Informationen über Musik gehören gemeinsam mit Berichten über Gesundheit und Umwelt zu den beliebtesten Medienthemen überhaupt. Sie rangieren auf der Interessenskala der Bundesbürger deutlich vor Politik, Essen und Trinken, Auto und Verkehr oder Computer und Internet. [1] Musikberichterstattung in Massenmedien ist also mehr als Ornament und hübsche Zugabe für Kulturbeflissene. Sie befriedigt ein weit verbreitetes Informationsbedürfnis und ist als Bestandteil der kulturellen Grundversorgung durchaus ein „Politikum“. Schon die Entstehung der Musikpublizistik und ihres Formenbestands war eng verbunden mit der gesellschaftlichen Emanzipation des Bürgertums. Vor allem der Konzertbericht wurde um 1800 zu einem Ort der Selbstverständigung und Geschmacksbildung. Seinen Platz fand er im Feuilleton der Tages- und Wochenpresse, das zur gleichen Zeit aufblühte und bis heute ein wesentliches Zentrum der Auseinandersetzung mit Musik bildet. Musikthemen stehen dort obenan, die Schwerpunkte haben sich in den vergangenen Jahren aber auffällig gewandelt: Populäre Stilformen finden weit mehr Beachtung als noch vor einigen Jahren. Ein zweites Zentrum der Musikberichterstattung bilden traditionell die Fachzeitschriften, die sich an einen engeren Leserkreis wenden als die tagesaktuellen Publikationen. Vor allem ihnen erwächst in Online-Medien und Blogs heute Konkurrenz.
Entstehung der Musikpublizistik und ihres Formenbestands
Eine einprägsame Definition von Journalismus liefert der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) in seiner Publikation „Berufsbild Journalistin – Journalist“: Demnach ist Journalismus die „Erarbeitung bzw. Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung“. Musikberichterstattung lässt sich entsprechend definieren als eine Spielart des Journalismus, die sich auf beschreibende, analysierende und/oder wertende Auseinandersetzung mit Musik und ihren Akteuren spezialisiert hat. Akteure professioneller Musikberichterstattung sind Redakteure und freie Mitarbeiter in Printmedien, Hörfunk- und Fernseh-sendern, Online-Redaktionen oder Nachrichtenagenturen, die einer redaktionellen Kontrolle unterliegen und nicht im Auftrag von Musikwirtschaft oder Künstlern handeln.
Der Auseinandersetzung mit Musik, ihren Akteuren und dem politisch-gesellschaftlichen Kontext dienen verschiedene Darstellungsformen, die der Pressejournalismus im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat. Mit ihrer Hilfe wirken Journalistinnen und Journalisten auf die Aufmerksamkeit ihres Publikums ein, interpretieren Wirklichkeit und können auf unterschiedliche Anlässe auch unterschiedlich reagieren: argumentativ oder polemisch im Kommentar und dem in kulturpolitischen Debatten eingesetzten Essay, ironisch oder moralisierend dagegen in der Glosse. Faktisch und objektivierend geben sich die Meldung, die Chronik und der weiter ausholende (Ereignis-)Bericht, etwa von einer Pressekonferenz oder Preisverleihung. Betont subjektiv und literarisch ambitioniert ist die Textform Feuilleton, während sich der Hintergrundbericht darum bemüht, Ursachen, Vorgeschichte und Zusammenhänge von Ereignissen, etwa einer musikpolitischen Entscheidung, darzustellen. Ähnliches können auch Feature und Reportage leisten; der Reportage ist überdies daran gelegen, Leser durch plastische Erzählung zu Augen- und Ohrenzeugen eines Geschehens zu machen. Die Musikerpersönlichkeit, ihre Einstellungen und Leistungen wollen Interview, Porträt und Nachruf nahebringen, in Kurzform auch die Personalie. Dienstleistungscharakter haben Tipp und Veranstaltungshinweis, auch der Vorbericht, der sich einem kommenden Ereignis (z. B. durch den Besuch einer Konzertprobe) zuwendet. Zentrale Bedeutung in der Musikberichterstattung kommt der Rezension (oder Kritik) von musikalischen Premieren, CDs oder Musikbüchern zu. Die Rezension beschreibt und begutachtet deren Beschaffenheit, wobei sie die Eigenarten anderer Genres (etwa Reportage, Glosse oder Porträt) in sich vereinen kann.
