Das Land Rheinland-Pfalz beabsichtigt eine umfassende Reform seines Orchesterwesens. Die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen und das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Mainz sollen Mitte des Jahres 2005 zu einer "Neue Staatsphilharmonie" verschmelzen. Diesem neuen Klangkörper werden über 130 Musikerinnen und Musiker angehören. Es wird damit zu den größten Orchestern in Deutschland zählen. "Mit diesem Umbau bekommen wir ein Orchester, das von seiner Größe und Qualität her in der Lage sein wird, in der ersten Liga mitzuspielen", sagte Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, als er heute gemeinsam mit Staatssekretär Roland Härtel bei einer Pressekonferenz in Mainz die strukturellen Veränderungen erläuterte.
Zöllner ließ nicht unerwähnt, dass die schwierige Lage der öffentlichen Haushalte Einschnitte auch in der Kulturpolitik notwendig mache. So sind seinen Angaben zufolge im Bereich der Musik ab dem Jahr 2006 Einsparungen gegenüber dem Jahr 2003 in Höhe von 2 Millionen Euro unvermeidlich. Diese Engpässe machten Veränderungen notwendig, die das Land nutzen wolle, um die Qualität seines Angebots zu optimieren. "Man kann deshalb mit Fug und Recht sagen, dass wir versuchen, mit der Orchesterreform aus der Not eine Tugend zu machen", so Zöllner.
Die geplante "Neue Staatsphilharmonie" wird mit Ludwigshafen und Mainz zwei Standorte mit einem Intendanten und einer künstlerischen Leitung haben. Aufgabe des neuen Klangkörpers wird es sein, Musiktheateraufführungen im Staatstheater Mainz sowie Konzerte in und außerhalb von Rheinland-Pfalz in jeder beliebigen Besetzungsgröße durchzuführen. Es wird also gleichermaßen Theater- wie Konzertaufgaben übernehmen. "Der große Vorzug dieses Orchesters wird es sein, dass es die gesamte Bandbreite der Konzert- und Opernliteratur mit eigenen Kräften abdecken kann - und das auf höchstem Niveau", sagte Zöllner.
Derzeit gibt es in Deutschland nur fünf Orchester, die über mehr als 130 Musikerinnen und Musiker verfügen. "In diesen illustren Kreis werden wir uns dann einfügen", kommentierte der Minister. Ausführlich erläuterte er im Rahmen der Pressekonferenz die notwendigen Schritte zur Umsetzung dieser Reform.
Um die "Neue Staatsphilharmonie" gründen zu können, sind jedoch Personalreduzierungen unausweichlich. "Wir werden etwa 40 Musikerinnen und Musiker nicht weiter beschäftigen können. Das ist ohne Wenn und Aber schmerzlich und bitter", stellte Zöllner klar. Er kündigte zugleich an, dass diese Personalreduzierungen sozialverträglich erfolgen sollen.
Davon, dass das Staatstheater künftig weniger Finanzmittel für Orchesterleistungen aufbringen müsse, profitiere auch die Stadt Mainz. Sie könne auf dieser Grundlage ihre Finanzierungsverpflichtung gegenüber dem Staatstheater im Orchesterbereich reduzieren. "Auf diese Weise entsteht für Stadt und Land ein finanzieller Spielraum, die Rahmenbedingungen für das Staatstheater Mainz insgesamt nicht nur zu halten, sondern sie sogar noch zu verbessern", erläuterte Zöllner.
Von dem Reformkonzept betroffen ist auch das Staatsorchester Rheinische Philharmonie in Koblenz. Auf Grund der neu gewonnenen Flexibilität ihres großen Pools an Musikerinnen und Musikern kann die "Neue Philharmonie" im Konzertbereich Aufgaben übernehmen, die bisher das Staatsorchester Rheinische Philharmonie wahrgenommen hat. Hauptaufgabe des Koblenzer Klangkörpers wird die Bespielung des barocken Stadttheaters sein. Da der dortige Orchestergraben nur 45 Musikerinnen und Musikern Platz bietet, wird der Personalbestand von derzeit 77 Stellen auf 56 Stellen gesenkt. Nach Angaben von Minister und Staatssekretär wird der in Koblenz notwendige Personalabbau ebenfalls sozialverträglich erfolgen.
Trotz des Verlusts von etwa 20 Musikerinnen und Musikern sehen Minister und Staatssekretär gute Chancen für das Staatsorchester Rheinische Philharmonie, ein unverwechselbares Profil herauszubilden. "Das verkleinerte Orchester wird in bewährter Qualität bei Musiktheateraufführungen im Stadttheater glänzen. Darüber hinaus kann ich mir sehr gut vorstellen, dass es sich einen Namen macht für die Aufführung barocker oder frühklassischer Werke und im Bereich der Kammermusik", sagte Härtel.
Nach Zöllners Angaben sollen die Reformen zügig umgesetzt werden - spätestens bis Ende des Jahres 2005. "Wir haben also genügend Zeit, dieses umfassende Konzept sorgfältig und im Gespräch mit den Betroffenen umzusetzen. Deshalb auch diese frühe Weichenstellung", so der Kulturminister.
Er zeigte sich dankbar für die Mitwirkung dreier hochkarätiger Kultur-Fachleute an diesem Reformkonzept. Zöllner hatte Prof. Gerd-Theo Umberg, Intendant des Staatstheaters Darmstadt und Professor an der Hessischen Theaterakademie, Dr. Elmar Weingarten, Hauptgeschäftsführer des "ensemble modern" in Frankfurt, und Otmar Herren, Geschäftsführer und Orchestermanager der Theater und Philharmonie Essen GmbH Anfang des Jahres um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten. "Wir haben von diesen ausgewiesenen Experten hervorragende Denkanstöße bekommen. Diese setzen wir mit unserer Strukturreform um", sagte Zöllner.
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