Mit einem Festgottesdienst in der Schlosskirche in Wittenberg wird am 1. Advent 2018 die neue "Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder“ eingeführt. Sie gilt als Richtschnur für die Lesungen und Predigttexte in den evangelischen Gottesdiensten an Sonn- und Feiertagen.
"Die ‚Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder‘ ist ein Einheitsband des deutschen Protestantismus wie die Lutherbibel und das Gesangbuch“, erläutert der Vorsitzende der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Kirchenpräsident Christian Schad. Angeregt durch die revidierte Lutherbibel 2017 und eine stärkere Besinnung auf das Alte Testament seien viele traditionsreiche Texte aufgenommen worden, die bis heute nichts an Aktualität verloren haben.
Bei der Neuordnung wurde rund ein Fünftel der biblischen Texte ausgetauscht: In Zukunft werden in evangelischen Gottesdiensten mehr Texte aus dem Alten Testament zu hören sein, mehr Texte, in denen Frauen eine wichtige Rolle spielen. Auch Texte wie das Buch Hiob, die eine große Resonanz in Kunst und Kultur gefunden haben, sind stärker berücksichtigt worden. Bei den vorgeschlagenen Predigttexten gibt es nun eine größere Vielfalt: unterschiedliche Textgattungen wechseln sich ab, erstmals sind auch Psalmen als Predigttexte vorgesehen.
"Durch die Zusammenstellung der Texte und Lieder erschließt sich der Reichtum der biblischen Tradition noch einmal ganz neu“, so Landesbischof Meister, Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD): "Jeder Sonn- und Festtag hat eine eigene Prägung. Das ist ein Schatz, den wir zur Geltung bringen wollen.“
Landesbischof Meister und Kirchenpräsident Schad halten gemeinsam die Predigt in dem Wittenberger Festgottesdienst. Geleitet wird er von der Direktorin des Evangelischen Predigerseminars Wittenberg, Sabine Kramer.
Größere Veränderungen gibt es auch bei den Liedern der Woche bzw. des Tages: Zu jedem Sonn- und Festtag werden nun zwei Lieder aus unterschiedlichen Epochen vorgeschlagen, darunter etwa ein Drittel zeitgenössische Lieder oder solche, die in den vergangenen Jahrzehnten populär geworden sind. Einige Fest- und Gedenktage sind neu in die Ordnung aufgenommen worden, zum Beispiel der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) und der Tag des Gedenkens an die Novemberpogrome (9. November), aber auch der Martinstag (11. November) und der Nikolaustag (6. Dezember).
Die "Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder“ sieht für jeden Sonn- und Feiertag des Kirchenjahres drei biblische Lesungen und zwei Lieder vor, dazu einen Psalm, einen Halleluja-Vers und einen Spruch des Tages bzw. der Woche; drei weitere biblische Texte vervollständigen die Predigtreihen. Damit hat jeder Sonn- und Feiertag sein eigenes Thema. Die neue Ordnung steht mit dem 1. Advent, dem Beginn des neuen Kirchenjahres, in allen Gemeinden der Gliedkirchen der EKD in Geltung. Sie gilt als verbindlich, jedoch nicht als verpflichtend.
Die Neuordnung ist eine Überarbeitung der bisherigen Ordnung, die seit 1978 galt. Ihre Ursprünge reichen bis ins Mittelalter zurück.