In den Anfängen der Musikberichterstattung kann von professionellem Journalismus noch nicht gesprochen werden. Im Zentrum der ersten musikalischen Fachzeitschriften, die nach 1700 aufkamen, standen Essays und akademische Erörterungen von Schriften und Theorien zur Musik, wobei das Publikum auf Gebildete beschränkt blieb. Erst mit Entfaltung des bürgerlichen Konzertwesens gegen Ende des 18. Jahrhunderts drangen Konzertbesprechungen langsam in die Publizistik vor, außer in die Fachjournale nun auch in die all-gemeine Nachrichtenpresse. Mit „Kulturzeitungen“ wie dem „Morgenblatt für gebildete Stände“ (ab 1807) entstand in Deutschland darüber hinaus ein völlig neuer Pressetypus, der (in einer Zeit schärfster Presse-zensur) auf politische Berichterstattung verzichtete und sich ausschließlich Kulturthemen widmete. Die Palette der Darstellungsformen war hier bereits umfassend bestückt, am liebsten aber griffen die Musik-journalisten – ähnlich wie heute – zu Meldungen und Rezensionen. [2] Terminjournalismus und heute noch beliebte Wertungsformeln („glänzend“, „brillant“, „präzise“ u. ä.) setzen sich schon in dieser Zeit durch. [3]
Mit dem Aufkommen der Kulturzeitungen spaltete sich Musikberichterstattung dauerhaft auf in Angebote für die Allgemeinheit (Zeitungen) und solche für Eingeweihte (Musikjournale). Um 1850 ging die kommunikative Funktion der Kulturzeitungen auf die Tageszeitungen insgesamt über, deren Zahl sprunghaft anstieg. Die Massenpresse entstand, was auch die Redaktionen anwachsen ließ. Das „Ressort Feuilleton“ wurde nun endgültig eine Institution der deutschen Publizistik – eine Entwicklung, die begünstigt war von der hierzulande länger als etwa in Frankreich oder Großbritannien eingeschränkten freien politischen Berichterstattung. Auch die Vielzahl der Zeitungen in den deutschen Kleinstaaten mit ihren kulturell rivalisierenden Zentren ließ gerade das Feuilleton aufblühen. Bewunderte und gefürchtete Alphatiere der Kritik wie Heinrich Friedrich Ludwig Rellstab und Eduard Hanslick begründeten so etwas wie ein Starkritikertum; nachhaltiger aber wirkte das im 19. Jahrhundert sich in alle Provinzen hinein ausbreitende Angebot an Musikberichterstattung.
„Das Publikum erwartet mehreren Studien zufolge von Kultur- und Musikjournalisten in erster Linie Information, also das Wissen erweiternde Beiträge.“
Feuilleton der Tages- und Wochenpresse
Das Erbe dieser pressehistorischen Sonderentwicklung Deutschlands ist eine üppige Feuilletonlandschaft. Das Deutsche Musikinformationszentrum (MIZ) weist derzeit (Stand: Juli 2017) 170 Tages-, Wochen- und Wochenendzeitungen mit Kulturredaktionen und kulturverwandten Ressorts auf. Zwar ist die Zahl der Tages- und Sonntagszeitungen seit der Jahrtausendwende um etwa zehn Prozent zurückgegangen. [4] Nichts deutet jedoch darauf hin, dass in Zeitungen das Prestigeressort Feuilleton abgebaut worden wäre – im Gegenteil: Bis in die kleinsten Auflagenklassen hinein unterbreiten die verbleibenden Vollredaktionen deutscher Zeitungen weiterhin regelmäßig ein Feuilletonangebot. Hinzu kommt, dass etliche der rund 800 Publikumszeitschriften und 1.300 Anzeigenblätter in Deutschland [5] ebenfalls über kulturelle Neuheiten berichten. In den 170 Kulturredaktionen der Tages- und Wochen- sowie Wochenendzeitungen arbeiten nach den Daten des MIZ etwa 100 fest angestellte Redakteurinnen und Redakteure, die Musik als Schwerpunkt ihrer Berichterstattung nennen. Selbst unter Berücksichtigung der geschmolzenen Titelzahl haben die festen Stellen für Musikjournalisten wie die für Zeitungsredakteure insgesamt [6] in den vergangenen Jahren abgenommen; ein Vergleich der MIZ-Daten mit dem Musik-Almanach 2003/2004 ergibt ein ähnliches Bild. Auch das gefährdet, soweit absehbar, weder die Existenz noch den Umfang des Ressorts. Es liefert aber ein Indiz für die erhöhte Arbeitsbelastung in den Redaktionen; dies umso mehr, als Presseverlage aus wirtschaftlichen Gründen die Beschäftigung freier Mitarbeiter in den vergangenen Jahren vielerorts ein-geschränkt und deren Honorare abgesenkt haben. [7] Die exakte Anzahl freier Mitarbeiter zu bestimmen, erscheint allerdings unmöglich, da die Berufsbezeichnung „Journalist“ ungeschützt ist. Auch wer nur zwei-mal im Jahr einen Beitrag über Schulmusik veröffentlicht, darf sich „freier Musikjournalist“ nennen.
