In der letzten Woche erreichten uns einige Absagen großer Festivals in Deutschland für die Saison 2021 - ein schlechtes Signal für die kommenden Monate. Allerdings ist Deutschland auch das Land in Europa, mit der größten und vielfältigsten Open Air Landschaft und die gilt es zu schützen. Mehr als 1.000 kleine und mittelgroße Festivals und Open Airs haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben und fordern eine Perspektive! Sie benötigen jetzt Unterstützung seitens der Regierungen in Form von Planungssicherheit, klaren Rahmenbedingungen und Absicherungsmechanismen.

Während in Norwegen, den Niederlanden, Österreich oder Belgien bereits Ausfalltöpfe von der Politik bereitgestellt, Pilotprojekte und öffentlich finanzierte Studien zur aktuellen Situation der Kulturbranche durgeführt wurden, warten Veranstaltende hierzulande vergeblich auf klare Ansagen. In Mecklenburg-Vorpommern ging man bereits den ersten Schritt und führte auch dort einen Fonds ein, der allerdings nur einigen ausgewählten Veranstaltungen Sicherheit bietet. Zwar wurden bereits viele Gespräche auf Landes- und Bundesebene geführt, Konzepte erstellt und diskutiert, die Zeit für eine Entscheidung für eine Festivalausgabe in diesem Jahr drängt aber bereits. Denn die Absagen der großen Festivals sind vor allem auch Produkt einer Kumulation von Unsicherheiten über die kommenden Monate, die langfristig vielen weitere Festivals den Boden unter den Füßen wegreißen wird.

Auch wenn wir in diesem Jahr auf Hurricane, Rock am Ring und Co. verzichten müssen, sind sie doch nur nur ein kleiner Teil unserer Festivallandschaft, in der aktuell über 1.000 Festivals und Open Airs ihren Platz finden. Die Gesamtbesuchendenzahl aller klein und mittelgroßen Festivals und Open Airs liegt bei über 5 Millionen, ihr Gesamtumsatz bei 320 Millionen Euro. Damit kann man auch ihnen neben der unbestrittenen gesellschafts-politischen Bedeutung auch längst nicht mehr ihren wirtschaftlichen Einfluss absprechen. Die Höme Festivalkarte zeigt: der Großteil der deutschen Open Air Veranstaltungen bleibt trotz mangelnder politischer Beteiligung immer noch motiviert. Viele Veranstaltende arbeiten seit mehr als einem Jahr an Lösungen, die sie bereitwillig immer wieder an neue Gegebenheiten und Inzidenzen anpassen. Sie stecken ihr Herzblut und Engagement in Sicherheits- und Infektionsschutzkonzepte, in Alternativprogramme und setzen sich für das Weiterbestehen ihrer Branche, für ihre Besuchenden und Dienstleistenden ein. Sie wollen Kultur in ihre Regionen bringen, sie wollen wieder zurück in ihre gelebten utopischen Räume und Gemeinschaftsgefühl vermitteln.

Open-Air-Veranstaltungen sind allein aus Lüftungs- und Flächen-gesichtspunkten die beste Bühne für die Kultur, das stützen die bisherigen Erfahrungen in dieser Pandemie eindeutig. Die Infektionslage wird weiterhin als diffus bezeichnet, bei einer Untersuchung des RKI, veröffentlicht im Epidemiologischen Bulletin 38/2020, waren aber von knapp 8.000 Ausbrüchen mit bestätigten Ansteckungsorten nur einer unter freiem Himmel. Die Perspektive für den Sommer 2021 ist daher klar die Open-Air-Kultur!

Die Kultur mit ihren langen Wertschöpfungsketten von planenden Veranstalter:innen über ausführenden Gewerken zu auftretenden Künstler:innen wieder in Arbeit zu bringen, kann nur Open-Air gelingen.

Auch das Publikum dürstet nach Kultur. Dessen radikalere Teile werden bei fehlenden organisierten Angeboten selbst aktiv und ohne Hygienekonzepte und Nachverfolgung in Wäldern oder Brachen tanzen. Hier können geplante Ereignisse gegensteuern.

Das Bundesprogramm "Neustart Kultur“ fördert pandemiebedingte Mehrkosten und viele Festivals haben sich um diese Fördermittel bemüht. Nur können diese auch ausgegeben werden?
Festivalveranstaltende des ganzen Landes arbeiten seit Monaten unermüdlich an kreativen und innovativen Konzepten zur Umsetzung und Realisierung von Open Air-Formaten. Dieses Engagement soll wahrgenommen werden und formuliert bereits Perspektiven, die in Entscheidungsprozesse einfließen müssen”, sagt Johannes Teller, Festivalsprecher des KlubNetz und Mit-Organisator der “Arbeitsgruppe Niedersächsische Open-Air-Festivals”.

Über 1.000 kleine und mittlere Festivals und Open Airs in Deutschland brauchen jetzt eine Perspektive. Und weil die Zeit drängt, haben sich Verbände und Festivals zusammengeschlossen, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen. Mit der Kampagne “1000x Festivalkultur ermöglichen” wollen sie zeigen, dass Open Airs einen integralen Bestandteil der deutschen Kulturlandschaft ausmachen. An ihrem Überleben hängen Lebensgrundlagen, regionale Wirtschaft und Kultur, Moshpits im Matsch und insbesondere essentielle Impulse für den gesellschaftlichen Diskurs.

Unterzeichnet von:

  • AK Festival Kombinats der LiveKomm,
  • PopKW - Landesverband für populäre Musik und Kreativwirtschaft M-V e.V.,
  • Festivalbündnis M-V,
  • Klubnetz e. V. - Verband der niedersächsischen Konzertkulturschaffenden,
  • KLUBKOMM - Verband Kölner Clubs und Veranstalter e.V.,
  • vpby - Verband für Popkultur in Bayern e. V.,
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