1989 wurde das Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM) als eine bis heute einzigartige Institution gegründet. Das ZKM ist das erste Museum, das die Kunst aller Medien und Gattungen ausstellt und sammelt, und das die Verflechtungen von Forschung und Produktion, Ausstellungen und Aufführungen, Archiv und Sammlung in solch großem Umfang aufgreift. In diesem Jahr feiert das ZKM sein 25-jähriges Jubiläum und blickt zurück auf über 300 Ausstellungen, 346 Publikationen, rund 500 GastkünstlerInnen und rund 4 Millionen Besucher. In Erinnerung an den Einzug 1997 in die neuen Räume, kehren die Pioniere des Elektropop KRAFTWERK für drei ausverkaufte Konzerte zurück ins ZKM.

Als Mitte der 1980er-Jahre die ersten Ideen zum ZKM aufkamen, zeichnete sich in Wissenschaft und Wirtschaft das massive Aufkommen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ab. Mit der Gründung einer neuen Institution wollte man KünstlerInnen die Möglichkeit eröffnen, mit den aufkommenden neuen Medien zu experimentieren, und die Bürger an den rasanten Entwicklungen der Technologien und deren künstlerisch-kritischen Reflexionen teilhaben lassen. Das neu geschaffene Zentrum sollte der Zukunft von Kunst und Medien und der Gesellschaft verpflichtet sein. In der Neugründung war von Anfang an die Offenheit des ZKM gegenüber Veränderungen angelegt. Es sollte der lebendige Dialog initiiert werden: zwischen Kunst und Gesellschaft, Kunst und Technologie, Kunst und Wissenschaft, Kunst und Wirtschaft, aber auch zwischen den Künsten selbst. Das ZKM sollte in alle Richtungen offen und flexibel sein, um durch wechselseitige Reflexion neue Strömungen möglichst früh aufnehmen zu können.

Der Aufbruch der Künste
Das theoretische Fundament des ZKM ist heute als Folge der Revolutionen der 1960er-Jahre zu sehen: der politischen und sozialen Revolutionen, der künstlerischen und technischen Revolution, der sexuellen Revolution, der feministischen Bewegung und der Rock- und Pop-Bewegung:

„Wenn wir uns fragen, was die wichtigsten Elemente der künstlerischen und technischen Revolution der 1960er-Jahre waren, lautet die Antwort: Die Einführung der Kunst der Handlung und der Aufstieg der neuen Medien.“
(Peter Weibel)

Die Handlungskunst, wie sie sich von den 60er bis in die 80er entwickelte, beschränkte sich bald nicht nur auf die Performance des Künstlers allein, sondern dehnte sich auf die Partizipation des Publikums aus. Interaktivität und Beteiligung des Publikums wurden zu einem wichtigen Instrument der künstlerischen und sozialen Rebellionen. Unterstützt wurden diese Aktionen durch die neuen Medien. Sie waren nicht nur Teil des erweiterten Bildbegriffs, sondern übernahmen ab 1960 und insbesondere ab 1990 eine führende Rolle bei der Veränderung des Werk- und Kunstbegriffes.

Gattungsübergreifende Kunstproduktion
Von Beginn an als Schwerpunkt des ZKM galt die Medien- und Videokunst. Bereits die Multimedialen zeigten vor dem Einzug in den Hallenbau interaktive Installationen, Virtual Reality, panoramatische Environments und elektronische Musik. Mit den Projekten zur Entwicklung der Netzkultur sowie Social Media (net condition, 1999) wurden aktuelle Themen und Probleme wie das Thema der Überwachung (CTRL [Space], 2002), den Wandel der Jugendkulturen (Coolhunters, 2005) oder die zunehmenden Handlungs- und Darstellungsmöglichkeiten des Einzelnen im Internet (YOU_ser. Das Jahrhundert des Konsumenten, 2007) vorweggenommen. Die Geschichte der interaktiven Kunst (Die algorithmische Revolution, 2004) wurde hierbei genausowenig ausgelassen wie die Forschung zur Konservierung und Restaurierung von Video und digitaler Kunst (40 jahre videokunst (2006), Digital Art Conservation 2010-2012). Neben zahlreichen monografischen Ausstellungen junger Künstler wie Olafur Eliasson (2001) und Erwin Wurm (2003), aber auch Harun Farocki (2004) und Elmgreen und Dragset (2009), die am ZKM ihre erste Museums(einzel)ausstellung in Deutschland erhielten, zeigte das ZKM 2004 auch Gego, die 2012 auf der documenta 12 vertreten war. Das ZKM hat in thematischen Grossausstellungen wie Iconoclash (2002) und FUTURE CINEMA (2002), Lichtkunst aus Kunstlicht (2006) oder bit International (2009) immer wieder Akzente gesetzt, deren Wirksamkeit in Nachfolgeausstellungen lesbar wurde. Mit einer Reihe von Ausstellungen zu Philosophen und Medientheoretikern wie Foucault (2002), Deleuze (2003), Virilio (2007) und Bense (2010), aber auch Jean Baudrillard, der das ZKM bis zu seinem Tod aktiv begleitete, baut das ZKM bis heute Brücken zwischen den Disziplinen. Die notwendige Auseinandersetzung mit Ökologie, dem Klimawandel oder Wissenschaft spiegelte sich in zahlreich besuchten Produktionen und Veranstaltungen wider, wie der Medienoper Amazonas (2005), und dem Symposium Molekulare Ästhetik (2011).

