Johann Sebastian Bach unterrichtete im Lauf seines Lebens über 100 Privatschüler. Wissenschaftler des Bach-Archivs Leipzig spüren diesen seit 2015 systematisch nach. Eine vom Packard Humanities Institute, Los Altos, Kalifornien und der Fritz Thyssen Stiftung geförderte Ausstellung gewährt Einblicke in Wege und Methoden der Bach-Forscher und stellt spannende Funde des Projekts vor. Die Schau »Bachs Schüler berichten« wird vom 20. April bis zum 23. September 2018 im Bach-Museum Leipzig gezeigt.
Johann Sebastian Bach war ein gefragter und ambitionierter Lehrer. Jungen Musiktalenten, die er in Orgelspiel oder Komposition unterrichtete, stellte er sogar seine eigene Notenbibliothek zum Kopieren und Studieren zur Verfügung. Fortgeschrittene Schüler wirkten bei musikalischen Aufführungen unter Bachs Leitung mit. Da Bach die Schüler oft in seiner Wohnung beherbergte, erlebten sie den Alltag des Komponisten hautnah. Können uns diese Schüler mehr über ihren Lehrer berichten?
Prof. Dr. Peter Wollny, Direktor des Bach-Archivs Leipzig: »Die Lebensläufe, Briefe, Bewerbungen und Zeugnisse der Schüler sind wichtige Quellen, denn sie geben Aufschluss über Bachs Unterrichtspraxis, ermöglichen neue Erkenntnisse zu seinem Leben und Werk.«
Auf der Suche nach Dokumenten zu Bachs Privatschülern durchkämmen die Wissenschaftler des Bach-Archivs seit 2015 historische Archive und Bibliotheken in ganz Deutschland. 113 Privatschüler des Komponisten konnten sie so ermitteln, die entsprechenden Biografien rekonstruieren. Oftmals waren Bachs Schüler nach Ende ihrer Ausbildung in Mitteldeutschland tätig, aber auch in Franken und Schlesien bildeten sich Zentren heraus. Einige Musiker gingen ins Ausland – nach London, Riga oder Hermannstadt/Siebenbürgen.
Die Ausstellung zum Forschungsprojekt »Bachs Privatschüler« im Bach-Museum Leipzig folgt ab dem 20. April den Spuren der Bach-Schüler und bringt die Quellen zum Reden. Im Zentrum stehen Schriftstücke wie Briefe oder Notenmanuskripte der Schüler, ein autographes Zeugnis Bachs oder historische Textdrucke und Lehrwerke, die in einem nachgestalteten Forschungslabor präsentiert werden. Abwechselnd dürfen die Besucher in die Rolle des Bach-Forschers oder aber in die des Bach-Schülers schlüpfen: Sie können Bachs Unterrichtsmethoden an einer interaktiven Station nachvollziehen und dabei selbst ein Clavichord ausprobieren. Eine Schüler-Kartei lädt zum Stöbern in den Biografien ein.
Kerstin Wiese, Leiterin des Bach-Museums Leipzig: »In diesem Ausstellungsprojekt zeigt sich wieder einmal, wie fruchtbar die Zusammenarbeit von Forschung und Museum im Bach-Archiv ist. Indem wir komplexe Forschungsergebnisse museal aufbereiten, können wir sie einem breiten Publikum näher bringen.«
Die Schau beinhaltet zahlreiche interaktive, mediale Vertiefungselemente, die für Abwechslung sorgen: Von der Gerda Henkel Stiftung produzierte Kurzfilme vermitteln den Arbeitsalltag der Bach-Forscher in den Archiven, und eigens für die Ausstellung von Leipziger Musikern eingespielte Klangbeispiele lassen die Kompositionen der Schüler mit denen ihres großen Lehrmeisters vergleichen. Zudem können Zitate der Bach-Schüler und auch von Bach selbst an den Audiostationen nachgehört werden.
Das Bach-Museum Leipzig wurde 2010 neu gestaltet und entwickelte sich innerhalb weniger Monate zu einem internationalen Besuchermagneten. Die wissenschaftlich fundierte, interaktive und klingende Dauerausstellung wird durch abwechslungsreiche Sonderausstellungen ergänzt. Herzstück des Museums ist die Schatzkammer, in der autografe Bach-Handschriften und andere kostbare Originale gezeigt werden. Museumsführungen, Tage der offenen Tür, Konzerte im barocken Sommersaal und ein breites museumspädagogisches Programm runden das Angebot ab.