Mitglieder der Blechbläsergruppe des Oldenburgischen Staatsorchesters (Ausschnitt).
Mitglieder der Blechbläsergruppe des Oldenburgischen Staatsorchesters (Ausschnitt).  
Foto:  Marcos Schröder

Tuba, Pauke und Kontrabass werden im Orchester mehrheitlich von Männern gespielt. Welche Erfahrungen machen Frauen an diesen Instrumenten? Vier Orchestermusikerinnen berichten.

MIZ: Sie alle spielen Instrumente, die mehrheitlich von Männern gespielt werden. Maya und Nina Valcheva, Sie spielen Kontrabass bei den Stuttgarter Philharmonikern, Nina als stellvertretende Solokontrabassistin; Daniela Schneider-Rychly, Sie sind Solo-Paukistin der Norddeutschen Philharmonie Rostock; und Ruth Ellendorff, Sie spielen Tuba beim Oldenburgischen Staatsorchester – als eine von zwei Tubistinnen, die es in den 129 öffentlich finanzierten Orchestern in Deutschland gibt. Wie ist es zu Ihrer Instrumentenwahl gekommen?

MAYA VALCHEVA: Das war Zufall. Nina und ich haben früher Klavier gespielt und wollten auf ein Musikgymnasium. Dort waren aber die Klavierplätze schon belegt, und wir mussten uns ein anderes Instrument aussuchen. Die Nichte unserer Klavierlehrerin war Kontrabassistin und hat uns in das Konzert ihrer Abschlussprüfung eingeladen. Das hat uns so gut gefallen, dass wir uns entschieden haben, Kontrabass zu spielen.

NINA VALCHEVA: Ohne nachzudenken, dass man das Instrument auch mal schleppen muss! Zu Hause hatten wir dann nur ein Instrument und mussten uns zum Üben abwechseln.

MIZ: Sie kommen aus Bulgarien. Spielen dort mehr Frauen als hier Kontrabass?

NINA VALCHEVA: Ja, es gibt erstaunlicherweise insgesamt mehr Frauen, die das Instrument spielen, vor allem in den letzten Jahren. Wir hatten damals auch nie den Gedanken, dass sei ein „Männerinstrument“.

MIZ: Ruth, wie war das bei Ihnen mit der Instrumentenwahl?

RUTH ELLENDORFF: Mein Vater war Hobbyposaunist. Weil aus seiner Clique, mit der er bei Geburtstagen und ähnlichen Gelegenheiten gespielt hat, immer wieder kurzfristige Absagen kamen, mussten wir als Familie herhalten. Meine drei Geschwister und ich haben nach und nach alle Blechblasinstrumente gelernt, damit mein Vater sein Blechbläserquintett hat, bei dem niemand so einfach absagen kann.
Wir waren auch alle in unserer Kirchengemeinde im Posaunenchor – Bielefeld hat eine sehr große Posaunenchorszene. Ich habe erst Tenorhorn gelernt und dann ein paar Jahre Bariton gespielt. Mit 13 habe ich zur Tuba gewechselt, weil mein Lehrer in der Musikschule in Gütersloh ein Blechbläserensemble hatte und jemanden brauchte, der das Instrument spielt.
Für mich war es von Anfang an normal, dass Frauen Blechblasinstrumente spielen. In der Posaunenchorszene gibt es auch durchaus Frauen, die Tuba spielen. Das Ganze hat dann eine Eigendynamik bekommen: Ich habe im Jugendorchester gespielt, in der Schulbigband und bei "Jugend musiziert" mitgemacht. Die Instrumentenwahl habe ich nie bereut – höchstens, wenn ich mit zwei Tuben Zug fahren musste.

DANIELA SCHNEIDER-RYCHLY: Bei mir war es ganz ähnlich wie bei Ruth, ich bin da ebenfalls reingewachsen. Ich komme aus einer Schlagzeugerfamilie: Mein Vater war Schlagzeuger in der Radiophilharmonie in Hannover, meine Mutter ist freischaffend und unterrichtet Schlagzeug, und inzwischen sind auch meine beiden Schwestern Schlagzeugerinnen.

