Die aktuelle Situation der Bologna-Reform der Musiklehrerausbildung an bundesdeutschen Universitäten und Musikhochschulen ist Thema einer neuen Studie, die Niels Knolle, Professor für Musikpädagogik an der Universität Magdeburg, vorgelegt hat. Der Bologna-Prozess stellt keineswegs eine Erfolgsstory dar, er ist aber auch bisher nicht als grundsätzlich gescheitert anzusehen. Vielmehr kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass einige seitens der Bildungspolitik gut begründbare Theorien zu Struktur- und Zielvorgaben sich in der Praxis der Planung und Realisation an den realen Bedingungen in den Ausbildungsinstitutionen brechen.
Positiv ist festzuhalten, dass der Bologna-Prozess für die beteiligten Hochschulen und Lehrenden zu einer grundlegenden Standortbestimmung der eigenen Ausbildungspraxis und ihrer curricularen sowie materiellen Ressourcen geführt hat und damit zu einer zuvor so nicht vorhandenen kritischen Bewusstheit für die Strukturen der Ausbildung, der Relevanz ihrer Inhalte und des Anspruchs auf nachhaltige Verwertbarkeit im jeweiligen Berufsfeld. Dieses Potenzial eines reformorientierten Denkens und Handelns materialisiert sich in dem bis in die Studien- und Modulordnungen zu verfolgenden Bemühen, den u. a. vom Deutschen Musikrat geforderten Bezug zur Berufswirklichkeit des Musikunterrichts in die Reform der Ausbildungsinhalte einzubringen.
Andererseits zeigen die Ergebnisse der Studie, dass die gravierenden Problempunkte der Umsetzung des Bologna-Prozesses schon zu einem frühen Zeitpunkt erkennbar gewesen sind, etwa die Tendenz zur Verschulung der Studiengänge, oder die mit der hohen Zahl von Modulprüfungen einhergehende Belastung der Studiengänge durch Administration und Prüfungsdurchführung. Kritisiert werden auch die im Bereich der Musiklehrerausbildung nicht realisierbaren Vorgaben für den workload und damit einhergehend die Benachteiligung jener Studierenden, die während des Studiums mit zusätzlichen Jobs ihren Lebensunterhalt sichern müssen, dies aber nicht mit den rigiden Zeitvorgaben des Studiums vereinbaren können mit der Folge, dass es zu einer ökonomisch bedingten sozialen Auslese unter den Studierenden kommt. Nimmt man als zusätzliche Kritikpunkte die weitgehende Inkompatibilität der Studieninhalte und –modulabschlüsse, die die gewünschte Mobilität international und auch national oder regional behindert, sowie den schleichenden Qualitätsverlust einer Ausbildung, die mit ihren starren Strukturen der Individualisierung der Professionalisierungswege wie auch der Entwicklung eines vernetzten Denkens (und wissenschaftlichen Handelns) weitgehend entgegensteht, so wird man festzustellen haben, dass die zentralen bildungspolitische Zielsetzungen der KMK im Blick auf den aktuellen Stand des Bologna-Prozesses als nicht eingelöst anzusehen sind.
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Quelle
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