Von den beim MIZ verzeichneten Musikredakteurinnen und -redakteuren legen sich rund 50 Prozent nicht auf einen musikalischen Schwerpunkt fest. Etwa ein Viertel nennt Klassik, Konzert, Oper oder Ballett als Fachgebiet, ein weiteres Viertel gibt Pop, Rock, Jazz als Spezialgebiet an. Damit herrscht ein aus-geglichenes Verhältnis von „E“- und „U“-Journalisten in den Redaktionen. Eine Inhaltsanalyse sechs ausgewählter Tageszeitungen aus dem Jahr 2011 [8] zeigt, dass sich auch in der Berichterstattung der Kulturteile die beiden musikalischen „Welten“ die Waage halten (vgl. Abbildung 1). Um zu dieser Aufwertung populärer Musik zu gelangen, hat das Feuilleton allerdings viele Jahre gebraucht; 1983, so ergab eine frühere Inhaltsanalyse, lag der Anteil der Pop-Themen insgesamt an der Berichterstattung erst bei zwölf Prozent, 1993 waren es 19 Prozent. [9] Nicht nur die Aufwertung der Popularmusik, sondern erhöhte Aufmerksamkeit für Musik schlechthin kenn-zeichnet die Entwicklung des Feuilletons. In den Kulturteilen (deren Beiträge länger geworden sind, so dass von einer vielbeklagten „Häppchenkultur“, aber auch von einer drastischen Reduktion des Gesamtumfangs keine Rede sein kann), steht Musik ausgesprochen hoch im Kurs. Mit einem Anteil von rund einem Viertel an allen Themen nimmt sie, anders als noch vor einigen Jahrzehnten, den Spitzenplatz ein (vgl. Abbildung 2).
Diese Dominanz lässt sich möglicherweise mit einer Verjüngung der Redaktionen erklären, auch mit dem Versuch, durch Popthemen mehr junge Leserinnen und Leser zu erreichen. Ein gewisser Überdruss am „Debattenfeuilleton“ und einer Politisierung des Feuilletons könnte ebenfalls eine Rolle spielen, da gesellschafts- und problembezogene Artikel im Musikjournalismus deutlich seltener vorkommen als in anderen Themengebieten. [10] In diesem Licht lassen sich auch die Monokultur der Darstellungsformen sowie die Vorliebe für das isolierte Kunstereignis und für termingebundene Nachrichten sehen. Etwa 60 Prozent aller Beiträge im Feuilleton sind Rezensionen und Meldungen. Hintergrund- und Ereignisberichte, aber auch Serviceformen und personalisierende Genres wie Vorberichte und Porträts haben (anders als vielfach vermutet) einen Anteil von lediglich fünf bis zehn Prozent. Alle anderen Formen liegen darunter auf niedrigstem Niveau. Über die Hälfte aller Beiträge beziehen sich auf Konzertveranstaltungen, die übrigen zu gleichen Teilen auf neue Tonträger und auf sonstige Anlässe. So führt das Musikfeuilleton zwar eine lange Tradition der kritischen Selbstverständigung fort, verzichtet dabei aber doch auch auf viele Möglichkeiten, musikalische Entwicklungen und Prozesse vielfältiger und noch attraktiver zu beleuchten. [11]
Lokale und regionale Blätter, die die große Mehrheit der Tageszeitungen ausmachen, sind bei ihrer Themenwahl freilich auch besonderen Erwartungshaltungen ausgesetzt. Als Chronisten des Nahraums sind sie der lokalen Szene wie auch der Beobachtung des künstlerischen Nachwuchses verpflichtet. Ihre Leserinnen und Leser erwarten Berichte von möglichst allen Ereignissen in ihrer Umgebung. Das schränkt die Vorauswahl ein und führt zu rezensionslastigen Kulturseiten mit eher entgegenkommenden Wertungen. Stark eingeschränkt muss die Berichterstattung zu Ereignissen außerhalb dieses Nahraums bleiben, zumal die Reise-Etats für Mitarbeiter gering sind. Die Kulturjournalisten, die für die 13 überregionalen und wöchentlich erscheinenden Blätter arbeiten, jedenfalls die Kritiker der Kulturleitmedien Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Süddeutsche Zeitung (SZ) und DIE ZEIT, haben dagegen andere Möglichkeiten. Ihnen stehen mehr Platz und mehr Geld für Reisen zur Verfügung. So können sie das Geschehen in verschiedenen Metropolen beurteilen, vergleichen und analytisch tiefer vordringen. Sie nehmen also weniger das Geschehen in den Blick, das ihnen von einer lokalen „Agenda“ diktiert wird, sondern filtern aus einem größeren Beobachtungsraum das heraus, was sie für wichtig, weil stilprägend und vorbildlich halten. Diese Unterschiede zeigten sich bei der Inhaltsanalyse von Feuilletonseiten 2011 deutlich. So hatten Beiträge in der SZ einen durchschnittlichen Umfang von 356 cm2, die der FAZ nahmen 285 cm2 ein. Vier untersuchte Lokal- und Regionalzeitungen kamen dagegen nur auf 110 bis 149 cm2. Raum für eine Diskussion politisch-gesellschaftlicher Themen ist hier, anders als in FAZ und SZ, kaum. [12] Schließlich ist auch der Tenor wertender Beiträge der beiden überregionalen Blätter, die keine Rücksichten auf lokale Gegebenheiten nehmen müssen, deutlich kritischer.
