Der Deutsche Kulturrat positioniert sich zum Diskussionsentwurf Rundfunkkommission der Länder zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (hier einzusehen). Die aktuelle Stellungnahme des Deutschen Kulturrates kann hier angesehen werden.
Für alle künstlerischen Sparten (Musik, Darstellende Kunst und Tanz, Literatur, Bildende Kunst, Baukultur und Denkmalkultur, Design, Film und audiovisuelle Medien, Soziokultur und kulturelle Bildung) hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine große Bedeutung. Das gilt mit Blick auf die Berichterstattung über Kunst und Kultur aller Sparten, für die Beauftragung von Künstlerinnen und Künstlern der verschiedenen Sparten, für die Präsentation von Kunst und Kultur in den verschiedenen Programmen, für Kulturveranstaltungen, die Förderung junger Talente und anderes mehr.
Die Koexistenz und der Fortbestand des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks ist essenziell für die Zukunft der Medienlandschaft in Deutschland. Mit dem vorgelegten Diskussionsentwurf setzen die Länder den 2016 gestarteten Prozess zur Steigerung der Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fort. Der Reformprozess schließt eine Überarbeitung von Auftrag und Struktur der Rundfunkanstalten ein.
Angebot für alle
Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass im o.g. Vorschlag der Rundfunkkommission der Länder geschärft wird, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Angebot für alle unterbreiten muss und niemanden in der Gesellschaft ausschließen soll. Das schließt ein, dass die Mehrheitsfähigkeit des Programms nicht aus dem Blick geraten darf. Das gilt im Fernsehen insbesondere für Das Erste und das ZDF sowie im Radio für Hörfunkwellen, die breite Bevölkerungsschichten ansprechen.
Der Auftrag „alle zu erreichen“ bedeutet ebenfalls, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk kulturelle und künstlerische Angebote aller Sparten sowie eine entsprechende Berichterstattung bereithalten muss, die nicht dem breiten Publikum entsprechen.
Kultur im Programm
Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass im o.g. Diskussionsentwurf Kultur gleichrangig mit Bildung, Information und Beratung zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gezählt wird. Das bedeutet eine Aufwertung des Kulturauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Aus Sicht des Deutschen Kulturrates müssen Kultur-, Informations-, Bildungs-, Beratungs- und Unterhaltungsangebote den Besonderheiten eines gemeinwohlorientierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk entsprechen. Dies gilt für den Hörfunk, das Fernsehen und die Telemedienangebote gleichermaßen.
Der Deutsche Kulturrat fordert daher eine Änderung des Diskussionsentwurfs dahingehend, dass die öffentlich-rechtlichen Angebote Kultur, Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung dienen sollen. Unterhaltung soll, wie im geltenden Medienstaatsvertrag formuliert, einem öffentlich-rechtlichen Profil entsprechen. Daraus folgt, dass bei der Definition des Vollprogramms im Medienstaatsvertrag Kultur zu den genannten Bestandteilen Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung ergänzt werden muss.
Ausgewogenheit
Die Pressefreiheit sowie Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film sind grundgesetzlich verbrieft. Die Staatsferne ist für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk konstitutiv. Aus Sicht des Deutschen Kulturrates ist der vorgeschlagene Abs. 2 von § 26 im o.g. Diskussionsentwurf eine Überregulierung. Der Deutsche Kulturrat spricht sich daher dafür aus, am geltenden Wortlaut des Medienstaatsvertrags zur Ausgewogenheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks festzuhalten.
Verhältnis lineares und non-lineares Programm
Der Deutsche Kulturrat fordert, dass der Anteil an Eigenproduktionen sowie an inländischen und europäischen Produktionen gestärkt wird.
Der Deutsche Kulturrat unterstreicht, dass auch die non-linearen Angebote angemessen vergütet und hierfür entsprechende finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden müssen.
Gremien
Den Aufsichtsgremien, also Rundfunkräte, Fernsehrat des ZDF und Hörfunkrat vom Deutschlandfunk, werden im Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission der Länder weitergehende Aufgaben zugewiesen. Das hat Rückwirkungen auf die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien sowie auf erforderliche Maßnahmen zur Unterstützung der Arbeit.
Was die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien betrifft, fordert der Deutsche Kulturrat, dass die Zivilgesellschaft in den Gremien gestärkt wird und der Einfluss von Politik weiter zurückgedrängt wird. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen repräsentieren die Allgemeinheit und bieten den Blick von außen auf das Angebot, damit sind sie ein wichtiges Korrektiv zur Arbeit in den Sendern.
Der Deutsche Kulturrat fordert, dass die Aufsichtsgremien für diese Aufgaben auf wissenschaftliche Expertise und die Arbeit unabhängiger Institute verbindlich zurückgreifen können. Die Gremienbüros müssen personell und finanziell gestärkt werden. Ihre Unabhängigkeit muss gesichert sein.
Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass die Anstalten sich künftig in einem kontinuierlichen Dialog mit der Bevölkerung zu Qualität, Leistung und Fortentwicklung austauschen sollen. Der Deutsche Kulturrat fordert, dass in diesen Austausch die Aufsichtsgremien einbezogen werden.
Telemedienkonzepte
Der Deutsche Kulturrat begrüßt einen zeitlich befristeten Experimentierraum für die Rundfunkanstalten und die mögliche Verlängerung um weitere sechs Monate bei gleichzeitiger Einleitung des Drei-Stufen-Tests.
Überführung und Austausch von Programmen
Der Deutsche Kulturrat fordert, dass der Ausbau der nicht-linearen Angebote nicht dazu führen darf, Programme oder Sendungen, die bislang auf weniger Resonanz in der Zuhörer- oder Zuschauerschaft stoßen, im linearen Programm abgebaut und in die nicht-linearen Angebote verschoben werden. Gerade Kunst und Kultur aller Sparten muss im linearen Programm zu attraktiven Sendezeiten präsent sein. Nicht-lineare Angebote bieten eine sinnvolle Ergänzung und Vertiefung.
Mit Sorge sieht der Deutsche Kulturrat, dass die gemeinsamen Angebote von ARD und ZDF „Phoenix – Der Ereignis- und Dokumentationskanal“ und „Ki.Ka – Der Kinderkanal“ nicht mehr als Fernsehprogramme beauftragt werden. Dieses ist vermutlich dem Ziel der Beitragsstabilität geschuldet. Die Nicht-Beauftragung von „Phoenix“ und „Ki.Ka“ im linearen Fernsehprogramm kann dazu führen, dass sie in das nicht-lineare Programm überführt werden. Im Fall von „Ki.Ka“ kann dies zur Folge haben, dass eine nachwachsende Zuschauergeneration dem linearen Programm mangels Erfahrungen verloren geht.
Der Deutsche Kulturrat weist daher mit Nachdruck daraufhin, dass an erster Stelle der Auftrag steht und danach erst die Finanzierung. Sollte die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) zu dem Schluss kommen, dass zur Erfüllung des Auftrags ein höherer Beitrag erforderlich sei, muss dieser politisch durchgesetzt werden. Der Deutsche Kulturrat wendet sich entschieden gegen Auftragsreduzierungen zugunsten von Beitragsstabilität.
Der Deutsche Kulturrat fordert weiter, dass bei der Einstellung von Fernsehprogrammen bei Das Erste ein transparentes Verfahren unter Beteiligung der Rundfunkräte eingehalten wird.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk arbeitet nicht gewinn- sondern gemeinwohlorientiert. Das schließt ein, dass er sich an den sozialen und kulturellen Bedarfen der Gesellschaft orientieren muss und zu einem Beitrag zum demokratischen Diskurs im Gemeinwesen verpflichtet ist. Gemeinwohlorientierung verpflichtet in besonderem Maße auch zu einem fairen Umgang mit Personal und Auftragnehmern, dies schließt die angemessene Vergütung ein. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist einer der bedeutendsten Auftraggeber für Künstlerinnen und Künstler sowie Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft. Der Kulturbereich und der öffentlich-rechtliche Rundfunk sind symbiotisch miteinander verbunden. Deshalb ist der Kulturbereich von den von der Rundfunkkommission der Länder vorgeschlagenen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks existenziell betroffen.“