In der Veranstaltungslandschaft zeitgenössischer Musikfestivals gehen sie in der Regel getrennte Wege: Improvisation und Komposition. Allenfalls wird der jeweils anderen Musizierpraxis wie zum Trost ein Seitenplätzchen, eine Veranstaltungsnische eingeräumt. Festivals jedoch, die sich explizit darauf ausrichten, beide musikalische Kunstformen in ebenbürtiger Gleichgewichtung zu präsentieren, sind eher rar.

Hier setzt das Festival comprovise an und möchte damit ein Zeichen setzen. Der Name ist zugleich Programm: Die künstliche Fusion von compose und improvise verweist unmissverständlich darauf, dass es hier insbesondere um die Integration improvisierter und komponierter Musik und die unmittelbare Begegnung und Gegenüberstellung beider musikalischen Schaffensformen unter dem Dach ein und desselben Festivals geht.

Entsprechend gestaltet sich das musikalische Programm des Festivals, das am 19. und 20. Juni in der Alten Feuerwache in Köln erstmalig stattfinden wird. In vier etwa 60-minütigen Konzertteilen sind in kontrastreicher Ausgewogenheit acht Improvisationen und acht Kompositionen zu hören. Auch die Auswahl der mitwirkenden Künstler folgt dem Festivalkonzept. Eingeladen wurden bevorzugt solche Musiker, die aufgrund ihrer individuellen künstlerischen Biografie und Arbeitsweise auf einer oder mehreren Ebenen mit dem Thema in Bezug stehen: Musiker, die z.B. zugleich Komponist und Improvisator ("comproviser"), Interpret und Improvisator ("interproviser"), Interpret und Komponist ("intercomposer") oder Interpret, Komponist und Improvisator ("intercomproviser") sind. Des Weiteren zählen "reine" Improvisatoren, Komponisten und Interpreten zu den Gästen.

So konnten unter anderem Richard Barrett (Elektronik), Elisabeth Harnik (Klavier), Anton Lukoszevieze (Cello), Lê Quan Ninh (Perkussion), Melvyn Poore (Tuba), Frederic Rzewski (Klavier), Burkhard Stangl (Gitarre), Roger Turner (Schlagzeug und Perkussion) und Jennifer Walshe (Stimme) bereits fest verpflichtet werden. Die Musiker werden in unterschiedlichen Konstellationen (vom Duo bis zum Quartett) zusammentreffen und gemeinsam improvisieren. Ergänzend dazu sind Solokompositionen von Frederic Rzewski, Melvyn Poore und Jennifer Walshe, interpretiert von den Komponisten selbst, sowie Trio-Kompositionen von Carola Bauckholt, Elisabeth Harnik, Christian Pfeiffer und Caspar Johannes Walter, dargeboten vom Kölner Thürmchen Ensemble, vorgesehen. Den Abschluss bildet eine von Richard Barrett vorbereitete und von allen Teilnehmern realisierte "comprovisation" - einer "komponierten Improvisation", die geplante und spontane Gestaltung zu vereinen sucht.

Zugleich zielt comprovise im Rahmenprogramm des Festivals auf eine vertiefende kritische Auseinandersetzung. In einführenden Impulsreferaten, welche die Kernthemen in den Raum stellen und zentrale Fragen aufwerfen, und unmittelbar daran anschließende, von dem Musikwissenschaftler Björn Gottstein moderierte Podiumsdiskussionen und publikumsoffenen Gesprächsrunden soll eine intensive Debatte zur Musikästhetik im Schaffen und in der Rezeption improvisierter bzw. komponierter Musik angestoßen werden. Neben der Erörterung von Gestaltungsprinzipien im derzeitigen oder zukünftigen Kontext soll die Diskussion darüber auch den musikhistorischen Blick nicht außer Acht lassen. Inwieweit haben sich Komposition und Improvisation im Lauf der Zeit entwickelt? Gibt es Berührungspunkte, Überschneidungen? Wie offenbaren sich ihre Nähe und Distanz unter Berücksichtigung musikästhetischer, performativer sowie kulturpolitischer und soziologischer Aspekte? Wie sind ihre gegenwärtigen Erscheinungsformen aus historischer Perspektive zu beurteilen?

comprovise ist eine Veranstaltung von Zentrum für Aktuelle Musik (ZAM e.V.), ein von Kölner Musikern ins Leben gerufener Verein, der sich der Förderung aktueller Musik widmet.

comprovise findet statt im Rahmen von ON - Neue Musik Köln. ON - Neue Musik Köln wird gefördert durch das Netzwerk Neue Musik, ein Förderprojekt der Kulturstiftung des Bundes, sowie durch die Stadt Köln und die RheinEnergieStiftung Kultur. Darüber hinaus wird comprovise unterstützt von der SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn.

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