Der künstlerische Leiter Berno Odo Polzer thematisiert in seiner zweiten Festivalausgabe "Zeit im Digitalen Universum“. Besondere Konzertformate, aktuelle kompositorische Positionen und Installationen prägen das Festival.
Die Berliner Festspiele veranstalten im Jahr 2016 MaerzMusik – Festival für Zeitfragen vom 11. bis 20. März. In seiner zweiten Festivalausgabe setzt der künstlerische Leiter Berno Odo Polzer die Beschäftigung mit dem Phänomen Zeit als zentrale künstlerische und gesellschaftspolitische Kategorie der Gegenwart fort. Konzerte, Installationen, Performances und Diskurs-Formate werden mit der Zeitlichkeit von Kunst und mit aktuellen Diskursen aus den Bereichen Computerwissenschaften, Philosophie, Ökonomie, Politik- und Sozialwissenschaften in Verbindung gebracht. Das Thema "Zeit im Digitalen Universum“ steht im Zentrum einer zweitägigen Konferenz am Anfang des Diskurs-Formats "Thinking Together“, das während der gesamten Dauer des Festivals im Haus der Berliner Festspiele stattfindet.
Eröffnung | Besondere Konzertformate
Eröffnet wird das Festival am 11. März im Haus der Berliner Festspiele mit dem für MaerzMusik 2016 entwickelten Projekt "time to gather“ des italienischen Pianisten Marino Formenti. Das etwa vierstündige Solo-Konzert, dessen Programmabfolge erst während der Aufführung entschieden wird, schafft einen freien, persönlichen Erfahrungs- und Begegnungsraum, in dem Musik aus sieben Jahrhunderten erklingt. Zwei weitere großformatige Projekte bei MaerzMusik 2016 ermöglichen andere Formen der Wahrnehmung und Begegnung: "The Long Now“ im Kraftwerk Berlin wurde als 30-stündige Komposition aus Konzerten, Performances, Installationen und elektronischen Live-Acts bei MaerzMusik 2015 mit Begeisterung aufgenommen und wird dieses Jahr in einer neuen Ausgabe präsentiert. Mit der Produktion "alif::split of the wall“ des Zafraan Ensembles und der japanischen Künstlerin Chiharu Shiota bringt MaerzMusik ein Konzertexperiment zwischen bildender Kunst, Performance und Musik zur Uraufführung. Die begehbare Rauminstallation Shiotas wird mit der Musik von Samir Odeh-Tamimi und Stefan Goldmann zu einem pulsierenden Organismus, in dem sich Musiker und Publikum frei bewegen.
Algorithmen
Dem vielschichtigen Phänomen algorithmischer Komposition und neuen Entwicklungen in der kreativen Zusammenarbeit zwischen Mensch und Computer spürt ein dreiteiliger Abend im Haus der Berliner Festspiele nach: Annie Dorsens Bühnenproduktion "Yesterday Tomorrow“ wird zu erleben sein. In einem moderierten Konzert werden Kompositionen des Iamus-Compters präsentiert, der am Institut für Biomimetik der Universität Málaga entwickelt wurde und der mittels genetischer Algorithmen stilistisch eigenständige Stücke zeitgenössischer Musik komponiert. Außerdem steht die Performance "The News Blues“ von Nicholas Bussmann auf dem Programm.
The Cold Trip
Drei zeitgenössische Perspektiven auf Franz Schuberts faszinierenden Einsamkeitsepos "Die Winterreise“ bilden ein Projekt-Triptychon: Sophie Rois liest aus Elfriede Jelineks schonungsloser Gegenwartsanalyse "Winterreise. Ein Theaterstück“ (2011); Bernhard Langs zweiteilige Meta-Komposition "The Cold Trip“ wird im Haus der Berliner Festspiele uraufgeführt; und schließlich interpretiert Ian Bostridge in Begleitung von Julius Drake im Kammermusiksaal der Philharmonie Schuberts Original und liest aus seinem Winterreise-Buch.
Aktuelle Positionen
Darüber hinaus werden bei MaerzMusik 2016 eine Reihe neuer Projekte und aktuelle kompositorische Positionen vorgestellt:
Das Londoner Ensemble Plus-Minus spielt 14. März drei Konzerte (19:30; 20:30; 22:00 Uhr) mit Werkem von u.a. Joanna Bailie, Matthew Shlomowitz, Johannes Kreidler und Alexander Schubert. Ein großes Ensemblekonzert mit dem Ensemblekollektiv Berlin unter der Leitung von Enno Poppe präsentiert Uraufführungen von Eduardo Moguillansky und Timothy McCormack. Eine Klanginstallation des libanesischen Künstlers und Musikers Mazen Kerbaj, die sich auf äußerst persönliche Art und Weise mit dem Libanon-Krieg 2006 auseinandersetzt, wird bei MaerzMusik zum ersten Mal gezeigt. Und in den Sophiensælen ist die Uraufführung des dritten Teils "LIEBE“ der von Daniel Kötter und Hannes Seidl entwickelten Trilogie "Ökonomien des Handelns“ zu erleben, deren erste beiden Teile im letztjährigen Festival präsentiert wurden.
Das Projekt QuerKlang bringt im Rahmen von MaerzMusik 2016 sechs Kollektiv-Kompositionen von Schüler* innen Berlins zur Uraufführung.
Berno Odo Polzer zum Programm von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen 2016 http://blog.berlinerfestspiele.de/sand-im-getriebe-unserer-getriebenheit