Fachzeitschriften
Anders als bei den Tages- und Wochenzeitungen, die unter vergleichbaren Bedingungen arbeiten, lassen sich generalisierende Aussagen über den Inhalt von Musikzeitschriften nicht treffen. Das liegt an der Vielfältigkeit dieses Medientyps: Im Gegensatz zu drei beliebigen Tageszeitungen haben etwa der Rolling Stone, Musica Sacra und drums & percussion kaum etwas miteinander gemein, außer dass sie sich an Spezialpublika wenden, die ein besonderes Interesse für und Vorwissen über Musik mitbringen. Definitorische Schwierigkeiten erlauben auch keine exakten Zahlenangaben über den Gesamtbestand an Musikzeitschriften. So stellt sich etwa die Frage, ob so genannte Fanzines, also Magazine, die von Fans für Fans herausgegeben werden, oder Jugendmagazine (z. B. Bravo) zu diesem Fachzeitschriftentypus gezählt werden sollen oder nicht.
Das Deutsche Musikinformationszentrum tut dies nicht und kommt so zurzeit auf 188 Zeitschriften und Jahrbücher aus allen Bereichen der Musik und verwandten bzw. angrenzenden Gebieten (darunter Kultur- und Theaterzeitschriften), die fachlich und überregional von Bedeutung sind. Jeweils etwa ein Viertel der derzeit verzeichneten Titel erscheint einmal im Quartal (22 Prozent) bzw. alle zwei Monate (26 Prozent). Ein knappes Fünftel (19 Prozent) liegt jeden Monat (zehn- bis zwölfmal pro Jahr) neu im Kiosk. Die anderen Publikationen kommen zwischen einmal (Jahrbücher) und 52-mal im Jahr heraus. 30 Zeitschriften (15 Prozent) bieten zusätzlich einen Online-Auftritt an. Rechnet man die 22 aufgelisteten Jahrbücher heraus, verbleiben 166 Zeitschriften. Sie lassen sich nach Sachgebieten und damit in der Regel auch nach Zielgruppen klassifizieren (vgl. Abbildung 3).
Anders als man vermuten könnte, bilden nicht Popmagazine, sondern 36 instrumentenspezifische Titel mit einem Anteil von 22 Prozent die größte Gruppe. Diese Zeitschriften (Beispiele: akkordeon magazin, guitar, Flöte aktuell) wenden sich an Laien- und Profimusiker und liefern Konzert-, Hintergrund- oder Testberichte über einzelne Instrumente, Porträts von Instrumentalisten sowie Stellenanzeigen. Danach folgen (mit 16 Prozent) Pop-Zeitschriften, die sich entweder monothematisch einer bestimmten Stilrichtung widmen (Beispiel: das HipHop-Magazin Backspin Mag) oder als Publikumsblätter die ganze Band-breite der Pop- und Rockmusik (Metal, Techno, Oldies usw.) im Auge haben. Vor allem in diesem Segment (Beispiele: Rolling Stone, Spex, Visions) finden sich Titel, die als Leitmedien für Popmusik gelten. Eine besondere Rolle spielen hierin traditionell Rezensionen neuer Alben.
Erstaunlich groß ist die Zahl musikpädagogischer und -therapeutischer Zeitschriften (im Jahr 2016 mit zehn Prozent) die mit fachlichen Hintergrundtexten, Unterrichtshilfen und Terminhinweisen Lehrer und Therapeuten ansprechen (Beispiele: Musik & Bildung, Musiktherapeutische Umschau). Etwa ebenso häufig (acht Prozent) sind musikwissenschaftliche Zeitschriften (Beispiele: Acta Musicologica, Archiv für Musikwissenschaft). Mit ihren theoriegesättigten und analytischen Inhalten für einen akademischen „inner circle“ und mit ihrer kleinen Auflage können sie sich genauso als Erben der oben erwähnten Fachjournale früherer Jahrhunderte sehen wie die großen Publikumszeitschriften für E-Musik, vor allem die neue musikzeitung, aber auch Titel wie Rondo oder Crescendo, die sich an musikalisch, aber nicht unbedingt musikwissenschaftlich vorgebildete Leser wenden. Die Fülle auch der übrigen Zeitschriftentypen beweist, wie reich Deutschland mit seiner feuilletonistischen Tradition auf dem Sektor der Musikperiodika ist. Trotz der gewachsenen Titelzahl ist dieser Reichtum allerdings nicht ungefährdet. Die Auflagenzahl vieler Blätter ist in den vergangenen Jahren zum Teil drastisch gesunken, was – wie bei nahezu allen Presseprodukten – mit dem geänderten Informationsverhalten der Bevölkerung zu tun hat: So ist die Tagesreichweite des Internets (Bevölkerung ab 14 Jahren) in den Jahren zwischen 2000 und 2015 von zehn auf 46 Prozent gestiegen, die der Zeitschriften von 16 auf sechs Prozent gesunken; die durchschnittliche Nutzungsdauer pro Tag stieg beim Internet von 13 auf 107 Minuten, die ohnehin geringe Nutzungsdauer von Zeitschriften halbierte sich fast noch einmal von zehn auf sechs Minuten. [13] Als regelmäßig genutzte „Nachrichtenquelle“ nannten 2014 20 Prozent der Bundesbürger gedruckte Zeitschriften, 2016 waren es nur noch 17 Prozent. Dagegen informierten sich 2014 schon 23 Prozent regelmäßig aus sozialen Netzwerken über aktuelles Geschehen, und 2016 waren es sogar 31 Prozent. [14] Nach den Daten der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation hat das Internet zwischen 2010 und 2015 beim Nutzungsmotiv „Weil ich mich informieren möchte“ deutlich zugelegt (von 29 auf 34 Prozent der erwachsenen Nutzer) und ist damit vor die „klassischen Medien“ gerückt, die bei der Informationssuche stagnieren oder an Bedeutung verlieren. [15]
