In seinem aktuellen Schwarzbuch kritisiert der Bund der Steuerzahler die Verleihung des Spielstättenprogrammpreises des Bundes. Die Bundeskonferenz Jazz nimmt dazu in einem offenen Brief an den Präsidenten des Bundes der Steuerzahler Stellung:

Sehr geehrter Herr Holznagel,

in Ihrem aktuellen Schwarzbuch listen Sie den Spielstättenprogrammpreis des Bundes als „teure Annehmlichkeit“. Sie bemängeln, dass bereits subventionierte Häuser durch den Preis doppelt subventioniert werden. Bei den ganz wenigen Spielstätten des Jazz/Rock/Pop, die überhaupt öffentlich unterstützt werden, sind diese Zuwendungen so marginal, dass hier nicht einmal ansatzweise von einer Doppelförderung ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, dass es sich bei dem SSPP nicht um eine Förderung im klassischen Sinne, sondern um einen Preis für eine bereits erbrachte künstlerische Leistung handelt.

Mit dem Spielstättenprogrammpreis, für den wir uns seit über zehn Jahren einsetzen, rückt vielmehr eine besorgniserregende Ungleichbehandlung in das kulturpolitische Blickfeld: Wie Sie wissen, tragen die Kommunen in Deutschland mit ca 80% die Hauptlast aller kulturellen Ausgaben. Die Kommunen sind jedoch so überschuldet, dass sie zusätzlich zu den 87 Opernhäusern mit eigenem Spielbetrieb, die es insgesamt in der Republik gibt und die zusammen ca. 3,5 Milliarden an öffentlichen Mitteln erhalten, nicht in der Lage sind, auch Spielstätten für Gegenwartsmusik zu unterstützen.

So haben wir bundesweit nur wenige Spielstätten, die regelmäßig Jazz/Pop/Rock präsentieren und dafür eine regelmäßige öffentliche Unterstützung erhalten. Nicht, dass wir die Subventionen für die Oper kritisieren. Im Gegenteil: Dies ist ein herausragendes Merkmal der Kulturnation Deutschland. Doch wenn diese Kulturnation auch morgen noch internationale Beachtung finden will, muss sie heute in die Kunst von Morgen investieren und sich nicht auf die Förderung unseres kulturellen Erbes (Oper, symphonische Musik etc.) beschränken.

Der Spielstättenprogrammpreis des Bundes soll auf dieses kulturpolitische Defizit aufmerksam machen, die (häufig ehrenamtlichen) Macher_innen ermutigen, trotz fehlender kommunaler Mittel durchzuhalten, und letztlich die Kommunen motivieren, ihre künstlerisch herausragenden Spielstätten für Jazz/Rock/Pop angemessen zu unterstützen. Diesen Zielen dient auch eine angemessene Preisverleihung, die eine entsprechende politische wie mediale Aufmerksamkeit nach sich zieht.

Die Spielstätten für aktuelle Musik leisten mit ihrer Arbeit einen unverzichtbaren Beitrag zur kulturellen Vielfalt und zur kulturellen Bildung, sie sind Katalysator und Keimzelle für aktuelle musikalische Entwicklungen und wichtiger Arbeitgeber für Künstler_innen. Die finanzielle Situation der Spielstätten für aktuelle Musik ist zunehmend besorgniserregend: steigenden Personal- und Betriebskosten, Steuern und Abgaben stehen sinkende Einnahmen und eine unzureichende öffentliche Förderung gegenüber. Die meisten Häuser können nur noch durch Selbstausbeutung der Betreibenden und der Künstler_innen überleben – oder müssen schließen. Der Spielstättenprogrammpreis ist ein wichtiges Signal gegen diesen Trend. Anstatt diesen grundsätzlich zu kritisieren, laden wir Sie ein, sich wie wir für dessen stetige Verbesserung und Stärkung einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen,
Franziska Buhre, Felix Falk, Wolfram Knauer

Sprecher der Bundeskonferenz Jazz

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