Vorbemerkung
Der große Erfolg des französischen Musikexportbüros sowie die Schaffung vergleichbarer, bisher unterschiedlich erfolgreicher Organisationen in anderen Staaten haben in weiten Kreisen der mittelständischen, nicht per se bereits global organisierten Musikwirtschaft Deutschlands den Plan zur Gründung eines Deutschen Musikexportbüros (German Music Export Office) hervorgerufen. Im Mittelpunkt stehen die kleinen und mittleren Labels der phonografischen Wirtschaft mit Orientierung auf die Pop- und Rockmusik, unterstützt durch Interessenten aus den Bereichen Künstlervermittlung, Künstlermanagement und Musikverlage. Dieses Anliegen wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, das Auswärtige Amt sowie –federführend - die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien unterstützt. Logistische sowie im Rahmen einer befristeten Anschubfinanzierung finanzielle Hilfe sind in Aussicht gestellt. Umstritten ist, ob das Büro als formal eigenständige Institution gegründet oder an eine bestehende Organisation angegliedert werden soll. Worin besteht die Aufgabe eines Musikexportbüros? Die generelle Zielsetzung und Strategie eines deutschen Musikexportbüros besteht gem. einer im Auftrag der deutschen Musikwirtschaft erstellten Analyse der Musikexportförderung in der Stärkung der Basis und der Umsätze aller Musikfirmen (Labels und Verlage) in Deutschland durch die Vermarktung deutscher Musikprodukte im Ausland und die Förderung des Ansehens Deutschlands als Standort für eine kreative Wirtschaft. Das nationale und internationale Renommée von Musik "made in Germany" soll dadurch gestärkt und ausgebaut werden. Auf diesem Wege soll sich Deutschland als weltoffener, kreativer Standort für eine funktionierende Musikszene und – wirtschaft aller Genres mit internationaler Strahlkraft etablieren können. Die Forderung des Deutschen Musikrats Das Präsidium des Deutschen Musikrats e.V. (DMR) fordert, das Deutsche Musikexportbüro dem DMR als eigenständige GmbH mit eigenem Aufsichtsrat neben der bereits bestehenden DMR -Projektgesellschaft mbH anzugliedern .

Die Begründung:

1. Zur Erlangung internationaler Geltung und Entfaltung größtmöglicher Effizienz bedarf das Musikexportbüro der Verbindung mit einer großen, im Musikleben möglichst breit verankerten und international angesehenen Institution. Diese Bedingungen erfüllt der DMR als größter nationaler Musikrat der Welt und institutionelles Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission. Der vorrangig auf weitestgehender Vernetzung mit anderen Dachverbänden und entsprechenden Institutionen beruhende Erfolg des französischen Modells des Musikexports belegt die Richtigkeit dieser These. Die Autorität und damit Effizienz eines dem DMR angegliederten Musikexportbüros wäre bei Auslandsauftritten (z.B anläßlich von Messen und Kongressen) weitaus größer, sofern ihm dabei das bereits weltweit etablierte Renommée des DMR zu Gute käme. 1

2. Die Anbindung des Musikexportbüros an den DMR wäre ein wichtiger Schritt zur Schaffung eines ganzheitlichen Musikverständnisses, welches nicht zuletzt von der Politik so nachhaltig gefordert wird. Wenig sachdienlich wäre es dagegen, erneut einzelne Satelliten zu schaffen - in Zeiten, in denen auf allen Ebenen die Beendigung der Differenzierung zwischen "E-" und "U-Musik" gefordert und auch allenthalben realisiert wird.

3. Der DMR verfügt nach seiner Neuorganisation über eine breite professionelle Infrastruktur. Dies bietet die Voraussetzung für diverse Synergieeffekte beim Aufbau und Betrieb des Musikexportbüros. Angesichts der lang diskutierten Finanzierungsproblematik eines Musikexportbüros einerseits und der existierenden professionellen Infrastruktur des DMR andererseits wäre es fatal, das Wagenrad für den Aufbau eines komplett selbständigen Büros vollständig neu zu erfinden. Buchhaltung, Pressestelle oder auch Räumlichkeiten sollten kostensparend gemeinsam genutzt anstatt sie doppelt – und letztlich auch aus öffentlichen Mitteln – zu finanzieren. Ferner ist der DMR der Überzeugung, dass der von den Initiatoren des Deutschen Musikexportbüros erwartete kommerzielle Erfolg nur eintreten wird, wenn im Ausland eine nachhaltige "Öffentlichkeitsarbeit" für Musik aus Deutschland betrieben wird. Diese Arbeit wird nicht lediglich auf den Schultern eines kleinen Teams von ein bis drei Mitarbeitern ruhen können. Ein Rückgriff auf die bestehenden (auch personellen) Ressourcen sowie das gewachsene know-how des DMR käme dem Musikexportbüro sicher zugute.

4. Der DMR repräsentiert mit derzeit 96 Mitgliedsverbänden alle wichtigen Verbände des deutschen Musiklebens. Mindestens 18 Mitgliedsverbände sind dem Bereich der Musikwirtschaft zuzuordnen oder vertreten zumindest primär wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder. Allein aus diesem Grunde hat der DMR nicht nur die Autorisierung, sondern auch das Mandat, für die Musikwirtschaft zu sprechen und sich für deren Interessen einzusetzen. Nur der Musikrat bündelt alle Aspekte der Musik.