Auch musikbezogene Informationen (z. B. über Neuerscheinungen, Konzerttermine oder einzelne Künstler) lassen sich aus diversen Quellen im Netz viel aktueller zusammenstellen als aus einer nur ein paarmal im Jahr erscheinenden Zeitschrift. Sie sind überdies vielfach kostenlos und können in den sozialen Medien geteilt werden. Zugleich sinkt die Bereitschaft des Medienpublikums, für Informationen zu zahlen. Mit dem Auflagenschwund der Musikzeitschriften sinkt auch die Attraktivität für Anzeigenkunden, was die Verlage vor erhebliche Probleme stellt. Redakteure von Musikzeitschriften bekommen Druck und Abhängigkeit von Seiten der Werbung entsprechend besonders zu spüren. Neue Finanzierungsmodelle aber sind vor allem wegen der Nähe zu Werbung und PR umstritten (Sponsoring, Medienpartnerschaft, Branded Content, Native Advertising). Musikjournalistinnen und -journalisten berichten immer wieder von Stellenabbau und gekürzten Etats in den Redaktionen, und manche äußern sich skeptisch, was das Überleben zumindest der gedruckten Musikzeitschriften angeht. [16]
Online-Medien und Blogs
Reine Online-Angebote, die über vergleichbare Inhalte wie Musikzeitschriften verfügen, finden sich auch heute, im Zeitalter der Digitalisierung, noch immer selten; 19 Titel weist die Auflistung des MIZ (Stand: Juli 2017) auf. Dazu kommen 30 Online-Ausgaben von Printmagazinen. Viele Verlage setzen also – wohl aus Prestigegründen – auf eine „bi-mediale“ Erscheinungsweise, solange sie dies noch (quer-)finanzieren können. Neugründungen von professionell besetzten Musikzeitschriften, die ausschließlich im Netz erscheinen, erfordern wiederum erhebliche Investitionskosten und stehen vor nicht geringeren Finanzierungsproblemen als Papierzeitschriften. Online-Zeitschriften oder online erscheinende Zeitschriftenableger haben den Musikjournalismus bislang inhaltlich nicht revolutioniert: Information, Service, Analyse, Kritik und Unterhaltung, getragen von Text und Foto, bestimmen auch hier die Berichterstattung. Gleichwohl haben Online-Magazine zumindest das Potenzial, Angebot und Nachfrage im Musikjournalismus nachhaltig zu erweitern. Einige besondere Merkmale zeichnen sie aus [17]: Die Redakteure können interaktiv mit ihren Lesern z. B. in Foren oder Newsgroups kommunizieren. Sie können neue Formen der multimedialen Ansprache erproben und auch die klassische Rezension öffnen (so versucht das Klassik-Magazin VAN, den Musikbericht in zeitgemäße Erzählformen umzusetzen). Sie können akustische Beispiele einbinden und damit Kritikeraussagen überprüfbar machen. Sie können über Links ihren Lesern unendlich viele Quellen erschließen, über Suchfunktionen die Auswahl erleichtern oder die Archivierung von Inhalten ermöglichen.
Online-Zeitschriften sind im Umfang nicht eingeschränkt und erheblich aktueller als die nur ein paarmal im Jahr erscheinenden Hefte. Aufgrund all der genannten Vorteile und vor allem wegen des Wandels im Informationsverhalten dürften sie die Papierzeitschriften langfristig wenn auch nicht ersetzen, so zumindest weiter zurückdrängen – vorausgesetzt, sie können besser als jene ihre Finanzierung sichern. Paid-Content-Modelle oder Crowdfunding (also die finanzielle Unterstützung durch Spenden oder regelmäßige Geldbeträge einer Vielzahl von Menschen) versprechen da allerdings noch nicht allzu viel. Das gilt nicht nur für Musikmagazine, sondern auch für andere Segmente des Zeitschriftenmarkts. Vereinzelt sind dennoch schon Papierausgaben zugunsten des Online-Auftritts aufgegeben worden, wie z. B. das Lifestyle- und Stadtmagazin Prinz, das seit 2012 nur noch im Netz erscheint. Finanzierungsprobleme haben Musikblogs zunächst einmal nicht, solange sie Angebote von Einzelpersonen bleiben, die aus ihrer Beobachtung der Musikszene keinen Beruf machen, sondern professionelle musikjournalistische Angebote aus Leidenschaft und eigenem Antrieb punktuell ergänzen wollen. Auch die Zahl solcher Internetauftritte lässt sich nicht exakt bestimmen. Das Verzeichnis Bloggeramt.de führte 2014 knapp 2.500 Blogs auf, die sich nicht als private Online-Tagebücher verstehen (deren Zahl um ein Vielfaches höher liegt), sondern ein eingegrenztes gesellschaftliches Themengebiet bearbeiten. 150 solcher Themenblogs befassten sich ausschließlich mit Musik. [18] Eine systematische Erhebung an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover ergab Anfang 2017 erheblich mehr, nämlich 386 aktive Musikblogs [19]. Zu über 90 Prozent widmen sie sich ausschließlich der so genannten U-Musik. Auffällig ist, dass sie multimediale und interaktive Möglichkeiten keineswegs ausschöpfen. Auch sie halten, wie die herkömmliche Musikberichterstattung, am Terminjournalismus fest und bieten vor allem Rezensionen, Meldungen und unbewegte Bilder an.
