Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) hat in der Diskussion über die Planungen des Bayerischen Rundfunks, zukünftig sein bislang nur digital ausgestrahltes Jugendradio BR PULS über UKW im Zuge eines Frequenztausches mit BR-KLASSIK zu verbreiten, ein Rechtsgutachten vorgelegt, nach dem sowohl ein Frequenz- als auch ein Programmwechsel gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstößt und zudem verfassungswidrig ist. Zu diesem Ergebnis kommt der Gutachter Prof. Dr. Christoph Degenhart von der Universität Leipzig.
Prof. Dr. Degenhart stützt sein Ergebnis u. a. auf § 19 Rundfunkstaatsvertrag, nach dem die analoge Verbreitung eines bisher ausschließlich digital verbreiteten Programmes unzulässig ist. Diese Bestimmung habe Vorrang vor den anderslautenden Regelungen des Bayerischen Rundfunkgesetzes. Zudem verstoße die geplante Verbreitung von BR PULS gegen den Grundversorgungsauftrag des Bayerischen Rundfunks, der insbesondere auch einen kulturellen Auftrag mit Verfassungsrang beinhaltet. Diesem könne der Bayerische Rundfunk mit einer lediglich digitalen DAB+-Verbreitung von BR-KLASSIK anstelle einer flächendeckenden UKW-Verbreitung nicht nachkommen. Aktuell wird Radio bundesweit von 94 Prozent der Haushalte über UKW empfangen und nur von 4,8 Prozent digital (auch) über DAB+. Eine flächendeckende Ausstattung der Haushalte mit DAB+ sei auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Der Bayerische Rundfunk hatte bei den von ihm verwendeten Reichweitenzahlen und Prognosen von DAB+ bislang stets mit Zahlen zur technischen Empfangbarkeit von DAB+ in Haushalten argumentiert, aber nicht auf die tatsächliche Nutzung abgestellt.
Klaus Schunk, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des VPRT und Vorsitzender des Fachbereichs Radio und Audiodienste, sagte: „Die Ergebnisse des Gutachtens sind deutlich. Wir appellieren an die Rundfunkräte des Bayerischen Rundfunks, bei ihren weiteren Beratungen diese Wertungen zu berücksichtigen. Neben den rechtlichen bleiben unverändert auch unsere wettbewerbspolitischen Befürchtungen bestehen: Ein über UKW verbreitetes BR-Jugendprogramm würde, auch wenn es werbefrei wäre, durch die entsprechenden Reichweitenverluste einige private bayerische Lokalradios sowie den Wettbewerb im gesamten bayerischen Radiomarkt erheblich zu Lasten der Privaten beeinträchtigen.“
Mit Blick auf den Rundfunkrat und die bisherige öffentliche Diskussion wies Klaus Schunk auch noch einmal auf den vom BR als Begründung für den geplanten Frequenztausch angeführten angeblichen „Generationenabriss“ in seinen Radioprogrammen hin. Der Bayerische Rundfunk erreiche in jeder Altersstufe, auch bei den 10- bis 19-Jährigen und den 20- bis 29-Jährigen Hörern in der Gesamtheit seiner Radioangebote mehr als 30 Prozent der bayerischen Hörer. Schunk: „Die Argumentation des Bayerischen Rundfunks vermittelt einen anderen Eindruck. Es gibt für den Bayerischen Rundfunk aber keinen Anspruch auf eine uneingeschränkte Marktführerschaft in allen Altersklassen. Hörermarktanteile von über 30 Prozent sind jedoch sicherlich kein ‚Generationenabriss, der die jetzt geplanten wettbewerblich und rechtlich höchst fragwürdigenden Schritte rechtfertigen könnte. Wenn der Bayerische Rundfunk diesen schon jetzt starken Anteil junger Hörer weiter ausbauen will, bieten die dafür zur Verfügung stehenden Programme, insbesondere Bayern 3, hinreichende Möglichkeiten.“
Das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Degenhart kann unter http://www.vprt.de/Gutachten-BR-Klassik abgerufen werden.
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