5. Folgende Aufgaben werden im DMR gebündelt behandelt und umgesetzt:
• der Förderung der aktuellen Pop- und Rockmusik, zeitgenössischer E-Musik, des Jazz etc.,
• die sachgerechte Aus- und Fortbildung von Musikern, Musik-Kaufleuten, Produzenten etc.,
• die Schaffung besserer rechtlicher und steuerrechtlicher Rahmenbedingungen für musikalische Betätigung im In- und Ausland,
• die internationale Vertretung des deutschen Musiklebens mit seinen wirtschaftlichen Implikationen sowie
• die Öffentlichkeitsarbeit zu den behandelten Themen.

Somit vertritt der DMR das Musikleben in Deutschland in seiner Gesamtheit. Er ist die einzige Institution unseres Landes, die sowohl kultur- bzw. musikpolitische Aufgaben wahrnimmt als auch für die Verbreitung musikalischer Initiativen und Projekte in aller Welt eintritt. Die Verbreitung deutscher Musik im Ausland hat dabei kulturpolitische und ökonomische Bedeutung. Die Zusammenführung beider Aspekte war und ist lediglich unter dem Dach des DMR gewährleistet. 2

6. Die Befürchtung von Teilen der Initiatoren eines Musikexportbüros, der DMR könne - als bisher vorrangig im Bereich der klassischen Musik aktiver Dachverband - den ausschließlich wirtschaftlich orientierten Zielen eines Musikexportbüros entgegen stehen, ist unbegründet. Der DMR hat sein Mandat auch als Vertreter der Musikwirtschaft sowie der Popularmusik erkannt und betrachtet sein entsprechendes Engagement als ebenso wichtige wie wesentliche Aufgabe für die Zukunft. Dies ist keinesfalls ein Widerspruch zur Gemeinnützigkeit des DMR. Weder verträte der DMR mit einem entsprechenden Engagement Partikularinteressen noch würde er selbst eine Wirtschaftstätigkeit entfalten. Allerdings wird mit nahezu jeder Form der Musikausübung ein wirtschaftliches Interesse verfolgt. Allein deshalb läge ein Engagement des DMR für ein Musikexportbüro im wohlverstandenen Interesse aller Mitglieder des DMR - ja aller "Musikschaffenden" überhaupt.

7. Die mittelständischen Tonträgerlabels des populären Bereichs als Hauptträger des Deutschen Musikexportbüros heben sich von den global players nicht zuletzt durch ihr Engagement im Bereich musikalischer Nischen ab, die zumeist wenig Unterstützung seitens der Medien erhalten. Als wirtschaftlich schwächere Partner der Phonowirtschaft könnten sie sich auch auf internationaler Ebene zusätzlich des breitgefächerten Netzwerkes bedienen, welches der DMR insbesondere jungen Musikern bietet. Es mag als bedauerliches Ergebnis der Globalisierung betrachtet werden, dass es die Majors der Tonträgerindustrie - in Deutschland sind derzeit noch fünf vertreten - in den nächsten Jahren voraussichtlich in bestehender Form nicht mehr geben wird. Es muss mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die großen internationalen Konzerne ihre Vertretungen in Deutschland auf bloße Marketingwerkzeuge für internationales Produkt reduzieren. Dies bedeutet eine erhebliche Gefahr für die musikalische Vielfalt in unserem Lande. Allein von den Independant Labels wird die Aufgabe der Entwicklung musikalischer Vielfalt kaum wahrgenommen werden können. Hier könnte der DMR ein wichtiger Partner und Garant sein. Exporteur von Know-how.

8. Der DMR stünde - als Partner des Musikexportbüros - als Exporteur von Know-How zur Verfügung. Die künstlerischen, pädagogischen und übrigen mittelständischen Verbände im Deutschen Musikrat bieten eine Fülle von Know-How. Die Vernetzung eines Musikexportbüros mit dem DMR wird der Verstärkung des gegenseitigen Informationstransfers dienen und zu gemeinsamen Projekten führen. Im Übrigen wird diese Vernetzung im Wechselspiel Wirtschaft – Ausbildung – Nachwuchsförderung zur Entwicklung kreativer Ansätze zur künstlerischen Weiterentwicklung des Musiklebens führen.

9. Beide großen Veranstalterverbände Deutschlands sind Mitglied im Deutschen Musikrat. Auch die in diesen Verbänden organisierten Konzertagenturen und Künstlermanager haben – neben der Phonowirtschaft - ein integrales Interesse an dem Entstehen eines effizienten deutschen Musikexportbüros. 10. Die Einrichtung eines Musikexportbüros bedeutet Mittelstandsförderung. Der DMR hält eine derartig wichtige wirtschaftspolitische Maßnahme für nicht seriös, sofern sie auf die Beine einer lediglich 12-monatigen Anschubfinanzierung gestellt werden sollte. Dem DMR scheint eine mindestens zweijährige solide Finanzierung für zwingend geboten. Die Errichtung eines Musikexportbüros hat eine gesamtwirtschaftliche Dimension. Neben Künstlern, Tonträgerherstellern, Musikverlagen, Produzenten, Veranstaltern, Agenten und Managern käme die Arbeit eines Musikexportbüros auch z.B. den Instrumentenherstellern zugute, die ebenfalls im DMR organisiert sind. Es ist nicht einzusehen, dass z.B. im Bereich der Filmförderung für die Wahrnehmung entsprechender Aufgaben hohe Beträge investiert werden, derweil beim Musikexportbüro nach wie vor lediglich über Anschubfinanzierungen geredet wird. Der DMR vertritt daher im Hinblick auf ein zu gründendes Musikexportbüro die Überzeugung: Entweder richtig oder gar nicht!

Herausgeber: Deutscher Musikrat Weberstraße 59, 53113 Bonn Tel.: 0228 / 2091-0 Fax 0228 / 2091-200 Mail: info@musikrat.de Web: www.musikrat.de