Individuelle Wortmeldungen dieser Art im Internet (die äußerlich an die oben erwähnten Ein-Mann-Redaktionen journalistischer Laien im 18. Jahrhundert erinnern) lassen sich als Demokratisierung musikkritischer Urteile begreifen. Sie geben jedermann die Möglichkeit, sich am Musikdiskurs zu beteiligen. Mit „Nischenthemen“ können sie einen Beitrag zur Newcomer-Förderung leisten und gleichzeitig Profi-redaktionen thematisch inspirieren. Die hannoversche Studie konnte auch belegen, dass Musikblogs thematisch eine Plattform für eher unbekannte, aufstrebende Künstler sind, und dies bei einem hohen Anteil positiv ausgerichteter Beiträge. Allerdings unterliegen Themenblogs sehr häufig keinerlei Qualitätskontrolle durch andere und werden von Einzelpersonen betrieben, die sich auf PR-Material stützen. Das Ansehen von Musikblogs bei journalistischen Profis, die vielfach fehlende Reflexion, zu viel Subjektivität und Emotionalität oder stilistische Mängel der „Blogosphäre“ kritisieren, ist häufig mäßig. Gleichwohl strebt ein Teil der Bloggerszene nach Professionalisierung, was zu einer Angleichung der Qualitätsansprüche an den professionellen Musikjournalismus führen und die Bildung redaktionell arbeitender Bloggerteams fördern dürfte. Damit allerdings setzen sich auch diese Musikkommunikatoren dem Problem noch kaum funktionierender Geschäftsmodelle im Internet aus.
Musikjournalisten und Erwartungen des Musikpublikums
Professionelle Musikkommunikatoren werden auf absehbare Zeit der Maßstab medialer Musikberichterstattung bleiben. Was zeichnet sie aus und was erwartet man von ihnen? Eine (nicht-repräsentative) Studie unter dieser Berufsgruppe [20] ergab, dass vier von fünf Musikjournalist*innen in Deutschland Männer sind. Frauen finden sich damit deutlich seltener in diesem Beruf als im Kulturjournalismus und im Journalismus insgesamt, wo ihr Anteil zwischen 30 und 40 Prozent liegt – ein Phänomen, dessen Erklärung noch aus-steht. Das Durchschnittsalter (etwa 43 Jahre) entspricht dem in anderen Ressorts. Ausgesprochen hoch ist das Ausbildungsniveau: 80 Prozent der Musikjournalisten haben studiert, etwa jeder dritte Musikwissenschaft; zwei Drittel haben ihr Studium auch abgeschlossen, jeder Zehnte hat promoviert. Mehr als zwei Drittel sind oder waren selbst musikalisch aktiv und hatten Vokal- oder Instrumentalunterricht. Entsprechend zeigt sich eine intrinsische, also von Interesse und Spaß an der Sache geprägte Berufsmotivation. Sie führt zu einer erkennbaren Zufriedenheit im Beruf, die allerdings deutlich geringer ausgeprägt ist, wenn es um Bezahlung, persönliche Freiheiten, Aufstiegschancen oder die Möglichkeit geht, Einfluss zu nehmen. Nach der Vorstellung der Musikjournalisten ist ihr Publikum gebildet, interessiert und aufgeschlossen. Wie alle Journalisten sehen sie sich in erster Linie als Informanten dieses Publikums, nicht als dessen Erzieher oder Belehrer. Gleichwohl beharren sie auf dem klassischen Rollenbild des Kritikers: U- wie E-Musikjournalisten, Zeitungs- wie Onlinejournalisten nutzen mit deutlichem Abstand am häufigsten die Darstellungsform der Rezension. Sie sehen sich als Nachrichtenlieferanten mit subjektiv-kritischem Autonomieanspruch, was sich auch in ihrer Themenauswahl spiegelt: Hier lassen sie sich (vor allem im U- und Online-Musikjournalismus) deutlich mehr von persönlichen Interessen als von Publikumsinteressen leiten. Beeinflusst werden sie ihrer Meinung nach dabei weniger von PR-Aktivitäten der Musikindustrie als von persönlichen Kontakten zu Künstlerinnen und Künstlern. Insgesamt schauen sie, von der Notwendigkeit des eigenen Handelns überzeugt, eher zuversichtlich in die Zukunft des eigenen Metiers, wobei sich überraschend Zeitungsjournalisten am gelassensten geben.
Das Publikum wiederum erwartet mehreren Studien zufolge von Kultur- und Musikjournalisten in erster Linie Information, also das Wissen erweiternde Beiträge, die ihm zum Beispiel für das Gespräch mit anderen nützlich erscheinen. Das gilt auch für Rezensionen. Erst an zweiter Stelle wünscht es sich Wertungen und Urteile zur eigenen Orientierung. Vermutungen, dass nicht nur positive, sondern auch negative Kritikerurteile Leser mit hoher eigener Expertise herausfordern könnten, ein Konzert zu besuchen oder eine Platte zu kaufen, um sich selbst eine Meinung zu bilden, bestätigten sich für CD-Rezensionen in Musikzeitschriften allerdings nicht. In der Erwartung des Publikums, vor allem informiert zu werden, zeigt sich gleichwohl eine gewisse Distanz zum Autonomieanspruch der Musikkritik und ein Beharren auf eigener Autonomie sowie dem Bedürfnis, sich ein eigenes Urteil zu bilden. So wünschten sich in Hannover befragte Opern- und Theatergänger [21] am wenigsten eine „ästhetische Erziehung“ durch Kritik in der Presse, aber auch nicht die bloße Bestätigung ihres eigenen Geschmacks. Stattdessen forderten sie, Kritiker sollten, wenn sie werten, sich „zu ihrer Subjektivität“ bekennen, aber auch die „Maßstäbe ihrer Kritik offenlegen“. Dass Rezensionen auf ihre Einstellungen und ihr Verhalten einwirken könnten, vermuteten die Befragten weniger.
Ausblick
Musikberichterstattung in deutschen Print- und Onlinemedien ist strukturell hoch entwickelt. Das Netz von Zeitungsfeuilletons mit Musikredaktionen ist dicht, und ausgesprochen viele Fachzeitschriften decken eine Fülle musikalischer Schwerpunkte ab. Allerdings ist die Auflage dieser Magazine zum Teil erheblich eingebrochen. Insgesamt sind die Zahl der Musikredakteure und die Beschäftigungsmöglichkeiten für freie Journalisten zurückgegangen. Online-Zeitschriften für Musik bilden noch kein allzu großes Marktsegment. Ihnen steht eine Fülle von Musikblogs unterschiedlichster Qualität entgegen. Alles in allem hat die mediale Aufmerksamkeit für Musik stark zugenommen. Noch blicken die bestens ausgebildeten Musikjournalisten deshalb gelassen in die Zukunft, und das Publikum scheint ihre Rolle zu akzeptieren. Während der Musikjournalismus sein inhaltliches Spektrum in den vergangenen Jahren deutlich erweitert und U-Musik aufgewertet hat, sind formale Innovationen allerdings noch selten. Rezensionen und Meldungen bestimmen auch online das Bild. Aussagen über künftige Entwicklungen des Musikjournalismus in Deutschland sind in der schnelllebigen Medienwelt zwangsläufig spekulativ. Dennoch zeichnen sich, auch im Gespräch mit Musikjournalisten selbst [22], Prognosen und Empfehlungen ab. So erscheint das Zeitungsfeuilleton als Stammplatz des Musikjournalismus eher nicht gefährdet. Die Zahl der Tageszeitungen wird aller Voraussicht nach zwar weiter abnehmen, ihre Auflage sinken. Aber wie alle althergebrachten Medien werden auch Zeitungen nicht vom Markt verschwinden und somit auch das Prestigeressort Feuilleton überleben, das sich ja nicht selbst finanzieren muss. Wenn es auch künftig zur Qualität der Tagespresse beitragen will, wird das Feuilleton aber auf die Konkurrenz der elektronischen Medien reagieren müssen – und zwar nicht durch thematische und formale Anpassung, sondern durch Schärfung des eigenen Profils. Mit dem Tempo, dem Informations-überangebot und den Serviceleistungen des Internets können Zeitungen nicht mithalten. Dagegen sollten sie auf der einen Seite ausbauen, was seit Jahrhunderten ihre Stärke ist: eine kompetente, zuverlässig beobachtende und seriös urteilende Filterinstanz des (lokalen) Musikgeschehens zu sein. Andererseits sollten sie ihr Themen- und Formenangebot deutlich erweitern – über Rezension und Meldung hinaus zu Hinter-grundberichten, Analysen und „Erzählstücken“ für jene Mediennutzer, die sich künftig noch die Zeit zur Zeitungslektüre nehmen werden und als Multiplikatoren Einfluss auf die Meinungsbildung haben.
„Narrativer“ Journalismus, lange Lesetexte, aussagekräftige Interviews, exklusive Reportagen und Bilderstrecken – damit werden sich nach Meinung vieler Musikjournalisten auch die gedruckten Musikzeitschriften profilieren können. Als bloße Nachrichten- und Servicemedien haben sie – mit Ausnahme hochgradig spezialisierter Fachtitel wie z. B. instrumentenspezfischer Zeitschriften – künftig keine Chance mehr gegen das Internet. Die derzeitige Fülle an Titeln wird nicht erhalten bleiben, die Leserzahl der Printmagazine wird weiter schrumpfen. Aber als sprachlich und optisch ambitioniertes Lektüremedium können Musikzeitschriften auch künftig am Markt vertreten sein – jedenfalls solange die Verlage in sie zu investieren bereit sind und neue Geschäftsmodelle erschließen. Das allerdings erweist sich als überaus schwierig und ist auch für Online-Magazine die Herausforderung schlechthin. Professionell besetzter Musikjournalismus kostet auch im Netz viel Geld; seine Refinanzierung aber ist völlig ungeklärt, kein Geschäftsmodell verspricht bislang effektive Lösungen. Journalistisch haben Online-Magazine ein ganz anderes Potenzial, mit dem sie sich von einem ruhig „erzählenden“ und auf Sprachqualität setzenden Printjournalismus deutlich abheben können: Sie haben Möglichkeit, akustisches und visuelles Material und Bewegtbilder in Berichte und Kritiken einzubinden, sie können Leser auf ganz andere Art an Recherchen und Themenideen beteiligen, ihnen zusätzliche Quellen und Hintergründe sehr viel schneller erschließen und Dienstleistungen anbieten, zu denen Zeitung und Papierzeitschrift nicht in der Lage sind. Die neuen journalistischen Mittel sind längst entwickelt, auch wenn sie noch nicht konsequent eingesetzt werden. Ob aber Online-Magazine das musikjournalistische Medium der Zukunft sein werden, darüber entscheiden letztlich nicht Journalisten, sondern das Medienmanagement und vor allem das Publikum.
Wie sich Musikblogs künftig entwickeln werden, ist besonders schwer abzuschätzen. Schon eine Bestandsaufnahme vorhandener Blogs gestaltet sich als schwierig. Zu vermuten ist, dass in den nächsten Jahren nicht mehr so viele neue Blogs dazukommen wie in der jüngsten Vergangenheit. Eher wird sich die Szene ausdifferenzieren: Der kleinere Teil der Anbieter wird, professionell ambitioniert, redaktionelle Strukturen entwickeln mit Themenkonferenzen, Arbeitsteilung, Qualitätsmanagement und der ständigen Suche nach Geldquellen. Sie beschreiten den Weg – dies kann man zum Teil schon beobachten – vom Blog zum Online-Magazin, mit allen Abhängigkeiten und Schwierigkeiten, sich gegen die vorhandene Konkurrenz zu behaupten. Der Großteil der Musikblogs wird dagegen bleiben, was Blogs ja eigentlich sein wollen: Wortmeldungen und Reflexionen Einzelner, demokratische Artikulation eigener Standpunkte zu bestimmten Themen. Ihre Autoren werden auch künftig manchmal sachkundig sein und manchmal nicht, manchmal erfrischend und manchmal nicht, manchmal wirklich unabhängig von Interessengruppen und manchmal nicht. Viele von ihnen sind in ihrer Glaubwürdigkeit schwer einzuschätzen, die meisten sind überdies schwer aufzufinden im Universum des Internets und haben eine verschwindend geringe Leserschaft. Die besten können auch ohne journalistische Expertise den professionellen Musikjournalismus durchaus anregen und herausfordern. Ersetzen aber werden sie ihn auf absehbare Zeit nicht.
Fußnoten
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Siegfried Weischenberg, Maja Malik, Armin Scholl: Die Souffleure der Mediengesellschaft. Report über die Journalisten in Deutschland, Konstanz 2006, S. 14; Michael Meyen, Nina Springer: Freie Journalisten in Deutschland. Ein Report (in Kooperation mit dem Deutschen Fachjournalisten-Verband), Konstanz 2009, S. 19 f.
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Sascha Hölig, Uwe Hasebrink: Nachrichtennutzung über soziale Medien im internationalen Vergleich. Ergebnisse des Reuters Institute Digital News Survey 2016, Media Perspektiven 11 (o. J.), S. 535.
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Gunter Reus, Ruth Müller-Lindenberg: Die Notengeber. Gespräche mit Journalisten über die Zukunft der Musikkritik, Wiesbaden 2017.
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Michael Schenk, Julia Niemann, Anja Briehl: Blogger 2014. Das Selbstverständnis von Themenbloggern und ihr Verhältnis zum Journalismus. Im Auftrag des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV), Stuttgart 2014, S. 6.
Andrea Topinka: Eine Bestandsaufnahme deutscher Musikblogs. Überblick über Arten, Gestaltung, In-halt und journalistische Arbeitsweise der Musikblogs in Deutschland, Masterarbeit Hannover 2017.
Zu allen Berufsdaten im Folgenden vgl. Gunter Reus, Teresa Naab: Verhalten optimistisch. Wie Musikjournalistinnen und Musikjournalisten ihre Arbeit, ihr Publikum und ihre Zukunft sehen – eine Bestandsaufnahme, Publizistik 59 (2014), S. 107-133.
Gunter Reus, Lars Harden: Nicht auf verlorenem Posten. Entwicklung des Zeitungsfeuilletons und Wünsche des Opernpublikums an die Kulturberichterstattung, in: Karl- Heinz Reuband (Hrsg.): Oper, Publikum und Gesellschaft, Wiesbaden 2017, S. 199-214.
Vgl. Gunter Reus, Ruth Müller-Lindenberg: Die Notengeber. Gespräche mit Journalisten über die Zukunft der Musikkritik, Wiesbaden 2017.