In den letzten Jahren rückten verstärkt gesellschaftlich-politische Themen in den Vordergrund – beginnend mit der legendären Ausstellung Making Things Public (2005) gemeinsam mit Bruno Latour, Global Contemporary (2011) bis zu Global Activism (2013). Dieses Themenspektrum wird sich in der GLOBALE 2015 fortsetzen.

Panorama der Revolutionen der 1960er-Jahre
Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums stellt das ZKM im Rückblick die zentralen Ideen, die zu seiner Gründung führten, anhand von Künstlerpositionen noch einmal vor. Mit der Ausstellung Beuys Brock Vostell (24. Mai–09. November 2014) zeigen wir die drei zentralen Vertreter der Aktionskunst in Deutschland, die programmatische Übereinstimmungen vorweisen und gemeinsam aufgetreten sind. Mit Claus Bremer: mitspiel. theater und poesie 1949−1994 (05. Juli–05. Oktober 2014) bringen wir in Erinnerung, wie zeitgleich zur Kunst im Theater die Idee des Mitspielens und die Beteiligung des Publikums Einzug hielt. Was Beuys, Brock, Vostell in Deutschland sind, verkörpert Jean-Jacques Lebel in Frankreich in einer Person. Der Aktivist Lebel hat in über sechzig Happenings seit 1960 das Spektrum des freien Ausdrucks in Malerei, Poesie und Aktionskunst erweitert. Für den Aspekt der Medienkunst haben wir den bedeutendsten Vertreter der amerikanischen Filmkunst ausgewählt: Jonas Mekas (365 Day Project, 26. Juli–09. November 2014). Er ist die zentrale Figur des unabhängigen amerikanischen Films seit den 1960er-Jahren. Mit Lynn Hershman (CIVIC RADAR. Lynn Hershman Leeson − die Retrospektive, 13. Dezember 2014–29. März 2015) zeigt das ZKM eine der wichtigsten Vertreterinnen der feministischen Revolution. Mit ihren Fotomontagen, Spielfilmen, (Video-)Installationen, Internetprojekten und zahlreichen medialen Performances hat sie entscheidende Beiträge zur Medienkunst geleistet.

Digitale Dependance: Die neue Website
Zeitgleich mit dem Rückblick auf die Wurzeln der Institution, ist mit dem Launch der neuen Website eine aktuelle technologischen Produktion zu sehen, die für den ständig zunehmenden medialen Informationsfluss eine neue Zugangsweise bietet – wie zum Beispiel mit dem Projekt ArtOnYour Screen (AOYS). Ein wesentliches Merkmal des neuen Konzepts der neuen Online-Dependance liegt in der vielfältigen Datenvernetzung und -kontextualisierung quer durch alle Bereiche der Website hindurch. Personen, Ausstellungen, Veranstaltungen, Produktionen, Publikationen, Werke, Videos und Audiodateien seit 1989 sind miteinander verschränkt. Verschiedene Schwerpunktthemen des ZKM und ein Schlagwortkatalog kontextualisieren die Inhalte weiter. Darüber hinaus gibt die Website erstmals Auskunft zur langen Liste an Personen, die das ZKM seit seiner Gründung gestalten und prägen. Laufend wächst dieses Archiv weiter und wird durch neue Inhalte ergänzt.

Neue Entwicklungen
Als Plattform für technische Innovationen präsentiert sich das ZKM auch am Jubiläumswochenende. Das ZKM | Institut für Bildmedien hat eine neue Art des Aufnehmens von Bildern und der Bildwiedergabe entwickelt: Die Technologie Motion Picture 2.0, die als Applikation auf dem eigenen Smartphone installiert werden kann. Das Revolutionäre: Die Orientierung der Kamera wird mit aufgezeichnet und anschließend im PanoramaLabor körperlich erfahrbar. Am Jubiläumswochende kommen die vollen Effekte der neuen Technologie erstmals in panoramischer Projektionsumgebung zur Entfaltung.
Eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten des Smartphones bietet der headflat, eine Entwicklung, die am 12. September im ZKM vorgestellt wird. Das Smartphone muss nicht mehr in der Hand gehalten werden, sondern wird in einer Halterung befestigt. Durch Körperbewegung können Augmented Reality Anwendungen oder interaktive Spiele gesteuert werden. Diese Entwicklungen machen sichtbar, dass das ZKM eine innovative, weltweit anerkannte Institution und zugleich immer noch Teil der Revolutionen ist, denen es seine Entstehung verdankt.

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