Sanktionen und Warnhinweise finden beim Vorgehen gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet zunehmend Akzeptanz. Dreiviertel der Deutschen bewertet die Verhängung eines Bußgelds gegen Personen als adäquat, die urheberrechtlich geschützte Medieninhalte ohne Erlaubnis im Internet anbieten. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung (53 Prozent) befürwortet beispielsweise ein Bußgeld gegen diejenigen, die Medieninhalte illegal herunterladen. Eine präventive Wirkung attestieren die Verbraucher einem Warnhinweismodell: 57 Prozent der Deutschen glauben, dass Up- oder Downloader ihre urheberrechtsverletzenden Aktivitäten nach Erhalt eines Warnhinweises vom Provider einstellen würden. Dies sind zentrale Ergebnisse der Studie zur Digitalen Content-Nutzung 2012 (DCN-Studie), die heute vom Bundesverband Musikindustrie e. V. (BVMI), dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) in Berlin vorgestellt wurde.
In ihrer zweiten Auflage zeigt die Studie deutlich, dass immer mehr Deutsche Musik, Spielfilme, TV-Serien, E-Books und Hörbücher direkt aus dem Netz beziehen. Dabei bewerten weit mehr als Zweidrittel der Bevölkerung das jeweilige legale Online-Angebot von Musik (81 Prozent), E-Books (72 Prozent) und filmischen Inhalten (69 Prozent) als ausreichend. Hinsichtlich der bevorzugten Technologien hat eine klare Verschiebung stattgefunden: Neben dem klassischen Download werden insbesondere Streaming-Angebote zunehmend genutzt. Für die private Medienspeicherung finden Online-Speicherplätze, darunter auch die legalen Nutzungsmöglichkeiten von Sharehostern, dagegen bislang sehr selten Verwendung.
Legale und illegale Streaming-Angebote auf dem Vormarsch
Nach der aktuellen DCN-Studie haben im Jahr 2011 insgesamt 22,1 Millionen Personen Musik, Spiel- und Kinofilme, TV-Serien, E-Books und Hörbücher online genutzt oder aus dem Internet heruntergeladen. Dies ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent. 14,8 Millionen Menschen konsumierten diese Medieninhalte im Streamingverfahren. Dabei gaben 31 Prozent der Befragten an, Hörbücher häufiger als im Vorjahr gestreamt zu haben, unter den Online-Musiknutzern waren es 40 Prozent, 41 Prozent bei den Filmkonsumenten und ganze 47 Prozent bei TV-Serien-Freunden. Als Quellen bevorzugten 7,9 Millionen Personen Videostreaming-Plattformen, wie etwa YouTube, und 6,1 Millionen Onliner suchten am häufigsten Online-Radios und/oder -Mediatheken zu diesem Zweck auf. Illegale Streaming-Portale waren für 41 Prozent der Online-Filmkonsumenten die wichtigste Bezugsquelle. Mit 2,5 Millionen Nutzern liegt diese Kategorie auf Platz 3 der beliebtesten Quellen für gestreamte Medieninhalte insgesamt.
GVU-Geschäftsführer Dr. Matthias Leonardy: „Die Studie zeigt deutlich, dass die Bereitschaft, für hochwertige Inhalte im Internet etwas zu bezahlen, immer noch unterentwickelt ist. Diese Kostenlos-Mentalität ist auch ein wesentlicher Grund für die enormen Besucherzahlen bei illegalen Streaming-Portalen wie kino.to. Viele Konsumenten wissen zwar, dass es sich um illegale Angebote handelt. Das hindert sie aber nicht daran, diese zu nutzen – offenbar, weil sie es nicht ernst nehmen, was sie damit der Kreativwirtschaft zufügen.“ Für diese Nutzer, ergänzt der GVU-Geschäftsführer, forderten die Rechteinhaber seit geraumer Zeit die Implementierung eines Warnhinweismodells. Dieses solle technikneutral ausgestaltet sein, denn: „Urheberrechtsverletzungen machen sich nicht an bestimmten Technologien wie dem Filesharing fest. Es geht vielmehr darum, jedem, der – gleich mit welcher Technologie — illegalen Content im Netz nutzt, klar zu machen, dass er nicht nur an etwas Verbotenem teilnimmt. Er macht damit zugleich den illegalen Verwertern die Taschen voll und die Kreativschaffenden schauen in die Röhre.“
Streamripping unter den Downloadern inzwischen fest etablierte Nutzungsform
Für den dauerhaften Besitz luden letztes Jahr 16,3 Millionen Personen Medieninhalte aus dem Netz herunter. 7,2 Millionen Menschen und damit 44 Prozent der Downloader bezogen diese ausschließlich aus legalen Quellen. 3,1 Millionen Deutsche haben urheberrechtlich geschützte Musik, Bücher, Filme oder TV-Serien illegal aus dem Internet heruntergeladen. Dies entspricht etwa jedem fünften Downloader von Medieninhalten. Neben den illegalen Downloads hat sich das Streamripping als zusätzliche Nutzungsform in der rechtlichen Grauzone fest etabliert: Nahezu die Hälfte aller Downloader hat diese Dienste im Jahr 2011 verwendet. Insgesamt haben im letzten Jahr 3,7 Millionen Deutsche (23 Prozent der Mediendownloader) keine legalen Angebote, sondern ausschließlich illegale Quellen oder Streamripping genutzt, um die gewünschten Inhalte dauerhaft zu speichern.
