Am Montag, den 30. März 2020 wird die Hochschule für Musik und Theater München (HMTM) das Ben Haim-Forschungszentrum feierlich eröffnen. Mit diesem Zentrum wird die HMTM in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zu einer umfassenden Erforschung der jüdischen Musikkultur im süddeutschen Raum und zur Musik NS-verfolgter Musiker*innen und Komponist*innen leisten.

»Ich freue mich sehr, dass die Gründung des Ben Haim-Forschungszentrums dank der gemeinsamen Initiative der Landeshauptstadt München und unserer Hochschule möglich geworden ist«, so Professor Dr. Bernd Redmann, Präsident der Hochschule für Musik und Theater München, zu der neuen Einrichtung. »Unsere Hochschule setzt sich kontinuierlich für eine lebendige Erinnerungskultur ein – das Ben Haim-Forschungszentrum wird auch dafür ein wichtiger Impulsgeber.«

»Das Kulturreferat der Stadt München unterstützt die Hochschule für Musik und Theater München bei der Gründung des Ben Haim-Forschungszentrums. Musik hat immer auch eine politische Dimension. Es gilt, diese rückblickend sowie für Gegenwart und Zukunft zu beleuchten. Das ist Teil unseres demokratischen Auftrags«, so Anton Biebl, Kulturreferent der Landeshauptstadt München.

Die Hochschule für Musik und Theater München sieht sich u.a. aufgrund ihres Hauptgebäudes an der Arcisstraße 12, einem ehemaligen Repräsentationsbau der Nationalsozialisten, in besonderer historischer Verantwortung: Im Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur und kritischen Auseinandersetzung beschäftigt sie sich in unterschiedlichen Formaten intensiv mit Musik verfolgter Komponist*innen sowie jüdischer Musik und kooperiert mit verschiedenen Institutionen wie dem Jewish Chamber Orchestra Munich, dem benachbarten NS-Dokumentationszentrum München oder dem Generalkonsulat des Staates Israel. Eine enge Zusammenarbeit mit der Jerusalem Academy of Music and Dance wurde 2018 begründet.

Das Ben Haim-Forschungszentrum wird seine Schwerpunkte insbesondere auf die Biographie- und Werkforschung NS-verfolgter Komponist*innen und Musiker*innen sowie auf das jüdische Musikleben im süddeutschen Raum legen. Die Forschungsergebnisse werden Wiederaufführungen und Dokumentationen von Werken ermöglichen und so die Aufführungs- und Editionspraxis stärken. Für allgemeinbildende Schulen sind die Herstellung von Education-Materialien und die Durchführung von Veranstaltungen zu den erforschten Themen geplant.

Namensgebend für das Forschungszentrum ist der Dirigent und Komponist Paul Ben-Haim (ge­bo­ren als Paul Frankenburger 1897 in München). Er ist Alumnus der HMTM (1920), war Assistent von Bruno Walter an der Münchner Oper und Kapellmeister in Augsburg. 1933 emigrierte er nach Palästina und wurde als Komponist und Dirigent einer der Gründerväter des israelischen Musik­lebens. Paul Ben-Haim starb 1984 in Tel Aviv.

Am 1. März 2020 hat der 1987 in Nürnberg geborene Tobias Reichard mit der Forschung am Ben Haim-Forschungszentrums begonnen. Nach seinem Studium der historischen Musikwissenschaft, italienischer Literaturgeschichte und Rechtswissenschaft war Tobias Reichard u.a. von 2014 bis 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg mit einer Dissertation zu den »deutsch-italienischen Musikbeziehungen unter Hitler und Mussolini vor 1943«. 2017 bis 2019 arbeitete Tobias Reichard als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth. Er ist Ko-Kurator der Ausstellung »Hitler.Macht.Oper« (Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg).

Das Ben Haim-Forschungszentrum ist eingebettet in den Bereich der historischen Musikwissenschaft der HMTM, der für alle Ausbildungsbereiche der HMTM relevant ist. Den Lehrstuhl hat zum 1. März 2020 Prof. Dr. Friedrich Geiger übernommen. Durch seine Forschungsschwerpunkte – u.a. die Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart sowie die Musik in Diktaturen – werden sich gewinnbringende Anknüpfungspunkte zum Ben Haim-Forschungszentrum ergeben.

Die feierliche Eröffnung des Ben Haim-Forschungszentrums wird am Montag den 30. März 2020 in der Hochschule für Musik und Theater München stattfinden. Anlässlich dieser Eröffnung ist das erste Konzert des diesjährigen Liedforums in Kooperation mit der Organisation »exil.arte Wien« als öffentliches Festkonzert gestaltet. Ein Schwerpunkt des diesjährigen Liedforums (30.3.-1.4.) liegt dabei auf den Werken der Exilkomponisten Walter Arlen und Robert Fürstenthal.

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