Die Finsterwalder Sangestradition sowie fünf weitere Kulturformen, die 2024 in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden sind, werden heute von der Deutschen UNESCO-Kommission und dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur in Wiesbaden mit einem Festakt geehrt. Dabei werden die Auszeichnungsurkunden überreicht. Hessen hat momentan den Vorsitz in der Kulturministerkonferenz.
Kulturministerin Dr. Manja Schüle: „Im Selbstverständnis und im Leben von Finsterwalde hat Gesang eine Bedeutung wie in kaum einer anderen deutschen Stadt. Nicht von ungefähr gründete sich 1990 der Brandenburgische Chorverband in Finsterwalde; und die Anzahl sangesfreudiger Menschen ist in Elbe-Elster so hoch wie in keinem anderen Landkreis in Brandenburg. Deshalb hat die Kulturministerkonferenz im Frühjahr beschlossen, die Finsterwalder Sangestradition ins Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufzunehmen. Und das wird heute in Wiesbaden gebührend gefeiert – auch mit einem Auftritt der Finsterwalder Sänger. Das vielfältige immaterielle Kulturerbe ist Ausdruck von Kreativität und Traditionen und zeichnet die kulturelle Identität unseres Landes aus. Und es bringt Menschen – nicht nur beim Singen – aufs Schönste zusammen.“
Im März dieses Jahres hat die Kulturministerkonferenz entschieden, die Finsterwalder Sangestradition in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufzunehmen. Dies unterstreicht die gesellschaftliche Bedeutung der Sangestradition auf lokaler Ebene sowie das Wissen, die Praxis, die Weitergabe und die Partizipation, die mit diesem lebendigen Kulturerbe verbunden sind. 1901 wurde Finsterwalde im Landkreis Elbe-Elster erstmals als Sängerstadt bezeichnet. Mit dem 1899 entstandenen Couplet des Berliner Komponisten Wilhelm Wolff ‘Wir sind die Sänger von Finsterwalde‘, das deutschlandweit zu einem Gassenhauer wurde, war der Name der Stadt in aller Munde. Was als Parodie auf ländliche Kultur gedacht war, nahm durch kluges Agieren der Bürger der Stadt eine erfolgreiche Wendung, die Finsterwalde als Sängerstadt in Deutschland weithin bekannt machte. Seit den 1950er Jahren sind die Sänger fester Bestandteil des Kulturlebens in der Stadt. Im Finsterwalder Sänger- und Kaufmannsmuseum wird seit 2010 die Historie des Gemeinschaftsgesangs vom Mittelalter bis zur Gegenwart in Deutschland thematisiert, so auch die Geschichte rund um das Finsterwalder Sängerlied. Überdies gehört das seit 1954 alle zwei Jahre stattfindende Sängerfest zu den größten Volksfesten in Brandenburg. Der internationale Wettbewerb im Jazz-Pop-Gesang um den ‘Finsterwalder Sänger‘ entwickelt sich seit 2002 zu einem Treffpunkt des professionellen Gesangsnachwuchses aus ganz Europa.
Das immaterielle Kulturerbe repräsentiert lebendige Alltagskultur, die über Generationen weitergegeben wird. Dazu zählen Tanz, Theater, Musik, mündliche Überlieferungen, Bräuche und Feste, Naturheilkunde und Handwerkstechniken. Bis heute sind 181 Staaten dem UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes beigetreten, 2013 auch Deutschland. Im bundesweiten Verzeichnis stehen derzeit 150 Einträge. Brandenburg ist sechsmal dabei, u.a. mit den Bräuchen und Festen der Lausitzer Sorben, der manuellen Glas-Fertigung (Baruther Glashütte), die bereits in der UNESCO-Liste steht, oder dem ‘Netzwerk Kachelofenbau – Traditioneller, handwerklicher Bau von Kachelöfen‘, angesiedelt im Ofen- und Keramikmuseum Velten. Die UNESCO-Liste umfasst bislang 730 Kulturformen aus 145 Ländern, darunter zehn aus Deutschland. Am 17. Oktober 2024 wurde erstmals der Internationale Tag des Immateriellen Kulturerbes begangen.
Weitere Informationen: www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe