Mit Dreiviertelmehrheit hat BR-Intendant Ulrich Wilhelm sich vom Rundfunkrat den Auftrag erteilen lassen, in den kommenden Jahren bis 2018 für eine neue Senderverteilung zu sorgen. PULS, der digitale Jugendsender des BR, soll dann auch auf UKW die nachwachsende Jugend begeistern und ins Hörerboot der Bayern holen. Damit das gelingt, soll zum gleichen Zeitpunkt für BR Klassik "neue Sendequalität für höchste Ansprüche“ auf DAB+ bereit gestellt sein.
"Ein tragfähiges Zielkonzept zur konsequenten Wiedergewinnung der Jugend für den BR als auch für den Beibehalt der treuen Klassik-Hörerschaft", nennt Dr. Thomas Goppel, Präsident des Bayerischen Musikrats, die in der Endphase noch einmal sehr kontrovers diskutierte und schließlich doch weitgehend einvernehmlich verabschiedete Streitfrage mit dem Ziel, endlich ein eigenes Konzept zur Sicherung der Generationenfolge in der Hörerschaft des BR umzusetzen.
Goppel: "Wir stehen am Anfang einer Rundfunkentwicklung, die nur dann Aussicht auf Bestand hat, wenn sie überzeugend auf die neue Angebotslage im Web-Netz mit flexibleren Sendestrukturen antwortet. PULS ist der jetzt zwingend bandbreit umgesetzte, dabei auf UKW auszudehnende Versuch, jungen Menschen in der heimatlichen Atmosphäre soviel Anbindung wie möglich zu sichern. Dabei fordert auch die musikalische Wahlfreiheit eines grenzenlosen Netzes ihren Tribut.“
Die ursprünglichen Umstellungspläne des Intendanten hatten den Bayerischen Musikrat auf den Plan gerufen. BMR-Präsident Dr. Thomas Goppel sitzt mit Robert Helmschrott im Rundfunkrat, letzterer für die Komponisten. Während Helmschrott die UKW-Position für BR Klassik ohne `Wenn und Aber` bis zuletzt verteidigt wissen wollte, bemühte sich Goppel mit den Hörfunkgewaltigen um ein Zielkonzept, das die unterschiedlichen Interessen aller unter einem Dach zusammenfasst. "Nach vielen Gesprächen und kontroversen Diskussionen ergibt sich echter Zugewinn für die beteiligten Hörerschaften - kein fauler Kompromiss“, kommentiert Goppel.
Mit dem Gesamtergebnis erklärt sich der BMR-Präsident durchaus einverstanden: "Jetzt haben die Klassikhörer bis 2018 Zeit, sich mit richtigem alternativen Gerät auszustatten. Auch die Umpolung der bestehenden Gerätschaften wird fast immer möglich und dabei wohl auch finanziell erschwinglich sein. Bis dahin kann der BR über Brückenangebote auf BR 2 und BR 3 den Jugendsender PULS sich bewähren lassen. "Im Web nach zusätzlicher junger Anhängerschaft Ausschau zu halten ist von jetzt an Pflicht!“ Goppel will diese aktuelle Zielsetzung offensiv beworben sehen.
Entgegen der in der BR-Pressemeldung vom 10. Juli 2014 getroffenen Feststellung, dass der Intendant den Frequenztausch ohne `Wenn und Aber` vollziehen kann, steht der Vollzug unter der Voraussetzung, dass die als Beschlussanteil vom 10. Juli 2014 mit entschiedenen Maßgaben erfüllt und umgesetzt sind. Um das zu erreichen, hat sich der Intendant verpflichtet, über Zwischenergebnisse regelmäßig im Rundfunkrat zu berichten. Goppel: "Unabhängige Gutachten, auf die man sich geeinigt hat, sollen dabei helfen, dem Rundfunkrat jeweils reinen Wein einzuschenken.“
In diesem Zusammenhang ist nicht unwichtig, dass der Bayerische Rundfunk mit den privaten Rundfunkanbietern eine Kampagne für DAB+ zu starten gewillt ist: beide Wettbewerber sollen sich verpflichtet fühlen, die bayernweite DAB+ Gerätedurchdringung zu beschleunigen.
Goppel weiß, dass eine stattliche Mehrheit unter den Autoradiohörern zu den BR Klassik-Abonnenten zählt. Die Mitnahme dieser Hörerschaft wird "am schwierigsten“. Das werden die Intendanten alleine nicht stemmen. Es wird politische Rückendeckung notwendig sein. Dazu will der Rundfunkrat die Ministerpräsidentenkonferenz hörerfreundlich und senderaffin sensibilisiert sehen. Goppel: "Die Kirche kennt 14 Nothelfer, der Rundfunkrat braucht für solche Fälle die Ministerpräsidenten.“
Die letzte Zusage des BR an seinen Rundfunkrat ist die schwergewichtigste: Bei der Umstellung 2018 geht es nicht nur um BR Klassik und PULS. Die gesamte Programmfamilie B1 bis B5, auch die Web-Auftritte etc. sollen auf dem Prüfstand stehen. Goppel: "In dieser Frage waren sich die Rundfunkräte noch einiger: Solcher Hausinnenputz ist bei Umstellungen der vorgesehenen Art überfällig!“
Der Rundfunkrat wird die Intendanz beim Wort nehmen: Eine gezielte und rasche Digitalisierung der Sendefrequenzen braucht mehr Tempo und konzertierte Zusammenarbeit. Deshalb wird der Rundfunkrat die Umstellung nicht erst im Ergebnis begleiten. Wenn 2018 die Neuplatzierung beider Sender, von BR Klassik und PULS, wirklich gelungen sein soll, müssen die technischen und organisatorischen Aktivitäten im Haus und auf dem flachen Land zu einem guten Ende gebracht sein. Goppel ist sich sicher, dass mit dem Zielkonzept 2014/18 an diesem 10. Juli 2014 eine andere Dynamik Platz gereift: "Dieses Mal bleiben die Pläne des BR nicht in den Sendestationen und bürokratischen Sielen hängen. Wir im Rundfunkrat sorgen dafür, dass das Ziel das Erledigungstempo bestimmt und nicht eine nach 2006 eingetretene Bequemlichkeit und Nachlässigkeit. Weder BR Klassik als treue und letzte deutsche Klassikstation im Sendernetz, noch des Rundfunks jüngstes Kind PULS hätten das verdient!“
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