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Ruth Ellendorff, Tubistin des Oldenburgischen Staatsorchesters, mit Kollegen auf dem roten Teppich.
Ruth Ellendorff, Tubistin des Oldenburgischen Staatsorchesters, mit Kollegen.  
Foto:  Stephan Walzl

MIZ: Sind Sie mit Ihrer Instrumentenwahl auch mal auf Unverständnis gestoßen?

NINA VALCHEVA: Nein, wir sind oft eher auf Bewunderung gestoßen, etwa bei Zugfahrten. Oder als wir in den Studentenjahren als Duo aufgetreten sind – da war die Begeisterung schon sehr groß.

MAYA VALCHEVA: Es gibt immer mehr Frauen, die "Männerinstrumente" spielen. Aber als ich in Stuttgart angefangen habe, war ich die erste fest angestellte Frau in der Kontrabassgruppe bei den Philharmonikern. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und hatte nie Probleme oder Nachteile den Männern gegenüber – sogar im Gegenteil.

ELLENDORFF: Kenne ich auch! In Oldenburg war ich am Anfang ein kleiner Exot in der Gruppe, aber ich habe nur positive Rückmeldungen gehabt.
Als ich früher einmal als Aushilfe gespielt habe, habe ich das aber auch anders erlebt. Da gab es einen Kapellmeister, der mich nicht kannte und mich offenbar für eine Studentin hielt – ich sah immer etwas jünger aus als ich bin. Bei einer Probe habe ich mich ein bisschen verspielt. Daraufhin hat er sofort abgebrochen und sich an die Blechbläserkollegen gewendet und gefragt, ob ich denn klarkomme und ob man mir einmal helfen könne. Das ging so weit, dass er alle gesiezt hat und nur mich geduzt. Aber darüber habe ich im Endeffekt gelacht.

NINA VALCHEVA: Ich habe in sehr vielen großen Orchestern als Aushilfe gespielt. Die meisten Kollegen waren stets sehr professionell und freundlich. Es gab aber auch Ausnahmen – ein paarmal habe ich eine gewisse Skepsis gespürt, manchmal wurden meine Ansagen angezweifelt und nicht umgesetzt. Zum Glück war das nur selten der Fall und ehrlich gesagt hat mich so ein Benehmen nur noch mehr motiviert, mein Bestes zu geben.

SCHNEIDER-RYCHLY: Ich habe eigentlich generell tolle Reaktionen gehabt. Vielleicht ist es auch manchmal von Vorteil, dass man als Frau unter den männlichen Kollegen einfach auffällt.

„Für mich war es von Anfang an normal, dass Frauen Blechblasinstrumente spielen.“
Autor
Ruth Ellendorf

MIZ: Wie waren die Probespiele?

ELLENDORFF: Ich bin mehrmals nicht zu Probespielen eingeladen worden. Ich glaube, es gibt Gruppen, die wollen keine Frauen im Blech.

SCHNEIDER-RYCHLY: Ich war von 1998 bis 2000 Akademistin bei den Berliner Philharmonikern; davor habe ich nicht überall Einladungen bekommen, danach musste ich aufgrund meines Lebenslaufs eigentlich eingeladen werden. Etwas unangenehm war nur ein Probespiel. Da stand der Ex-Paukist neben mir und hat fast seine Hand auf meiner Schulter gehabt und beim Einspielen noch Unterricht mit mir gemacht. Das hatte etwas Paternalistisches an sich.
Einmal wurde ich auch nicht eingeladen und habe auf Nachfrage von dem Paukisten die Auskunft erhalten, die Mehrheit des Orchesters wolle keine Frau an dieser Position. Ich habe nachgehakt, ob er eine Abstimmung diesbezüglich durchgeführt habe – was natürlich nicht erlaubt gewesen wäre. Daraufhin hat er sich herausgeredet – ich glaube, es war einfach sein Problem.
Bei allen anderen Probespielen habe ich keine Schwierigkeiten gehabt und bin auch in weitere Runden gekommen. In Rostock waren wir sogar zwei Frauen im Stechen.

