Die ersten vier Ehejahre des wohl berühmtesten Paares des 19. Jahrhunderts, Clara und Robert Schumann, thematisiert das Leipziger Schumann-Haus mit seiner am 13. September eröffneten neuen Dauerausstellung. Die Wohnung in der Inselstraße 18 bezogen die frisch Vermählten an Claras Geburtstag, am 13. September 1840. Im neuen Museum wird auf Basis wirkungsstarker Zitate beider Partner das "Experiment Künstlerehe“ beleuchtet und mit technischen Raffinessen in Szene gesetzt. Das erste Museum für ein Künstlerpaar möge den Besucher inspirieren, seine ganz persönliche Perspektive auf das Musikerpaar zu finden und eine Brücke von der Historie zur heutigen Zeit zu schlagen. Im Zentrum stehen die beiden im Schumann-Haus entstandenen Werke "Die Ehetagebücher“ und der gemeinsam komponierte Liederzyklus "Liebesfrühling“. Der Grundgedanke für die Kuratorin Prof. Dr. Beatrix Borchard sowie den Museumsleiter und Geschäftsführer des Schumann-Vereins Gregor Nowak ist die Betrachtung von Clara und Robert Schumann auf Augenhöhen, nach dem Konzept: "Mein Werk ist auch dein Werk“. Für das Ausstellungsdesign zeichnet Karsten Blum vom Homann Güner Blum Atelier für visuelle Kommunikation verantwortlich.
Zu den innovativen Highlights der neuen Ausstellung zählen "Claras Hand“, auf der der Besucher durch eine Installation von Erwin Stache Töne und ganze Werke von der Pianistin zum Klingen bringen kann. Im Ehe-Experimentierraum verwandeln sechs Beamer einen Raum in drei Themenwelten. Featureautorin Magdalene Melchers entwickelte dafür "Visualisierte Features“. Inspiriert von Worten des Schumannschen Ehepaares wird die Zerrissenheit zwischen Liebe und Kunst, Freude und Last mit den Kindern, Reichtum an Gaben und Ringen um Geld sicht- und hörbar. Umringt von einer assoziativen Bildsprache erscheinen Zeilen in neuem Licht und lassen den Besucher eindrucksvoll in die jeweiligen Themen eintauchen. Im Schumann-Saal, in dem das Ehepaar einst Freunde und berühmte Persönlichkeiten empfingen, sind auf ausgewählten Plätzen über Infrarot-Lautsprecher Portraits von u.a. Claras Mutter Mariane Bargiel, der Sängerin Wilhelmine Schroeder- Devrient sowie dem Komponistenkollegen und Freund Felix Mendelssohn Bartholdy zu hören.
Beatrix Borchard: "Ich sehe heute differenzierter als früher das wunderbare Experiment, das Robert und Clara Schumann gewagt haben, eine Schaffens- und Lebensgemeinschaft zu gründen, die quer zu den Geschlechterbildern der Zeit stand und zudem Spannungsfelder erzeugte, die aus unterschiedlichen Interessen im Alltag entstanden sind. Ich nenne nur einige Stichworte: Sie wollte Klavierüben, er komponieren – sie wollte Konzertreisen unternehmen, er lieber zuhause blieben, um in Ruhe komponieren zu können etc. Welche Lösungsmöglichkeiten haben die beiden gefunden? Es ist also ein ‚Paarausstellung‘, in der wir uns bemüht haben, immer beider Perspektiven zu thematisieren ohne zu bewerten.“
Gregor Nowak konstatiert: "Dieses Haus birgt einen besonderen Zauber in sich: Es zählt zu den wenigen erhaltenen klassizistischen Bauwerken Leipzigs und steht für den mutigen Versuch Neues zu wagen. Clara und Robert zogen hier mit einem für das 19. Jahrhundert enorm modernen Ehebild ein. Mit einem außergewöhnlichen Ausstellungskonzept ist uns eins der modernsten Musikerhäuser Deutschlands gelungen. Auch vor dem Hintergrund, dass im Schumann-Haus eine einzigartige Symbiose aus Museum, Veranstaltungsort und Ausbildungsstätte, der Freien Grundschule Clara Schumann, täglich mit Leben gefüllt wird.
Insgesamt sechs Räume in der Beletage des Hauses in der Inselstraße 18 umfasst die neue Dauerausstellung. Neben den bereits erwähnten Inhalten werden u. a. die von Leipzig aus begonnenen Konzertreisen nach Dänemark und Russland (u. a. mit einem Peppers Ghost einer Konzertszene und einem animierten Film über die Russlandreise) sowie die Ausbildung von Clara Schumann thematisiert. Außerdem erhalten die Besucher im Hörkabinett die Möglichkeit, Claras und Roberts in Leipzig komponierte Werke zu hören und zu studieren. Der bereits 2015 eingeweihte Klangraum von Erwin Stache lädt weiterhin zum musikalischen experimentieren ein.
Eröffnet wird die neue Dauerausstellung im Rahmen des Leipziger Festjahres CLARA19 mit einem Festakt für geladene Gäste an Clara Schumanns 200. Geburtstag, dem 13. September 2019. Es sprechen u. a. Sachsens Staatsministerin für Wissenschaft und Kultur Dr. Eva- Maria Stange und Schirmherrin von CLARA19, Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung u. a. vom Mendelssohn Kammerorchester unter der Leitung von Peter Bruns, der Urur-Urenkelin von Clara Schumann, Heike-Angela Moser, und der jungen Pianistin Isata Kanneh-Mason aus London. Am 14. September ist das Schumann-Haus bei freiem Eintritt von 10 bis 16 Uhr für alle Besucher geöffnet. Die Neugestaltung des Museums wird mit dem großen Inselstraßenfest gefeiert.
Zu den Förderern und Sponsoren der neuen Dauerausstellung im Schumann-Haus zählen: Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Sächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur, die Stadt Leipzig, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Sparkasse Leipzig, die Landesstelle für Museumswesen, die Europäische Stiftung der Rahn Dittrich Group für Bildung und Kultur, Rahn Education, die BW-Bank, die Mariann
Steegmann Foundation.
Über das Schumann-Haus
Ihre glücklichen ersten vier Ehejahre verbrachten Clara und Robert Schumann in dem von Friedrich August Scheidel 1838 im klassizistischen Stil errichteten Haus in der Inselstraße 18. An ihrem 21. Geburtstag bezogen die frisch Vermählten ihr erstes gemeinsames Domizil in einem aufstrebenden neuen Stadtteil, der sich zum Zentrum des Buchgewerbes entwickelte. Zahlreiche Verlage und Buchdruckereien siedelten sich an, darunter Breitkopf & Härtel und C. F. Peters sowie F. A. Brockhaus und Reclam. In der Wohnung begrüßte das Künstlerpaar regelmäßig berühmte Persönlichkeiten wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Liszt und Hector Berlioz. Hier komponierte Robert Schumann einige seiner bedeutenden Werke, beispielsweise den Liebesfrühling op. 37 zusammen mit Clara, die Frühlingssinfonie op. 38, die Dichterliebe op. 48 sowie sein Klavierquintett op. 44, das seine Frau im Gewandhaus uraufführte. 1999 kaufte die Rahn Dittrich Group das Haus und begann mit der Restaurierung nach denkmalpflegerischen Richtlinien. Gemeinsam mit der Freien Grundschule "Clara Schumann“ und dem Schumann-Verein Leipzig e.V. entstand ein einzigartiger Ort aus Museum, Veranstaltungsort und Ausbildungsstätte.