Heute verleiht das Jüdische Museum Berlin zum 21. Mal den Preis für Verstän­digung und Toleranz. Die Aus­zeichnung geht in diesem Jahr an die Schrift­stellerin und Nobel­preis­trägerin Herta Müller und an den Theater- und Opern­regisseur Barrie Kosky. Die Laudatio für Herta Müller hält der Schrift­steller und Über­setzer Ernest Wichner, die für Barrie Kosky die Musik­kritikerin Julia Spinola. Hetty Berg, Direk­torin des Jüdischen Museums Berlin, wird die Preise über­reichen.

Das Jüdische Museum Berlin zeichnet mit dem Preis für Verstän­digung und Toleranz seit 2002 Persön­lichkeiten aus Kultur, Politik und Wirtschaft aus, die sich auf heraus­ragende Weise um die Förde­rung der Menschen­würde, der Völker­verständigung, der Integ­ration von Minder­heiten und des Zusammen­lebens unter­schiedlicher Religionen und Kulturen verdient gemacht haben. Der Preis wird tradi­tionell im Rahmen eines festlichen Dinners gemein­sam vom Jüdischen Museum Berlin und den Freunden des Jüdischen Museums Berlin verliehen. Im vergan­genen Jahr hatten Charlotte Knobloch, die Präsi­dentin der Israelitischen Kultus­gemeinde München und Oberbayern, und der Architekt Daniel Libeskind den Preis für Verstän­digung und Toleranz des Jüdischen Museums Berlin erhalten.

In der Begrün­dung für die Preis­verleihung an Herta Müller heißt es: „In ihrer schriftstelle­rischen Arbeit setzt sie sich intensiv damit auseinander, welche Gewalt Diktaturen kontinuierlich ausüben, indem sie Frei­heiten ein­schränken oder nehmen, die Würde von Menschen verletzen und sie trauma­tisieren. Darüber hinaus kritisiert sie deutlich die Macht­verhältnisse innerhalb von Familien und ethnischen Gruppen.“" Die Jury konstatiert weiter: "„Den Konzepten ‚Verständigung‘ und ‚Toleranz‘ kommt in einer Demokratie eine immense Bedeu­tung zu: Es geht um Vielfalt als Grundwert, um Aner­kennung und Respekt, um gegen­seitiges Verstehen und das Aus­halten anderer Über­zeugungen, um das Mitei­nander-Sprechen und das Mitei­nander-Leben. Was Herta Müller auszeichnet, ist eine klare Haltung zu diesen Werten, ihre Auf­fassung, dass die Begriffe stets und aus­schließlich im jeweiligen konkreten Kontext betrachtet werden müssten, in dem sie sich zu bewähren haben. Sie misst das Gewicht von Wort und Tat sehr genau.“

Barrie Kosky, der 2012 bis 2022 das Amt als Inten­dant der Komi­schen Oper Berlin innehatte, erhält den Preis, weil er zehn Jahre lang jüdische Kultur wieder auf die Bühne brachte: „Barrie Kosky hat vergessene Operetten jüdischer Kompo­nisten und Librettisten, die in der Weimarer Republik populär waren und das kulturelle Leben in Berlin vor 1933 prägten, wieder auf die Spiel­pläne gesetzt, darunter Paul Abrahams Ball im Savoy, Oscar Straussʼ Die Perlen der Cleopatra und Jaromir Weinbergers Frühlingsstürme. An den Auf­führungen waren damals auch jüdische Choreo­graph*innen und jüdische Sänger*innen beteiligt.“" Die Jury unterstreicht: "„Barrie Kosky ist eine heraus­ragende Künstler­persönlichkeit und steht mit seiner Arbeit wie als Person für deutsch-jüdische Gegenwarts­kultur und für deutsch-jüdisches Leben in Berlin, auch wenn er in den Interviews, die sein Juden­tum thematisieren, stets betont, dass er nur für sich spricht. Er eröffnete dem Publikum den Zugang zu einem weit­gehend vergessenen Bereich jüdischer Kultur.“

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