Wer bei Young Euro Classic an den üblichen Konzertbetrieb denkt, der kennt das Festival nicht. Und wer nur Klassik erwartet, wird überrascht von viel mehr. Vom 27. Juli bis 12. August hört man in Berlin auch ganz andere Töne: nicht routiniert, sondern experimentierfreudig, nicht brav, sondern mutig. Und so werden alle, die an der unorthodoxen Spielfreude und der fröhlich unkonventionellen Stimmung im Konzerthaus am Gendarmenmarkt Spaß haben, wieder voll auf ihre Kosten kommen. Dabei ist auf höchste musikalische Qualität Verlass: Es spielen die Talentiertesten ihres Faches - exzellente Nachwuchsmusiker mit ihren hervorragenden Dirigenten und Solisten. Eine Auswahl der besten Jugendorchester der Welt zeigt ihr Können an 17 Tagen. In 31 Veranstaltungen werden sie Klassisches bis Zeitgenössisches zu Gehör bringen sowie Kammer- und Filmmusik spielen. Erstmals sind auch ein Tanz- und ein Chorensemble dabei. Dazu Ur- und Deutsche Erstaufführungen, einige davon eigens durch das Festival in Auftrag gegeben. Die beste wird am 13. August mit dem „Europäischen Komponistenpreis 2012“ ausgezeichnet.
Ins Zentrum des Geschehens setzt Young Euro Classic in diesem Jahr EUROPA. Festivalleiterin Dr. Gabriele Minz: „Was bei YOUNG EURO CLASSIC Europa heißt ist nicht rein geografisch gedacht. Das Festival bringt jedes Jahr aufs Neue den weltweiten Siegeszug europäischer Orchestermusik zum Klingen und zeigt dem Publikum, wie reich die Einflüsse anderer Kulturen sich darin widerspiegeln“. Hier könne man jenseits der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Debatten wieder etwas von der kulturellen Identität der Europäer erfahren. Mehr noch: „Das Festival öffnet über Europa hinaus den Zugang zur ganzen Welt“.
Das genau kann man schon beim Eröffnungskonzert am 27. und 28. Juli mit dem MIAGI Youth Orchestra aus Südafrika erleben. Die jungen Musiker werden zeigen, wie sehr sie von Europa beeinflusst sind und wie fruchtbar sie dies mit ihren eigenen Traditionen verbinden. Sie beginnen am ersten Abend Klassisch, geben mit aber mit Christian Muthspiels „Out of South Africa“ bereits einen ersten Einblick in südafrikanische Klänge. Hinter dem MIAGI Youth Orchestra steht eine Initiative, die begabten Jugendlichen den Weg in die Welt der Musik ebnen will. Sie kommen aus allen Schichten der Gesellschaft, viele von ihnen aus den Townships des Landes. MIAGI - Music Is A Great Investment- dieses Motto griff der langjährige Hautpartner des Festivals, die KfW Bankengruppe auf und sah darin zugleich Verpflichtung. Zu diesem Engagement sagt der Vorstandsvorsitzende Dr. Ulrich Schröder: „Young Euro Classic wird mit den besten Jugendorchestern der Welt erneut das Highlight des Hauptstadt-Sommers bilden. Wir freuen uns sehr, das gewohnt große Maß an jugendlicher Kreativität und Engagement zu unterstützen. Denn kulturelle Vielfalt zu fördern, entspricht unserer Philosophie: Verantwortung zu übernehmen für eine kreative und
vielfältige Gesellschaft."
Ganz schön kreativ wird es dann auch am zweiten Abend des Eröffnungswochenendes (28. Juli). Young Euro Classic featuring African Jazz heißt das Konzert, das eine gemeinsame Initiative von Young Euro Classic und MIAGI ist. Es wird zeigen, was in Südafrikanern und Deutschen steckt, wenn sie sich musikalisch zusammentun. Musiker der Experimentierzelle von MIAGI, das New Skool Orchestra @ MIAGI, bringen nicht nur südafrikanischen Jazz unterschiedlichster Couleur mit, sondern auch eigene Kompositionen. Gemeinsam mit deutschen Jazz-Musikern werden sie diese in einem Workshop zu etwas ganz Neues mixen. Robert Brooks, Gründer des MIAGI Youth Orchestra, beschreibt das Repertoire der beiden Konzerte als „Mischung aus Klassik, Jazz und afrikanischer Tradition.“ Ein Abend, den die Adolf Würth GmbH & Co. KG, sowie die Spenden des Festivalpublikums erst möglich gemacht haben. Hunderte haben sich der Kampagne „Vom Festivalfan zum Förderer“ bereits angeschlossen.
Seit Young Euro Classic existiert, steht es im Geist der interkulturellen Begegnung. Grundgedanke ist, dass sich junge Musiker unabhängig von ihrer sozialen oder nationalen Herkunft austauschen und miteinander musizieren können. Das kann erleben, wer sich auf eine weitere neue Idee einlässt: Wenn es nämlich erstmals heißt: „PAS DE DEUX Young Euro Classic Musik-Tanz“. An diesem Abend wird ein deutsch-chinesisches Musiker-Ensemble gemeinsam mit jungen Tänzern auftreten (9. August). Letztere kommen aus dem Bundesjugendballet, das John Neumeier vor einem Jahr gegründet hat, die Musiker von der Talentschmiede Villa Musica Rheinland-Pfalz und dem Zentralkonservatorium Peking. Und in Asien bleiben wir auch, wenn mit dem Singapore National Youth Orchestra (6. August), die jüngsten Musiker (zwischen 11 und 25 Jahren) auf der Bühne stehen.