ELLENDORFF: Wir hatten vor einem Jahr Probespiel für Soloposaune, und die Hälfte der Kandidat*innen waren Frauen. Da waren ganz tolle dabei! Im Endeffekt haben wir uns zwar für einen Mann entschieden, aber einfach, weil er die beste Leistung gebracht hat. Wir machen keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen.

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Foto von Nina und Maya Valcheva, Kontrabassistinnen bei den Stuttgarter Philharmonikern; Nina als Stv. Solo-Kontrabassistin.
Nina und Maya Valcheva, Kontrabassistinnen bei den Stuttgarter Philharmonikern; Nina als Stv. Solo-Kontrabassistin.  
Foto:  Jürgen Altmann

MIZ: Es gibt dennoch über 95 Prozent Männer in der Posaune.

ELLENDORFF: Das hätte ich nicht gedacht. Ich glaube, das ändert sich im Moment sehr stark.

NINA VALCHEVA: Ich habe fast immer gute Erfahrungen bei Probespielen gemacht. Die meisten Orchester sind sehr fortschrittlich und offen – man hat nicht das Gefühl, Männer und Frauen werden unterschiedlich behandelt. Mir sind nur zwei Sätze von Probespielen in ziemlich großen Orchestern im Kopf geblieben, wo das etwas anders war. Bei dem einen Mal war ich in der letzten Runde. Da wurde das Probespiel abgebrochen und mir wurde mitgeteilt, ich solle lernen, ein bisschen härter zu spielen, wie ein Mann, mein Ton solle kratziger, männlicher sein. Ein anderes Mal hat man mir gesagt, ich solle beim Probespiel nichts Kurzärmeliges tragen, weil man dann meine schlanken Arme sieht und sich das eher zu meinem Nachteil auswirkt.

MAYA VALCHEVA: Ich glaube, bei Soloprobespielen ist es etwas extremer. Daher ist es das Gute in unserem Orchester, dass zumindest die ersten Runden der Probespiele hinter einem Vorhang stattfinden; man kann also nicht sehen, ob ein Mann oder eine Frau spielt, man hört nur, ob es gut oder schlecht ist. Ich persönlich hatte keine schlechten Erfahrungen.

ELLENDORFF: Wenn das Probespiel ohne Vorhang ist, kann das auch ein Vorteil sein. Denn wenn von 25 Leuten, die vorspielen, 24 Männer sind, fällst du als Frau einfach auf. Ich war fast immer die einzige Frau im Probespiel. Ich merke das auch jetzt, wenn ich auf der anderen Seite sitze: Spielt ein Mann nach dem anderen vor, verschwimmt der Eindruck irgendwann. Kommt jemand, den man so gar nicht erwartet hat, hören die Leute wieder zu.

MIZ: Wie ist die Situation bei höheren Dienststellungen? Bewerben sich mehr Männer?

SCHNEIDER-RYCHLY: Ich weiß nicht, wie viele Frauen sich auf Solostellen bewerben, aber für eine Solostelle muss man auch geschaffen sein. Wenn ich schon Kinder gehabt hätte – ich weiß nicht, ob ich mich für die Soloposition entschieden hätte. Die Dienstzeiten sind schon nicht so familienfreundlich, und man ist in einer sehr präsenten Position.
Möglicherweise spielt es bei der Besetzung auch eine Rolle, dass Männer immer noch im Kopf haben, dass eine Frau irgendwann schwanger werden könnte und dann ausfällt. Das war jedenfalls ein Argument in der Generation meiner Eltern. Meine Eltern haben Anfang der 1970er Jahre parallel Probespiele gemacht. Mein Vater hat immer eine Einladung bekommen, meine Mutter nie.

