Taugt Martin Luther als musikalische Figur? Diese Frage beantwortet sich im Reformationsjahr 2017 fast von selbst. Anlässlich der Verkündung seiner revolutionären Thesen vor 500 Jahren in Wittenberg erklingt in Halle (Saale) als Weltpremiere das Oratorium "Luther“ des 46-jährigen argentinischen Komponisten Oscar Strasnoy.
Das Oratorium in der Regie von Andreas Morell ist ein Auftragswerk der Kunststiftung Sachsen-Anhalt und der Arthaus Musik GmbH. Das zeitgenössische Werk befasst sich mit dem Leben und Wirken von Martin Luther und stellt einen Höhepunkt in der Luther-Dekade dar. Die Uraufführung mit der Staatskapelle Halle und dem Ernst Senff Chor Berlin unter der Leitung von Michael Wendeberg findet am 22./23. Oktober 2017 im Rahmen des IMPULS-Festivals für Neue Musik in Sachsen-Anhalt in Halle (Saale) statt und wird von Arthaus Musik audiovisuell umgesetzt und produziert.
Strasnoys Opern wurden am Pariser Théâtre du Châtelet und der Oper Zürich ebenso gefeiert wie in Hamburg oder Berlin. Sein von der Staatskapelle Halle und dem Ernst Senff Chor Berlin präsentiertes neues Werk trägt ebenfalls theatrale-Züge. In acht Szenen schildert es die bewegte Zeit vom Reformationsjahr 1517 bis zum Reichstag zu Speyer 1529. Luthers Verteidigung seiner Kirchenkritik vor Papst Leo X. und dem deutschen Kaiser Karl V. bietet spannendes Konflikt-Potential. Es gibt sogar einen lokalen Bezug, wenn der verbannte Luther 1521 durch Halle flüchtet.
"In allen acht Szenen gibt es etwas von Bach und Luther. Luther war immer durch Bach filtriert. Bach zitiert Luther und ich zitiere Bach.“ – so Oscar Strasnoy über die Musik.
Das Libretto um den mutigen und zugleich egozentrischen Reformator verfasste der renommierte deutsche Schriftsteller Christoph Hein. In seinen Schauspielen setzte er sich bereits mit historischen Persönlichkeiten auseinander, so 1981 mit Oliver Cromwell. Für "Luther“ schrieb er facettenreiche Dialoge zwischen den Kirchen- und Staatsmännern, die ihre Positionen auch hinterfragen. Aus den Äußerungen des Volkes entwickelte Strasnoy einen anspruchsvollen Chorpart.
Eine elysische Engelsstimme begleitet die Aussagen Luthers. Auch seine Ehefrau tritt auf, die Nonne Katharina von Bora. In der Solistenriege singen u.a. die Sopranistin Josephine Renelt, die Altistin Nadia Steinhardt, der Countertenor Johannes Euler und der Tenor Michael Pflumm. Die Gesamtleitung hat Michael Wendeberg, der 1. Kapellmeister der Oper Halle. Der einstige Assistent von Daniel Barenboim und Leiter des Genfer Ensembles Contrechamps ist ein international anerkannter Spezialist für moderne Musik.
"Oscar Strasnoy ist einer der wenigen zeitgenössischen Komponisten der Humor hat. Das Oratorium ist eine unglaublich witzige und schöne Arbeit von ihm. Ein angenehmer Zeitgenosse war Luther sicherlich nicht. Er war arrogant - die einzige Möglichkeit so eine Reformation durchzusetzen. Es ist mein Blick auf Luther und die Welt.“ – so der Librettist Christoph Hein.
Die beiden Aufführungen des Luther-Oratoriums werden von Arthaus Musik aufgezeichnet, zudem ist eine DVD geplant. Der Filmregisseur Andreas Morell wird die beiden Konzerte in der Georg-Friedrich-Händel HALLE durch eine Lichtinstallation in Szene setzen und damit "die Konzertaufzeichnung visuell überhöhen."