Die bemerkenswerteste Begegnung dieser Saison wird wohl beim Konzert des Armenisch-Türkischen Jugendorchesters (3. August) stattfinden. Dass dies möglich wurde, ist der Initiative des Festivals und der Förderung des Finanzdienstleisters AWD zu verdanken. Aber vor allem dem großen Engagement der Künstler selbst. Unter dem Motto „Music that unites!“ wollen sie bei Young Euro Classic ein Zeichen setzten - für Zusammenarbeit, Toleranz und die Überwindung politischer Spannungen. Das Programm ist sowohl in der Besetzung als auch der musikalischen Sprache armenisch-türkisch gestaltet. Geleitet wird das Orchester von dem türkischen Dirigenten Cem Mansur, und am Flügel sitzt der preisgekrönte armenische Pianist Ashot Khachatourian.
Weiter im europäischen Kontext geht es mit Orchestern, die schon zu den unverzichtbaren Großereignissen des Festivals gehören, wie das European Union Youth Orchestra (10. August). Unterstützt vom Energieunternehmen EnBW bringt es berühmte Filmmelodien ins Konzerthaus. Zu hören die Soundtracks aus Filmen wie „2001“ von Stanley Kubrick, „Die glorreichen Sieben“ von John Sturges oder „Vertigo“ von Alfred Hitchcock. Dirk Brossé, selbst ein profilierter Film-Komponist, dirigiert an diesem Abend.
Europäischen Schwung und Avantgarde bringt auch das Joven Orquesta Nacional de España mit – neben Klassischem eine Deutsche Erstaufführung von der gerade 32 jährigen Nuria Núñez Hierro. Gefördert vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) garantiert dieser Abend Strahlkraft.
Der europäische Funke wird auch bei Orchestern des Festivalkalenders überspringen, die kaum unterschiedlicher im musikalischen Duktus sein könnten. So die NJO Summer Academy aus den Niederlanden (7. August), die als Spezialisten der alten Musik gelten und mit Barock bis Romantik verzaubern. Und bei den Musikern der Ostsee-Anrainerstaaten, die sich mit dem Baltic Youth Philharmonic (11. August) einen Klangkörper geschaffen haben, der auf Nordisches spezialisiert ist und mehrere zeitgenössische Kompositionen mitbringt. Am Pult der estländisch-amerikanische Dirigent Kristjan Järvi.
Für Überraschung dürfte auch das Nationale Jugendorchester Rumänien (4. August) sorgen, das mit Stars der Musikwelt auftritt: dem Dirigenten Cristian Mandeal, der bei Karajan und Celibidache studiert hat und der ECHO Klassik Preisträgerin Mihaela Ursuleasa.
Dagegen könnte ein vergleichsweise fernes und unbekanntes Jugendorchester wie das Ural Youth Symphony Orchestra (8. August) andere Seiten zum klingen bringen: die große russische Tradition und stilistische Perfektion. Deutschland präsentiert sich mit dem Bundesjugendorchester, das den europäischen Reigen gleichsam eröffnen wird (30.7.) und mit dem jungen deutsch-französischen Cellisten Nicolas Altstaedt kommt, der zu den Shootingstars an diesem Instrument gehört. Ein bedeutendes Stück Europa verkörpert auch das Moritzburg Festivalorchester mit seinem herausragenden künstlerischen Leiter Jan Vogler. Gegründet in der sächsischen Musikmetropole Dresden, steht das Orchester für Glanz und Ausstrahlung einer in der europäischen Musikgeschichte besonders fruchtbaren Region. Die jungen Musiker indes kommen aus allen Teilen der Welt und lassen erkennen, wie weit der europäische Musikfunke in der Welt trägt.
Einen Glanzpunkt des Festivals setzt das Orchestre Français des Jeunes am Schluss (12. August) und demonstriert dabei in bester europäischer Gepflogenheit den transatlantischen Sprung. Am Pult steht der Chefdirigent des Orchesters, der Amerikaner Dennis Russell Davies. Avantgardistisch setzt das Programm mit einer Komposition des amerikanischen Europäers Philip Glass ein. Er ist wohl der bemerkenswerteste zeitgenössische Komponist dieser Saison, der sein Publikum gleichzeitig für Oper, Konzert, Tanz, Film und Pop gewinnen kann. Ein anspruchsvolles Programm, das durch die Unterstützung des Fachverbands für Bordeaux-Weine: CIVB möglich wurde.
Abseits der Symphonik bietet das Festival an zwei Sonntagen Programm für alle – erstmals auch für ganz jungen Hörer. Der Young Euro Classic Tag „Alles Klang“ (29. Juli) ist der Kammer- und Chormusik gewidmet aber auch dem kleinen Format wie der Salonunterhaltung und dem Geschichtenerzählen mit musikalischer Begleitung. Und eine Woche später findet wieder das beliebte Klavierfestival statt (5. August) mit Auftritten junger Stars im Zwei-Stunden-Takt.
Im diesjährigen Epilog musiziert einer der großen international renommierten Klangkörper, das Schleswig Holstein Festival Orchester. Hier spielt der talentierteste Nachwuchs aus aller Welt unter dem Dirigat des Oscar-Preisträgers Tan Dun. Ein Orchester, das das Publikum ganz am Ende wieder zurück zu den Wurzeln führen wird. Der künstlerische Leiter von Young Euro Classic, Dr. Dieter Rexroth, beschreibt es so: „Es geht darum, dass Originäre der jeweiligen Weltkulturen vorzustellen, zu zeigen, was die Menschen kulturell bewegt. Aber richtig ist auch, dass letztlich der Bezug auf die europäische Musikkultur erkennbar bleibt. Und daran ist den jungen Musikern, aus welcher Weltregion auch immer sie kommen, sehr gelegen.
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