Das Land der Dichter, Denker und Komponisten droht zur musikalischen Diaspora zu verkommen: Musikmachen verliert zusehends in Deutschland an Bedeutung. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse der Studie „Musizieren und Musikinstrumente in Deutschland“, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. In nur noch 17,7 Prozent aller deutschen Haushalte, das ergab die von der SOMM – Society Of Music Merchants e.V. in Auftrag gegebene Konsumentenbefragung, wird tatsächlich ein Musikinstrument gespielt.
Noch im Jahr 2008 hatte bei einer ähnlichen Erhebung gut ein Viertel aller Befragten angegeben, dass zumindest ein Haushaltsmitglied ein Instrument beherrscht. „Wir halten diesen Rückgang um nahezu ein Drittel für signifikant“, kommentiert SOMM-Geschäftsführer Daniel Knöll die Ergebnisse. „Die aktuelle Studie weist nach, dass die Deutschen immer weniger Musik machen. Wenn sich der Trend so fortsetzt, wird die musikalische Ausbildung als Teil der ganzheitlichen Bildung verkümmern. Das wäre ein unschätzbarer Verlust für ein Land wie Deutschland mit seiner kulturellen Tradition.“
Für die von der unabhängigen Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) durchgeführte Studie wurden mehr als 11.000 Personen befragt. Die gaben an, dass zwar in jedem dritten Haushalt (33,1 Prozent) noch ein Musikinstrument vorhanden ist, diese aber kaum noch gespielt werden: In sieben Millionen der deutschen Haushalte verstauben Instrumente unbenutzt.
„Außerdem haben wir herausgefunden, dass in kinderreichen Haushalten sehr viel mehr musiziert wird als in kinderlosen und dass die Lust am Musikmachen zwar mit dem Bildungsgrad steigt, aber nicht abhängig ist vom Einkommen“, listet Knöll weitere überraschende Erkenntnisse der Erhebung auf. Ein weiterer Beleg dafür, dass Kosten kein Argument gegen das aktive Musizieren sind: Nur 2,7 Prozent jener, die zwar begonnen haben ein Instrument zu erlernen, aber nun nicht mehr spielen, gaben an, dass ihnen das Instrument selbst zu teuer gewesen sei.
Die Gründe für den negativen Trend liegen woanders und sie sind vielfältig, das ist der vielleicht wichtigste Befund der GfK-Erhebung. Ein zentrales Problem, das die Studie nachweist: Zwar beginnen immer mehr Kinder früh mit einem Instrument, aber immer weniger bleiben dann auch auf Dauer dabei. „Hier gibt es offensichtlich Versäumnisse“, erklärt Knöll für die SOMM, den Spitzenverband der Musikinstrumenten- und Musikequipmentbranche, „vor allem an den Schulen. Die Unterrichtsformen scheinen nicht mehr zeitgemäß zu sein“. Nur 17,4 Prozent der Befragten, die aktiv musizieren, haben ihr Instrument im Schulmusikunterricht erlernt. Dabei wäre es wichtig, die kindliche Begeisterung möglichst früh zu nutzen: Über zwei Drittel der Befragten, genau 68,9 Prozent, gaben an, mit ihrem Instrument bis zum elften Lebensjahr, also noch vor dem Ende der Grundschulzeit, begonnen zu haben. Für Daniel Knöll gibt es vor allem eine wichtige gesellschaftliche Botschaft, die sich aus der SOMM-Studie ergibt: „Zum einen lassen sich Kinder leicht für das Musizieren begeistern zum anderen fördert Musizieren nachweislich die Kreativität und Disziplin des Kindes und prägt zeitgleich auch die Teamfähigkeit und das Sozialverhalten. Deshalb müssen wir alles daran setzen Kinder den Zugang zum Musikinstrument zu ermöglichen, um Bildung und die kulturelle Vielfalt in Deutschland zu sichern.“
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