnberg sowie dem Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth (fimt) konzipierte Ausstellung vom 15. Juni 2018 bis 3. Februar 2019 im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände.
Das Musiktheater spielte in der nationalsozialistischen Propaganda eine wichtige Rolle. Eine besondere Wechselwirkung zwischen Bühne und Stadt entwickelte sich in Nürnberg: Nicht nur der von Hitler veranlasste Umbau des Opernhauses macht deutlich, dass hier Ästhetik, Urbanität und politische Machtausübung in einer engen Beziehung zueinander standen. Spannungsvoll war diese Wechselwirkung zwischen "Stadtbühne“ des Reichsparteitagsgeländes und Theaterbühne des Opernhauses – während der Reichsparteitage wurde die Stadt selbst zur Bühne und Kulisse für Aufmärsche der Nationalsozialisten. Damit traten Opernbühne und Stadt in einen inszenierten Dialog. Die Ausstellung beleuchtet die Geschichte des Nürnberger Opernhauses unter der NS-Herrschaft. Die Werke Richard Wagners geben dabei leitmotivische Orientierung: Sie schlagen inhaltlich den Bogen von der Aufführung der Meistersinger von Nürnberg während des Reichsparteitags 1935 bis hin zur letzten durch Wieland Wagner inszenierten Vorstellung der Götterdämmerung, mit der der Theaterbetrieb in Nürnberg am 31. August 1944 eingestellt wurde. Dafür wird die große Ausstellungshalle des Dokumentationszentrums zum Theater: Die Besucher durchschreiten Intendantenbüro, Hinterbühne sowie Zuschauerraum und betreten die Bühne. Dabei lassen sie Licht, Klang, Bild oder Raum nicht nur auf sich wirken, sondern suchen sie gezielt auf – und werden so selbst zu Protagonisten der Gesamtinszenierung. Die als Bühnenbau angelegten Ausstellungsräume vermitteln die Faszination von Theaterinszenierung und ermöglichen gleichzeitig den hier buchstäblichen Blick hinter die Kulissen. Dabei wird auch mit den Vorder- und Kehrseiten eines schwer fassbaren Phänomens gespielt.
Die Ausstellung wurde in Kooperation mit dem Staatstheater Nürnberg und dem Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth (fimt) konzipiert. Bereits 2013 initiierte das Staatstheater Nürnberg, angeregt durch Forschungsprojekte in Berlin, München und Wien, zusammen mit fimt das Forschungsprojekt "Inszenierung von Macht und Unterhaltung –Propaganda und Musiktheater in Nürnberg 1920–1950“. Seitdem wurden auf zwei Tagungen Teilaspekte untersucht und Zwischenergebnisse vorgestellt. Die Resultate der langjährigen Forschungsarbeit werden nun der breiten Öffentlichkeit durch die Ausstellung im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände präsentiert.