MIZ: Welche Erfahrungen haben Sie denn gemacht mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

SCHNEIDER-RYCHLY: Ich habe das Glück, dass mein Mann kein Musiker ist. Wenn er nach Hause kommt, gehe ich meist los, wir geben uns fast die Klinke in die Hand. Ich muss mich also nicht auch noch um die Betreuung der Kinder kümmern. Ich weiß nicht, wie das meine Kollegen schaffen, bei denen beide im Orchester spielen.

ELLENDORFF: Ich habe auch viele männliche Kollegen, die Elternzeit nehmen und sich um die Kinder kümmern, wenn die Frau Dienst hat.

MAYA VALCHEVA: Ich habe zwei Kinder, und man muss es sehr gut organisieren. Bei mir haben die Kollegen meist sehr viel Verständnis. Aber es ist viel stressiger als früher, als man noch ohne Probleme auf Tournee gehen konnte.

MIZ: Haben Sie das Gefühl, Frauen haben es auf Führungspositionen schwerer, akzeptiert zu werden?

NINA VALCHEVA: Nein, eigentlich gar nicht. Solange man seine Leistung bringt, gibt es keine Probleme.

SCHNEIDER-RYCHLY: Die Schwierigkeit besteht darin, die Stelle erst einmal zu bekommen. Es gibt nach wie vor Gruppen in Orchestern, in denen keine Frauen sitzen, und da werden wahrscheinlich auch demnächst keine sitzen, egal, wie viele sich bewerben. Wenn die Position erst einmal erreicht ist, ist es nicht mehr problematisch. Auch ich musste mich in den ersten Jahren erst einmal durchsetzen, wenn es Stellen gab, bei denen es von der rhythmischen Logik her sinnvoll gewesen ist, auf die Pauke zu achten.

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Daniela Schneider-Rychly, Solo-Paukistin der Norddeutschen Philharmonie Rostock am Instrument.
Daniela Schneider-Rychly, Solo-Paukistin der Norddeutschen Philharmonie Rostock.  
Foto:  Dorit Gätjen

MIZ: Wie war es im Studium? Gab es viele Frauen in Ihrem Studiengang?

ELLENDORFF: Ich habe mit einigen Tubistinnen studiert, die haben aber in der Regel später Instrumentalpädagogik gemacht oder Lehramt.

NINA VALCHEVA: Bei uns in Stuttgart waren es wir beide und noch eine koreanische und eine deutsche Studentin.

MIZ: Sind Sie von den Lehrenden anders behandelt worden?

NINA VALCHEVA: Unser Professor war genauso streng mit uns wie mit den Männern, nur hat er es etwas sanfter verpackt. Er wurde nie so laut im Unterricht.

SCHNEIDER-RYCHLY: Wir waren vier Frauen: zwei Polinnen, eine Japanerin, die jetzt in Mannheim spielt, und ich. Die Lehrer haben uns komplett gleichwertig behandelt; der Unterricht war genauso streng.
Es war immer wichtig, beim Instrumententransport mit anzupacken, auch, um den Männern zu zeigen, dass wir uns nicht drücken. Wenn mal etwas zu schwer war, hat man sich geholfen. Da haben die Männer die Pauken geschleppt und wir den vielen Kleinkram. Das hat sich ausgeglichen. Dadurch war es eine schöne Atmosphäre und sehr gleichberechtigt.

ELLENDORFF: Mir fällt noch eine Geschichte von meiner Aufnahmeprüfung ein. Ich hatte mich in Essen beworben und wurde direkt genommen. Am nächsten Tag bin ich auch noch zur Aufnahmeprüfung an eine andere Musikhochschule gefahren. Ich habe nicht schlecht gespielt, aber der Professor hat mir gesagt, Ruth, das hat jetzt nicht gereicht, deine Lunge ist einfach zu klein, du wirst nie professionell Tuba spielen, aber du kannst ja Schulmusik machen.