Dr. Florian Drücke, Geschäftsführer des Bundesverbands Musikindustrie e. V.: „Wir freuen uns sehr, dass die legale Nutzung von Medieninhalten im Internet weiter zunimmt und die Diversifizierung des legalen Angebots Früchte trägt. Umso schmerzhafter ist zugleich die massenhafte Kostenlosversorgung über Streamripping-Dienste. Gerade bei kommerziellen Anbietern ist vielen Menschen nicht bewusst, dass diese weder die Kreativen noch ihre Partner an den Einnahmen beteiligen. Wir fordern seit langem, dass hier einer Überdehnung der Privatkopie Einhalt geboten wird.“
Umfassend aufgeklärte Bevölkerung
Nahezu die gesamte Bevölkerung (97 Prozent) weiß, dass das Herunterladen oder Anbieten von urheberrechtlich geschützten Medieninhalten über Peer-to-Peer-Netze nicht zulässig ist. Unter den aktiven Nutzern illegaler Download-Quellen ist dies mit 88 Prozent ebenfalls die absolute Mehrheit. Und während im Jahr 2010 nahezu jeder vierte Deutsche das Ansehen von aktuellen Kinotiteln über Angebote wie kino.to oder movie2k für legal erachtete, gaben dies für 2011 nur noch 11 Prozent an.
Auch die Illegalität des öffentlich Zugänglichmachens geschützter Medieninhalte ist allgemein bekannt. Nur noch zwei bis sieben Prozent der Befragten halten dies für erlaubt. Die Detailanalyse offenbart jedoch gravierende Unterschiede bei den verschiedenen Nutzergruppen: Im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung sind sich bis zu sieben Mal so viele Nutzer illegaler Download-Angebote der Unrechtmäßigkeit dieser Quellen nicht bewusst. Der Anteil derjenigen, die das Anbieten von Musik, filmischen Inhalten, Hörbüchern und E-Books über soziale Netzwerke für erlaubt halten, liegt bei den 10- bis 19-Jährigen mit 21 Prozent am höchsten.
Danach befragt, welche Vorteile kostenpflichtige Internetdienste bieten, geben 70 Prozent der Bevölkerung an, dass man dadurch den Künstler bzw. Urheber oder Autor unterstützt. Dieser Anteil liegt bei denjenigen, die sich aus illegalen Quellen versorgen, mit 55 Prozent weit unter dem Durchschnitt.
Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins: „Groß angelegte, an die breite Masse gerichtete Aufklärungskampagnen lösen das Problem der illegalen Downloads nicht. Wer Medieninhalte aus dem Netz herunterlädt, weiß in der Regel, was legal oder illegal ist, und dass man mit der Nutzung legaler Angebote Künstler und Kreative unterstützt. Die Studienergebnisse bestärken uns deshalb: Mit dem Modell der Warnhinweise kann man individuell und zielgerichteter tätig werden, statt eine ganze Gesellschaft zu kriminalisieren.“
Über die Studie zur Digitalen Content-Nutzung
Die von der GfK durchgeführte DCN-Studie wurde gemeinsam vom Bundesverband Musikindustrie (BVMI), dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) beauftragt. Ziele der Untersuchung waren die Analyse der Nutzergewohnheiten und Präferenzen beim digitalen Medienkonsum, Speichern und Weitergeben sowie die Ermittlung der Konsumenteneinstellungen zu Urheberrechtsverletzungen, Sanktionen und legalen Online-Angeboten. Befragt wurden innerhalb der GfK Media*Scope 10.000 Personen, die repräsentativ für 63,6 Mio. Deutsche ab zehn Jahren sind. Zur Validierung fand eine Zusatzbefragung unter 3.000 Personen statt, die repräsentativ für 46,0 Mio. Deutschen Onliner ab 14 Jahren ist.
Absätze
Quelle
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