Musikvereine leiden besonders unter der aktuellen Corona-Situation. Das geht aus einer Erhebung des Hessischen Musikverbandes e.V. (HMV) hervor. Jeder zweite Verein steht spätestens nächstes Jahr vor dem finanziellen Aus, 76% der befragten Vereine bewerten die aktuelle Situation als schwierig bis existenzbedrohlich.
"Die Akzeptanz, Solidarität und das Verständnis bei den Musikvereinen für die Corona-Maßnahmen sind hoch, wenngleich die Maßnahmen die Vereine teils hart treffen“, so HMV-Präsident Christoph Degen und Verbandsgeschäftsführer Ruegenberg im Gespräch. "Wir würden uns allerdings wünschen, dass Entscheidungsträger aus Kommunal- und Landespolitik auch stärker im Fokus hätten, dass die in Kraft gesetzten Maßnahmen die Existenz vieler Vereine und Dirigent*innen bedrohen. Wir hören von ersten Dirigent*innen, die nun beispielsweise als Taxifahrer arbeiten und auch künftig nicht mehr in den Beruf zurückkehren werden. Gleichzeitig konnte vor dem jüngsten Teil-Lockdown nur jeder zweite Verein (47%) seinen Probenraum nutzen. Ohne Räume und Dirigenten fehlen aber die notwendigen Rahmenbedingungen für unsere ehrenamtlichen Musikerinnen und Musiker“.
Kultur müsse mehr wert sein, heißt es weiter aus dem Verband. Von den solo-selbstständigen Musiker*innen bis zu den Chören und Musikvereinen, die einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Grundversorgung – insbesondere im ländlichen Raum - leisteten. Die getroffenen Maßnahmen, wie beispielsweise das Landes-Programm zur Weiterführung der Vereinsarbeit, seien jedoch aufgrund der bisherigen Förderrichtlinien nicht dazu geeignet, Vereinen, die durch Konzertausfälle in finanzielle Schwierigkeiten geraten seien, unter die Arme zu greifen, denn: Konzertausfälle werden durch das Programm nicht berücksichtigt. Daher konnten von den verfügbaren Mitteln in Höhe von 3.000.000 € lediglich 210.000 € abgerufen werden – die weiterhin eingehenden Anträge von Musikvereinen werden gleichzeitig zu 80 % abgelehnt. Das passe einfach nicht zusammen und sei den Vereinen auch nicht vermittelbar, fährt Ruegenberg fort.
Große Erwartungen seien geweckt worden, als der Ministerpräsident im April erklärt hat, dass ausgefallene Einnahmen, die ein Verein beispielsweise über Turniere oder Vereinsfeste erzielt hätte und damit seine Ausgaben deckt, jetzt durch das Programm zum Teil kompensiert würden. "Auch wenn Vereine meist nicht so hohe Fixkosten wie ein Unternehmen haben, das Geld fehlt, um Jugendarbeit und vieles andere zu betreiben, das aus der Sicht mancher Verantwortlicher zwar nicht existenziell sein mag, aber dennoch Grundlage einer zukunftsfähigen Vereinsarbeit und des sozialen Zusammenhalts ist“, erklärt Christoph Degen, der seit fünfeinhalb Jahren den Hessischen Musikverband führt. Die Hürden, um von dem Programm zu profitieren, müssten gesenkt und eine Fortführung unter besseren Bedingungen im neuen Jahr abgesichert werden.
Der Verband appelliert nun an Entscheidungsträger auf Landes- und Kommunalebene, die spezifische Situation der Musikvereine stärker zu berücksichtigen und das Überleben der Vereine durch Bereitstellung geeigneter Probenräume, der Zusammenarbeit mit Schulen und finanziellen Hilfen zu sichern. Hierbei stehe man als Verband gerne jederzeit partnerschaftlich und beratend als Anlaufstelle zur Verfügung. Der Verband kündigte an, den Forderungen nach der dringend benötigten Unterstützung nun Taten folgen zu lassen. Es bleibt zu hoffen, dass die Kulturlandschaft auch hinsichtlich der Solo-Selbstständigen schnellstmöglich die benötigte Unterstützung erhält, sonst sehe die kulturelle Zukunft des Landes der Dichter und Denker im Amateurbereich düster aus.