„Es gibt nach wie vor Gruppen in Orchestern, in denen keine Frauen sitzen, und da werden wahrscheinlich auch demnächst keine sitzen, egal, wie viele sich bewerben.“
Autor
Daniela Schneider-Rychly

MIZ: Kurios! Aber davon abgesehen: Inwiefern spielt das Körperliche bei Ihren Instrumenten eine Rolle?

SCHNEIDER-RYCHLY: Natürlich ist es auch eine Frage der Kraft, daraus muss man gar kein Geheimnis machen. Uns ist daher von Anfang an mitgegeben worden, dass Fitness und Sport genauso zum Üben gehören.

ELLENDORFF: Bei der Tuba ist es auch so: Große Männer mit einer großen Lunge haben schon einen Vorteil. Wir brauchen wahnsinnig viel Luft, und ich muss häufiger atmen; das muss ich mit Technik und Sport ausgleichen: laufen, schwimmen, Atemübungen. Man muss dafür arbeiten, mehr Luft zu haben.
Ich habe mich irgendwann dagegen entschieden, weiter Probespiele zu machen, denn wenn man in einem Riesenorchester ist, muss man, glaube ich, einfach auch lauter spielen können. Für Oldenburg passt es gut, wir haben keinen so riesigen Saal.

SCHNEIDER-RYCHLY: In Rostock ist es ähnlich; hier passt es von der Kraft her für mich wunderbar. Ich habe es aber auch geliebt, einmal Konzerte im Nationaltheater in Mannheim zu spielen – wie laut schon im Probensaal gespielt wurde! Zuerst wusste ich nicht, wie ich das mit der Kraft schaffen sollte, aber es hat so einen Spaß gemacht und ging dann auch. Ich bin aber glücklich, dass ich nicht immer so viel geben muss. Es geht schon auch an die Substanz.

MIZ: Wie ist es beim Kontrabass?

NINA VALCHEVA: Wenn ein Mann einen doppelt so kräftigen Arm hat wie ich, kommt selbstverständlich ein kräftigerer Ton raus. Das ist einfach so, aber durch Fitness und eine bestimmte Technik kann man das auch erreichen. Man muss sich auf jeden Fall bewusst sein, dass man viel in die körperliche Fitness investieren muss, gerade als kleine und zierliche Frau. Allerdings kommt es ja auch nicht nur auf die Lautstärke an. Ich habe seit 14 Jahren einen Lehrauftrag an der Musikhochschule in Stuttgart und habe schon viele unterschiedliche Studenten erlebt. Natürlich muss man laut spielen können und auch die Ausdauer haben. Aber ein schöner, samtiger Klang kann genauso beindruckend sein.

MIZ: Wie ist Ihre Erfahrung mit dem musikalischen Nachwuchs? Warum wählen weibliche Jugendliche die Instrumente, die Sie spielen, weniger häufig als männliche?

SCHNEIDER-RYCHLY: Auf einen Aspekt hat mich meine Mutter gebracht: Früher gab es einfach keine Vorbilder. Meine Mutter hat erst Klavier studiert, fand das Schlagzeug aber faszinierend. Damals fing es gerade an, dass man das Instrument auch studieren konnte. Sie hat dort aber immer nur Männer gesehen, auch im Orchester, und bekam den Eindruck, das spielen nur Männer. Daher hat sie sich zuerst gar nicht getraut zu fragen, ob sie wechseln kann.
Ich glaube, das ist immer noch ein Problem. Es gibt zwar schon viele Frauen, aber immer noch nicht genügend im Orchester, damit es selbstverständlich ist, dass Mädchen Schlagzeug und Pauke spielen. Seitdem ich in Rostock bin, haben mir schon viele Eltern gesagt, dass ihr Kind explizit Pauke spielen möchte. Auch Mädchen wollen jetzt öfter Schlagzeug lernen, weil sie mich in den Kinderkonzerten sehen und es als normal empfinden, dass eine Frau ein Schlaginstrument spielt.

