Nach der zum 2. November 2020 in Kraft getretenen SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin (VO) sind u.a. Konzerte verboten. Hiergegen wandten sich u.a. ein sechsjähriger Pianist und eine erwachsene Pianistin, die gemeinsam am Abend des 3. November 2020 zwei Konzerte im Apollo-Saal der Staatsoper Unter den Linden zu geben beabsichtigen.

Die 14. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. In dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sei nicht mit der erforderlichen sehr hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich das angegriffene Verbot in einem etwaigen Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen werde. Vielmehr erscheine der Ausgang eines solchen Verfahrens als offen. Die VO beruhe auf einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage und verstoße weder gegen den Parlamentsvorbehalt bzw. das Wesentlichkeitsprinzip noch gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Verordnungsermächtigungen. Angesichts der dem Gericht zur Prüfung des Rechtsschutzantrages nur zur Verfügung stehenden, äußerst kurzen Zeitspanne sei vorerst nur eine grobe Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich. Danach stelle sich der in Rede stehende Eingriff in die Kunstfreiheit als nicht offenkundig rechtswidrig dar. Das Verbot diene im Zusammenwirken mit anderen in der VO normierten Maßnahmen und Vorgaben dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit der Krankheit COVID-19 soweit als möglich vorzubeugen, deren Ausbreitungsgeschwindigkeit zu verringern und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitssystems zu schützen. Hierzu erscheine das Verbot auch geeignet, denn es verhindere, dass Menschen – und zwar sowohl künstlerisch Tätige als auch Publikum – aus Anlass der in Rede stehenden Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, im räumlichen Umfeld der Konzertstätte sowie auf den vor und nach dem Konzert zurückzulegenden Wegen aufeinanderträfen. Die Antragsteller hätten nicht dargetan, dass das Verbot nicht erforderlich sei. Auch die von den Antragstellern angeführte Untersuchung eines Live-Konzerts am 22. August 2020 in Leipzig belege nicht, dass von Konzerten keinerlei Infektionsrisiko ausgehen könne. Im Gegenteil deute die Untersuchung darauf hin, dass bei einer unzureichenden Raumlufttechnik bereits von einer einzigen infizierten Person selbst in einem sehr großen Veranstaltungsraum ein ganz erhebliches Infektionsrisiko ausgehen könne. Die mit der Kunstfreiheit kollidierenden Grundrechte Dritter und die sonstigen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgüter habe der Verordnungsgeber hier nicht in offenkundig rechtswidriger Weise miteinander in Ausgleich gebracht. Das Verbot diene dem Schutz der Gesundheit und des Lebens jedes/jeder Einzelnen wie auch dem Erhalt eines funktionsfähigen Gesundheitswesens und damit Individual- und Gemeinschaftsgütern von höchstem verfassungsrechtlichem Rang. Zudem sei es bis zum 30. November 2020 befristet, und eine Bewertung und ggf. Anpassung der aktuell ergriffenen Maßnahmen solle bereits Mitte November erfolgen. Den Antragstellern verbleibe zudem die Möglichkeit das Konzert – sei es "live“ oder als Aufzeichnung – in Ton und Bild auf elektronischem Wege sowie über geeignete Speichermedien dem interessierten Publikum zugänglich zu machen. Die Ungleichbehandlung verbotener Konzertveranstaltungen vor Publikum einerseits und den für das Publikum weiterhin geöffneten Betrieben und Einrichtungen, etwa des Einzelhandels, sei nicht offenkundig sachwidrig. Nachteilige wirtschaftliche Folgen würden schließlich durch von der öffentlichen Hand bereitgestellte finanzielle Hilfen möglichst weitgehend abgefedert.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Beschluss der 14. Kammer vom 3. November 2020 (VG 14 L 508.20)

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