Facettenreiche 17 Tage, in denen mehr als 600 Künstler aus aller Welt in 50 Veranstaltungen an 24 verschiedenen Spielstätten in Dessau-Roßlau, Magdeburg, Halle (Saale) und Wörlitz zu erleben waren, liegen hinter dem Festspielpublikum. Unter dem Motto "Mut zur Erneuerung“ legte das vierköpfige Intendanz-Team – angeführt vom Berliner Konzertmanager Gerhard Kämpfe – in diesem Jahr den Schwerpunktauf die Parallelen zwischen den Avantgardisten des Bauhauses und Kurt Weill."Nun kommt natürlich Wehmut auf“, so Kämpfe, "denn eine für uns sehr positive Zeit geht zu Ende. Den Drei-Stufen-Plan, der vor meinem inneren Auge während jedes Festivals abläuft, konnten wir erfüllen – tolle Programmpunkte, die wie geplant abliefen und alles innerhalb des vorgegebenen Budgets. Für uns ist das ein Erfolg auf ganzer Linie und die positiven Äußerungen, sowohl von Zuschauern, als auch von Künstlern, geben uns Recht. Ich denke, wir konnten die Popularität des Kurt Weill Festes noch steigern und hinterlassen unserem Nachfolger eine gute Basis. Ich bin gespannt auf die Zukunft des Festivals und werde dem Team weiterhin gern mit Rat und Tat zur Seite stehen.“
Insgesamt zählten die Veranstalter in diesem Jahr 22.000 Besucher, was einem Besucheranstieg von 10% und damit einem erneuten. Besucherrekord entspricht.
Die Entwicklung, die das Kurt Weill Fest in seiner 27. Ausgabe durchlief, äußert sich jedoch nicht nur in Zahlen, vielmehr wurde sie in der Vielfalt der Sinneseindrücke in Kombination mit der Musik Weills spürbar. Auf den großen und kleinen Bühnen des Festivals waren mehr als 600 Künstler zu erleben –unter ihnen Größen wie Ute Lemper, Katja Riemann, Katharina Thalbach und Nils Landgren, sowie weitere etablierte Stars, aber auch diverse neue Formate mit Bezug auf das Festivalmotto und das hundertjährige Jubiläum des Bauhauses. "Diese Intendanz war ein Glücksfall für das Fest“, so der Präsident der Kurt-Weill-Gesellschaft Thomas Markworth.
Der Facettenreichtum des Festivals ist nicht zuletzt einem großen Stamm bereits lange verbundener Sponsoren und Förderer zu verdanken. Die Programme Ute Lempers als Artist-in-Residence ermöglichte LOTTO Sachsen-Anhalt. Die NORD/LB Landesbank für Sachsen-Anhalt präsentierte unter anderem die Eröffnungsrevue "WANTED –Dagmar Pecková alias Mackie Messer“. Das Wandelkonzert in der Bauhaussiedlung Dessau-Törten, das als völlig neue Lesart des Formats der Spurensuche begeisterte, ermöglichte die Ostdeutsche Sparkassenstiftung. Katja Riemanns Programm "Das Märchen vom letzten Gedanken“ konnte dank der Unterstützung der Stadtsparkasse Dessau realisiert werden. Mit "Bei mir bist du schön – Jews and Jazz“ unterstützten die Stadtwerke Dessau die Renaissance vergessener Klänge der Weimarer Republik.
Mit Ute Lemper konnte das Kurt Weill Fest 2019 als Artist-in-Residence eine Künstleringewinnen, die sich seit drei Jahrzehnten mit Kurt Weills Werken auseinandersetzt. Unter der Leitung von Markus L. Frank interpretierte sie zusammen mit der Anhaltischen Philharmonie in ihrem Auftaktkonzert "Sweet Dreams“ Werke von Kurt Weill, George Gershwin und Burt Bacharach.Im Steintor-Varieté Halle und im Anhaltischen Theater Dessau präsentierte Ute Lemper außerdem mit ihrem neuen Bühnenprogramm "Rendezvous with Marlene“ ihre ganz persönliche Hommage an die Künstlerin Marlene Dietrich. Es erklangen Werke von u.a. Friedrich Hollaender, Kurt Weill, Cole Porter, Jacques Brel und Bob Dylan, mit denen der Weltstar an beiden Abenden ihr Publikum mehr als begeisterte.
Ergänzend dazu sprach Lemper mit Intendant Gerhard Kämpfe im "Festival-Café“ über ihre ganz persönliche Beziehung zur Musik Weills, aber auch über ihre Wahlheimat Amerika und Politisches. Nicht nur einmal war aus Zuschauerkreisen zu hören, dass Ute Lemper "mehr als zurecht als Artist-in-Residence geehrt wurde“.
Diverse Veranstaltungenim Kontext des hundertjährigen Bauhausjubiläums begeisterten gleichermaßen Publikum wie Künstler – nicht zuletzt dank der Einzigartigkeit der Spielstätten.Das Phänomen der Synästhesie, besser bekannt als das Erzeugen von Farbeindrücken durch Töne oder von Klangeindrücken durch Formen oder Farben, wurde durch Veranstaltungen, die Musik und Licht miteinander verbanden, für die Zuschauer zur Realität. Besonderes Highlight war dabei die Entdeckung des DB-Werks Dessauals außergewöhnliche Spielstätte. Guido Petzold und Egbert Mittelstädt, Licht-und Mediendesigner, entwickelten ein Lichtkonzept, um die Umsetzung des Farbklaviers, für das Komponist Alexander Skrjabin sein Werk "Prométhée. Le Poème du feu, op. 60“ unter anderem arrangierte, ins Heute zu transportieren. Gemeinsam mit Solist Joseph Moog, einem der spannendsten jungen Pianistenunserer Zeit, dem Opernchor des Anhaltischen Theaters Dessau und der Anhaltischen Philharmonie Dessau unter Leitung von GMD Markus L. Frankkonnten so die Töne gleichermaßen sichtbar gemacht werden wie Skrjabin sie in seinem Inneren erblickt haben muss. Weills, von David Drew arrangierte, Hommage an die Eisenbahn und ihren Einfluss auf das Leben, die in Weills Werken verwirklicht wurde, fügte sich wie selbstverständlich in die mehr als passende Location.
Das 28. Kurt Weill Fest findet vom 28. Februar bis 15. März 2020 unter neuer künstlerischer Leitung statt. Intendant Jan Henric Bogen stellt das Kurt Weill Fest 2020 unter das Motto "Was sind Grenzen?“. Kaum ein anderer Künstler eignet sich für dieses Thema besser als der Namensgeber des Kurt Weill Festes. Weill ging sein Leben lang über Grenzen: über künstlerische, geographische, politische, religiöse und soziale. Als Jude, Künstler und Querdenker musste er das Deutschland des aufkommenden Nationalsozialismus verlassen. Aber auch in den Rängen der "ernsten“ Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts war kein Platz für jemanden, der sich bewusst dem Melodischen, Harmonischen und Formalen zuwandte — schon gar nicht, als Weill sich bewusst der "Unterhaltung" am Broadway verschrieb. Zu den Programmhighlights des Kurt Weill Fests 2020 wird u.a. eine Kurt Weill Gala der Anhaltischen Philharmonie mit Startenor Rolando Villazón, der sein Debüt beim Kurt Weill Fest geben wird, gehören. Ebenfalls zu Gast: Meister-Chansonnier Tim Fischer, der nichtviel mehr braucht, als ein Klavier und ein Spotlight, um einen Saal vorzüglich zu unterhalten. "Unknown, I live with you“ heißt eine packende Opernproduktion des polnischen Regisseurs Krystian Lada, der unlängst mit dem Mortier Next Generation Award ausgezeichnet wurde. Der Abend basiert auf den Texten anonymer afghanischer Frauen und handelt von Begrenzung und Ausgrenzung. Großes Theater macht auch Barrie Kosky, der australische Intendant der Komischen Oper Berlin. Seine Produktion "Farges mihk nit“ beleuchtet die jüdische Operette zu Kurt Weills Lebzeiten und bringt den quirligen Kosky als Pianist und Entertainer höchstpersönlich auf die Bühne. Ein großes partizipatives Projekt zu einem Werk Weills ist gemeinsam mit dem Kollektiv dorisdean in Planung, außerdemeine Zusammenarbeit mit dem Landesjugendorchester Sachsen-Anhalt. Konzerte großer Klangkörper wie etwa desMDR Rundfunkorchesters, der Anhaltischen Philharmonie und des BundesJazzOrchesters, dürfen ebenso wenig fehlen wie kleinere Kammerformate. Das noch junge Babylon Orchestra, das unter anderem geflüchteten Musikern ein neues Zuhause bietet, wird sich auf seine einzigartige Art und Weise mit dem wohl bekanntesten Jubilar des Jahres 2020, Ludwig van Beethoven, auseinandersetzen. Kooperationspartner werden unter anderem das Anhaltische Theater, das Theater Magdeburg, die Komische Oper Berlin und die Opera Vlaanderen sein.