ELLENDORFF: Ich habe ein paar Privatschüler in Oldenburg. Dort gibt es in den Schulen relativ viele Bläserklassen. Da kommt es ein bisschen auf den Zufall an, welches Kind welches Instrument lernt, obwohl sie Präferenzen angeben können. 30 Prozent meiner Schüler*innen sind Mädchen. Für die ist es nicht komisch, Tuba zu spielen. Sie sind ja nicht die einzigen und haben außerdem Unterricht bei einer Frau.
Häufig ist es den Kindern gar nicht bewusst, dass es als komisch angesehen werden könnte, als Mädchen Tuba zu spielen. Den Hinweis, dass sie auch auf Ablehnung stoßen könnten, verstehen sie nicht, weil es für sie völlig normal ist, in der Bläserklasse das Instrument zu spielen. Der gesellschaftliche Aspekt, es als etwas Merkwürdiges anzusehen, kommt erst später.
Etwas anderes ist es, ihnen zu raten, das Instrument auch zu studieren, weil es so wahnsinnig wenig Stellen gibt. Ob das einen Jungen betrifft oder ein Mädchen, ist aber egal, weil die meisten Professoren und die meisten Gruppen sehr offen sind. Ich glaube, dass das wirklich im Wandel ist.

NINA VALCHEVA: Ich habe schon einige Frauen unterrichtet, die Probespiele gemacht haben oder gerade machen, und ich gebe ihnen jedes Mal mit: Man muss einfach der Beste auf seinem Instrument sein, alles auf dem höchsten Niveau vorbereiten und vortragen und auch noch Spaß dabei haben. Dann stehen die Chancen gut, egal, ob man ein Mann oder eine Frau ist.  

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview fand am 5. Februar 2021 statt.
Die Fragen stellte Karin Stoverock.

Ruth Ellendorf ist Tubistin im Oldenburgischen Staatsorchester. Sie bekam ihren ersten Tenorhornunterricht im Alter von acht Jahren und spielte zunächst in verschiedenen Posaunenchören. Mit 13 Jahren wechselte sie an die Musikschule Gütersloh und zur Tuba. Sie studierte an der Folkwang Universität der Künste in Essen und der Universität Mozarteum Salzburg, spielte als Praktikantin bei den Duisburger Philharmonikern und schloss ihr Studium mit einem Master an der Musikhochschule in Hannover. ab.

Daniela Schneider-Rychly ist Solo-Paukistin bei der Norddeutschen Philharmonie Rostock. Sie stammt aus einer Schlagzeugerfamilie und spielt seit ihrer Kindheit Schlaginstrumente. Während ihres Studiums an der Hochschule der Künste Berlin (heute: Universität der Künste Berlin) spielte sie u. a. im Gustav Mahler Jugendorchester und im RIAS Jugendorchester. Sie war Substitutin beim Berliner Sinfonie-Orchester (heute: Konzerthausorchester Berlin) und Stipendiatin der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker.

Maya und Nina Valcheva sind Kontrabassistinnen bei den Stuttgarter Philharmonikern; Nina in der Position Stellvertretende Solo-Kontrabassistin. Die Zwillingsschwestern spielten zunächst Klavier, wechselten dann zum Kontrabass und besuchten das Musikgymnasium in Plovdiv/Bulgarien. Im Anschluss studierten sie an den Musikhochschulen in Sofia und Stuttgart. Nach ihrem Abschluss spielte Maya zunächst am Staatstheater Stuttgart und am Leipziger Gewandhaus, Nina beim Philharmonischen Orchester der Hansestadt Lübeck und am Nationaltheater Mannheim. Nebenberuflich ist Maya Mitglied im Kammermusikensemble Operassion, das sich u. a. dem Tango Nuevo widmet; Nina spielt im Barockorchester der Stuttgarter Philharmoniker und gibt Soloabende. Außerdem unterrichtet sie im Rahmen eines Lehrauftrags an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart.